Politik | Aktion

Mussolini für Caramaschi

Die STF will Renzo Caramaschi mit dem “Goldenen Benito” auszeichnen – und sorgt sich ob der Rolle Bozens beim “neuerlichen Aufstieg des Faschismus in Europa”.
Caramaschi Benito
Foto: STF

Das hat Bozen noch nicht gesehen: Ein Bürgermeister und ein Vize, die von den deutschsprachigen Patrioten respektive als “Faschist” und “Feigling” abgestempelt werden. Und dafür einen Preis erhalten. Einen Negativpreis, versteht sich. So geschehen am Nachmittag des heutigen Montag, 6. Februar. Da spazieren Vertreter der Bozner Ortsgruppe der Süd-Tiroler Freiheit (STF), angeführt von Cristian Kollmann, gemeinsam mit der ehemaligen Landtagsabgeordneten Eva Klotz und dem nicht unumstrittenen Ex-SVP-Vizebürgermeister von Bozen, Oswald Ellecosta, ins Rathaus und überreichen Renzo Caramaschi während seiner Pressekonferenz den “Goldenen Benito”. Der schließlich, unter Mitwirken des Bürgermeisters höchstpersönlich, am Boden landet und zerbricht.
“Für die Beihilfe zur Förderung einer positiven faschistischen Erinnerungskultur in Südtirol und Italien”, so begründet die STF in ihrer “Laudatio” die “Preisverleihung”. Der Stein des Anstoßes ist die Entscheidung der Bozner Stadtregierung, die Statuen des Markus-Löwen und der römischen Wölfin als Kopien der Originale, die restauriert werden, wieder an der Talferbrücke aufzustellen. Dass sich Vizebürgermeister Christoph Baur (SVP) bei der entsprechenden Abstimmung enthalten hat, hat ihm die “Anerkennung” “Kleiner Feigling” eingehandelt.

Doch es ist vor allem Bürgermeister Caramaschi, den die STF aufs Korn nimmt: Durch die Anbringung der Duplikate fördere er “eine scheinbar positive Kultur der Erinnerung an den Faschismus” und wolle diesen als “‘Faschismus light’, als ‘Pazifaschismus’ relativieren und zukunftstauglich machen”. In einer langen Stellungnahme, die die STF den Medien des Landes im Anschluss an die Aktion zukommen lässt, zeigt sie sich ernsthaft besorgt um Bozen und die Rolle, die die Stadt beim “neuerlichen Aufstieg des Faschismus in Europa” anscheinend spielt:

“Die Entwicklung insgesamt im Umgang mit dem Faschismus in Bozen findet die Süd-Tiroler Freiheit höchst besorgniserregend: Eine positive faschistische Erinnerungskultur wie in Bozen wäre für Deutschland undenkbar, und wir sind froh darüber! Doch was in unserer Stadt gerade passiert, ist ungeheuerlich! Es sieht so aus, als ob zum neuerlichen Aufstieg des Faschismus in Europa der italienische Faschismus wieder entscheidend beiträgt und dieser erneut in Bozen seinen Ausgang nimmt. Remember: 1922 fand in Bozen die Generalprobe der Faschisten für ihren Marsch auf Bozen zur Errichtung einer von Benito Mussolini geführten rechtsradikalen Diktatur in Italien statt! Eine moderne rechtsextreme Partei wie CasaPound ist heute nur schmückendes Beiwerk, denn das Geschäft der Faschisten erledigen bereits die Mitte-links-grünen Verharmloser und Relativierer, die unter dem Deckmantel der Antifaschisten daherkommen. Es ist ein beschämendes Armutszeugnis, wenn unseren italienischen Mitbürgern immer wieder unterstellt wird, dass sie ihre kulturelle Identität u.a. auch aus den faschistischen Relikten schöpfen müssten. Dies hat eine so bedeutende Kulturnation wie Italien überhaupt nicht nötig! Aus unserer tiefsten Überzeugung, dass der Faschismus niemals ein Kulturgut, sondern ein Kulturverbrechen ist und immer bleiben wird, werden wir auch in Zukunft nicht müde werden, mit besonderen Aktionen auf die faschistischen Umtriebe in Südtirol und besonders in Bozen aufmerksam zu machen.”

