Politik | Burkina Faso

„Wir haben sehr viel zu tun“

Gerome Bationo ist ein Burkinese, der sich nach seinem Studium in Italien entschlossen hat, seine Kraft in den Aufbau seiner Heimat zu stecken.
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Foto: Freunde von Burkina Faso

Gerome Bationo: Entschuldigen Sie mich, dass ich Sie habe warten lassen, aber heute ist viel los. Bei uns ist der erste Schultag.

Was ist Ihre Aufgabe?

Ich fahre alle Schulen ab, um zu schauen, wo es Probleme gibt. Manchmal sind Kinder nicht angemeldet, manchmal fehlt das Anmeldeformular. Einige Formulare sind nicht ausreichend ausgefüllt. Wir möchten, dass alle Kinder bleiben und die bürokratischen Hürden danach der Reihe nach gelöst werden.

Machen die Schuldirektoren da mit?

Ja, ja, natürlich, die Kinder sollen zur Schule. Es fehlen außerdem einige Lehrer und da muss aufgestockt werden. Ich habe dem Staat die Liste geschickt, wo Lehrerinnen in Mutterschaft und wo andere in Pension gegangen sind, damit schnell nachbesetzt wird.

Wo in Burkino Faso sind Sie?

Ich bin im Gebiet Nanè unterwegs, im Südwesten des Landes. Ich bin Koordinator einer Organisation, C.I.I.E.R.A.D., die mit dem Staat eine Konvention gemacht hat, der mich bezahlt. Wir helfen am Aufbau im ländlichen Raum und dafür müssen nicht nur die Bildungsmöglichkeiten ausgebaut werden, sondern Vieles mehr.

Womit sind Sie noch befasst?

Wir bauen hier gerade auch einen Brunnen, da die Menschen bislang ihr Wasser aus einem Wasserloch schöpfen. Die gesundheitlichen Umstände können Sie sich vorstellen: Nicht nur Kinder haben einen dicken Bauch, auch Erwachsene leiden oft an Magen-Darm-Krankheiten. Die Lebenserwartung ist gering, 52 Jahre.

Hat der Brunnen eine Verbesserung gebracht?

Wir haben den Brunnen gebohrt und acht Kilometer lange Leitungen gelegt. Die Zisterne kann erst in einige Wochen installiert werden. Dann gibt es für 6.000 Menschen in vier Orten sauberes Wasser. Das finanziert das Land Südtirol. Es unterstützt uns für ein Projekt in drei Phasen, das ganz konkret nach Dringlichkeit und Machbarkeit umgesetzt werden kann. Das schätzen wir sehr.

Das Land Südtirol hat mehrfach in Burkino Faso den Aufbau unterstützt…

… ja, deshalb kennen viele Bürgerinnen und Bürger Südtirol. Südtirol hat hier den Ruf, dass es die Projekte solange unterstützt, bis Einheimische die Sache übernehmen können. Zum Beispiel auch beim Brunnen für Nanè werden Verantwortliche aus dem Gebiet die Führung des Brunnens übernehmen. So, dass nichts verwahrlost, und dass alles ordentlich in Stand gehalten bleibt. Viele Organisationen, auch internationale, haben in Burkino Faso bereits investiert. Aber dann ziehen viele oft ab, bevor alles übergeben wurde, und dann verwahrlosen ursprünglich gut investierte Strukturen. Daher: Wenn es heißt, ein Projekt von Südtirol, freuen sich die Leute. Das habe ich erst kürzlich wieder gehört, wenn es um die nächste Phase des Projektes gehen wird.

Worum wird es da gehen?

Es wird eine Mühle gebaut. Die Frauen müssen ihr Getreide zurzeit zehn Kilometer weit transportieren, um es zu mahlen. Sie bleiben dann 1-2 Tage dort, weil das so lange dauert. Die neue Mühle macht das in einer Viertelstunde vorort. Aus jedem Viertel der Orte wird ein Vertreter gewählt, die Gruppe muss die Mühle betreiben und warten. Und natürlich sollen die Kundinnen dann etwas für die Nutzung der Mühle zahlen. Es geht hier nicht nur um das Leben einfacher zu machen, es geht um die Ernährung zu verbessern.

Was essen die Menschen hier?

Sie essen nur Getreide und davon nur wenige Sorten, häufig ungemahlen, weil es so wenig Mühlen gibt. Dann ist vieles schwer verdaulich. Außerdem essen die Menschen hier kaum Gemüse. Sie kennen Gemüse kaum, obwohl der Boden fruchtbar wäre. Zur zweiten Phase des Projektes zählen die Einrichtung eines Gemüsegartens und eine Weiterbildung, diesen zu betreiben. Wir werden 16 Personen eine vier Hektar große Fläche bereit stellen. Sie sollen lernen, wie man Tomaten, Auberginen und andere Gemüsearten pflanzen, ernten und essen kann. Dieser Gemüsegarten ist ein Modell, wir möchten schauen, ob es uns gelingt, dass andere hierher kommen sich das Anbauen beizubringen und zu Hause sich ihren Gemüsegarten anlegen. Die Ernährung muss unbedingt verbessert werden. Das möchten wir auch in der dritten Phase des Projektes, für das uns das Land Südtirol unterstützt.

Worum soll es da gehen?

Das wird in einer anderen Region stattfinden, im Norden des Landes. Das ist das Gebiet Sahel, also ein Wüstengebiet. Dort gibt es den Konflikt, dass die Menschen Viehbauern sind, aber das Vieh zu ernähren sehr ressourcenaufwändig ist, d.h. Futter und Wasser sind immer schwerer zu bekommen. Es gibt aber Pflanzen, die unter den kargen klimatischen Bedingungen sehr gut gedeihen und zugleich reichhaltige Ernährung für das Vieh darstellen.

Was sind das für Pflanzen?

Es sind Bäume, denen die Luftfeuchtigkeit ausreicht und die keine weiteren Wasserressourcen verbrauchen. Ihre Blätter und ihre Früchte sind sehr nahrreich und enthalten zudem viel Eisen. Sogar das Holz dieser Bäume können die Tiere essen. Diese Bäume werden in Plantagen gepflanzt. Hier im Norden leben 350tausend Nomaden. Das Gebiet leidet unter dem Klimawandel. Wir müssen hier für mehr Nahrungssicherheit sorgen.

Sie haben schon viele Projekte begleitet oder umgesetzt. Hat sich in Burkina Faso etwas verbessert?

Wir haben sehr viel zu tun, aber ja, es gibt Verbesserungen. Lassen Sie mich ein Beispiel vom Land Südtirol nennen: Wir haben 1998 und 1999 schon mal Unterstützung erhalten, um Brunnen zu bauen, in Sanguinè. Die Brunnen sind heute noch in Gebrauch und in tadellosem Zustand. Vorher war es wie heute noch in Nanè, wo wir in wenigen Wochen sauberes Wasser bekommen werden.