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Martin Senoner Mo., 06.02.2017 - 17:16

Ich sehe keine Rolle von Bozens Stadtregierung in der Wiedererstarkung des Faschismus. Die vorherige Stadtregierung hat die Adler von der Drususbrücke entfernt, eine Dokumentationszentrum im Siegesdenkmal eingerichtet, die Tafeln am Siegesdenkmal aufgestellt, mehrer Plätze nach Opfern des Nazi-Faschismus benannt (Hans und Sofie Scholl, Anne Frank, Livia Carpi, Ada Buffulini, Opfer der Mignone Kaserne ...) und die Schrift vor dem Mussolinirelief mitbeschlossen. Die aktuelle Stadtregierung hat die Restaurierung der Mauer des DuLa Bozen veranlasst. Diese beiden Statuen am sogenannten Siegesdenkmal beachtet eh keiner!

Mo., 06.02.2017 - 17:16 Permalink
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F. T. Mo., 06.02.2017 - 17:26

Kollmann und Kameraden haben ja bei den Wahlen gesehen was die Bozner von ihnen halten. Aber anscheinend haben sie die
Lektion nicht verstanden.

Mo., 06.02.2017 - 17:26 Permalink
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Robert Tam... Di., 07.02.2017 - 11:12

Antwort auf von Ludwig Thoma

Genau so ist es, Ludwig/Ghysmo:
die Faschisten haben ja bekanntlich den Markuslöwen gegenüber des Siegesdenkmals aufgestellt, weil sie damit die altösterreichische Triester Generali-Versicherung ehren wollten.
Die undankbaren Südtiroler haben nie verstanden, wie großzügig und austrophil die Faschisten eigentlich waren.

Di., 07.02.2017 - 11:12 Permalink
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Ludwig Thoma Di., 07.02.2017 - 18:01

Antwort auf von Robert Tam...

Achso, und die römische Löwin symbolisiert dann wohl die üppigen Rentenvorschüsse, die von Frau Klotz nicht etwa als faschistisch abgewiesen wurden, sondern von ihr damit gerechtfertigt wurden, dass sie einen Großteil davon der Partei gespendet hat (die jetzt mit lustigen Aktionen aufwartet)?

Di., 07.02.2017 - 18:01 Permalink
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Robert Tam... Mi., 08.02.2017 - 11:43

Antwort auf von Ludwig Thoma

Dein Spruch mit dem Markuslöwen ging leider voll in die Hose, Ghysmo. Nun versuchst Du es - in bester Ghysmo-Manier - erneut mit einem neuen inhaltsleeren Sprüchlein.

Du hast aber schon verstanden, dass die beiden Skulpturen von den Faschisten bewusst platziert wurden und somit an diesem Ort eine totalitäre Ideologie darstellen?

Mi., 08.02.2017 - 11:43 Permalink
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Ludwig Thoma Mi., 08.02.2017 - 15:20

Antwort auf von Robert Tam...

Nein der ging nicht in die Hose, ich finde den sehr lustig. In die Hose ging die Aktion von Leuten die sich als Antifaschisten aufspielen und öffentlich gesagt haben (Ellecosta, 2009), dass für sie nicht der 25.4.45 der Tag der Befreiung ist, sondern der 9.9.43 (Einmarsch der Wehrmacht in Südtirol), und sich bei einem Vertreiber von Faschomerchandise im Internet (möglicherweise mit öffentlichen Geldern) Mussolinidevotionalien kaufen, die sie dann einem Mittelinksbürgermeister medienwirksam überreichen um von sich reden zu machen, da sie inhaltlich bedeutungslos und zu konstruktiver Kritik auf dem politischen Parkett offensichtlich nicht fähig sind. Wenn man also totalitäre Regime anprangert, was ja richtig ist, dann hat man den Einmarsch der Wehrmacht ebenso zu verurteilen, oder man tauscht Antifaschismus durch Antiitalianismus. Sonst gehen solche Sachen eben in die Hose.

Mi., 08.02.2017 - 15:20 Permalink
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Robert Tam... Mi., 08.02.2017 - 17:18

Antwort auf von Ludwig Thoma

Klar findest Du Deine eigenen Sprüche lustig, Ghysmo. Trotzdem ging Deiner hier voll in die Hose.
Übrigens hat Ellecosta die Aussage, die Du ihn im den Mund legen möchtest, so nicht getätigt. Gerade als Jurist müsstest Du hier schon etwas sorgfältiger sein, Ghysmo. Sonst gehen solche Sachen eben in die Hose.

Mi., 08.02.2017 - 17:18 Permalink
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Robert Tam... Do., 09.02.2017 - 13:11

Antwort auf von Ludwig Thoma

Schau Ghysmo/Ludwig, da ich (im Gegensatz zu Dir) nicht Anwalt bin, kann und will ich nicht Anwalt für die STF spielen. Aber eine kleine Recherche, egal wie oberflächlich, bringt einiges an relevanten Ergebnissen, z.B. das hier: http://www.suedtiroler-freiheit.com/gedenken-an-die-geschwister-scholl-…
Hast Du inzwischen Ellecosta Originalaussage zum 25.4.45 und 8. bzw. 9. September '43 gefunden?

Do., 09.02.2017 - 13:11 Permalink
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Robert Tam... Do., 09.02.2017 - 16:33

Antwort auf von Ludwig Thoma

Da liegt ein kleines Missverständnis vor, Ghysmo: Du solltest bei der Suche nach dem Ellecosta-Zitat schon sorgfältig suchen. Sonst machst Du wieder den Fehler, den Du schon weiter oben gemacht hast.
Du bist wirklich nicht mehr Rechtsanwalt? Warum hast Du aufgehört? Deine Vertretungsbefugnis müsste doch noch bis zum Herbst gelten.

Do., 09.02.2017 - 16:33 Permalink
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Emil George Ciuffo Mo., 06.02.2017 - 19:00

Die einzigen, die hier besorgniserregend sind, sind diese Leute der STF&Co. Ultrapeinlich obendrein.
Diese Leute werden von unseren Geldern dafür bezahlt, dass sie jahrein jahraus Hass zwischen Menschen schüren. DAS ist Faschismus pur!!! Bitte nicht die Tatsachen verdrehen! Danke!

Mo., 06.02.2017 - 19:00 Permalink
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gorgias Di., 07.02.2017 - 09:14

Has Siegesdenkmal wurde ja historisiert und in diesem Zusammenhang restauriert. Die beiden Figuren gehören doch zum Ensemble. Da ist es doch nur konsequent diese auch zu restaurieren. Kann man doch an ihnen die Symbolik und die Ansprüche des Regimes besser verstehen.
Was man noch tun könnte wäre Erklärungstafeln in der Nähe aufzustellen, um zu erleutern was hinter dem alles steckt.

Di., 07.02.2017 - 09:14 Permalink
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Robert Tam... Mi., 08.02.2017 - 11:49

Antwort auf von gorgias

Bitte informier Dich besser Gorgias: die beiden Figuren werden restauriert und können nicht mehr im Freien ausgestellt werden. So weit so gut.
Peinlich ist, dass nun 30.000 Euro rausgeworfen werden, um Repliken der Sulpturen anfertigen lassen und an derselben Stelle zu platzieren. Wenn das Siegesdenkmal nun angeblich wirklich entschärft wurde (was ich zu bezweifeln wage, da es von Neofaschisten munter weiterbehuldigt wird), dann gehören die Originale in das Dokumentationszentrum und Schluss. Teure Repliken anfertigen lassen und neu öffentlich auszustellen ist schwachsinnig.
Peinlich dass die Grüne Lorenzini auch dafür gestimmt hat und peinlich dass Vizebürgermeister Baur sich einfach während der Abstimmung aus dem Raum gestohlen hat.

Mi., 08.02.2017 - 11:49 Permalink
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gorgias Mo., 13.02.2017 - 18:06

Antwort auf von Robert Tam...

Ob das Siegesdenkmal historisiert wurde oder nicht können Sie sich gerne eine Meinung bilden. Die Figuren gehören zum Ensemble, damit diese Zusammenwirken müssen sie auch an der Stelle aufgestellt sein. Repliken können diese Funktion auch übernehemen.
Ich weiss schon, dass Sie am liebsten das ganze Siegesdenkmal in einem Museum stellen würde, aber das geht halt nicht und halbe Sachen können wir uns dann auch sparen.

Mo., 13.02.2017 - 18:06 Permalink