Umwelt | Höfegesetz

„Dieser Vorschlag schädigt die Bauern“

Der SVP-Politiker und Ex-Bauerbunddirektor Thomas Widmann über seine Kritik an Schulers Reform und seine Überzeugung, dass man einen gemeinsamen Weg findet.
Thomas Widmann
Foto: Facebook/Thomas Widmann
Salto.bz: Herr Widmann, Sie sind innerhalb der SVP-Fraktion einer der schärfsten Kritiker der Reform des Höfegesetzes, mit der Landesrat Arnold Schuler die Spekulation um den geschlossenen Hof eindämmen will. Wie kann man da dagegen sein?
 
Thomas Widmann: Ich muss eines gleich zu Beginn klarstellen. Meine Kritik aber auch die Kritik anderer Mitglieder der SVP-Fraktion am ursprünglichen Schuler-Vorschlag waren heftig. Ich bin überzeugt, dass dieser Vorschlag nur Schwierigkeiten bringt, die Bauern in ihrer Erbfolge schädigt und vor allem dazu führt, dass weniger Höfe geschlossen werden.
 
Das klingt fast wie eine Kriegserklärung?
 
Nein, überhaupt nicht. Wir ziehen alle am selben Strang. Es geht uns alle darum, die Spekulationen einzudämmen. Wir sind derzeit im Gespräch und ich bin überzeugt, dass wir zusammen mit Arnold Schuler einen Kompromiss finden werden, der die Reform deutlich verbessert.
Ich bin überzeugt, dass dieser Vorschlag nur Schwierigkeiten bringt, die Bauern in ihrer Erbfolge schädigt und vor allem dazu führt, dass weniger Höfe geschlossen werden.
Was kritisieren Sie am Schuler-Vorschlag?
 
Als Bauernbund-Direktor habe ich mit Höfeschließungen und Erbschaftsnachfolgen sehr viel zu tun gehabt. Die Grundsätze dieses Gesetzes sind das Ansinnen, die Landwirtschaft eigenständig zu erhalten und sinnvolle wirtschaftlich überlebensfähige Einheiten zu schaffen. Die geschlossenen Höfe sollen so bleiben, wie sie sind. Auch dann wenn sie von Generation zu Generation übergehen. Das ist das ursprüngliche Ziel. Es ist uns damit gelungen rund 13.000 geschlossene Höfe zu erhalten.
 
Das klingt sehr romantisch. Die Realität ist aber eine andere. Seit Jahren wird das Höfegesetz von Spekulanten ausgenutzt, um honorigen Kunden eine Villa im Grünen zu bauen?
 
Es stimmt, dass in den 70er, 80er und 90er Jahren Spekulationen vor allem im Überetsch von Nichtbauern gemacht wurden.....
 
Sie werden auch heute noch gemacht?
 

Es hat aber deutlich abgenommen. Sicher ist: Das ist nicht korrekt und muss unterbunden werden. Denn das geht am Sinn des Gesetzes vorbei.

 
Schulers Hauptanliegen ist genau das?
 
Was grundsätzlich in Ordnung ist. Aber mit diesem Vorschlag schränkt man die gesamten Erbschaftsfolgen überall im Land - vom hintersten Martelltal über das Pustertal bis in Unterland - deutlich ein. Hier werden Bauern benachteiligt. Der Vorschlag greift viel zu sehr ins Privatrecht ein.
 
Das müssen Sie uns erklären?
 
Schauen Sie: Eine Frau bringt einen Grund in die Ehe ein. Dann wird nach diesem Vorschlag alles, auch der Besitz der Eltern in den geschlossenen Hof eingebracht. Wenn sich die Ehepartner dann trennen, kann die Frau den Grund abschreiben. Sie bekommt ihn nicht mehr aus dem geschlossenen Hof heraus. Das geht doch nicht. Oder nehmen wir das Unterland. Dort gibt es nicht so viele geschlossene Höfe. Niemand wird mehr einen Hof schließen. Denn dann kann der Bauern seinen anderen Kindern kein Grundstück mehr vererben. Weil alles im geschlossen Hof festgebunden ist. Die sogenannten „walzenden Parzellen“ wird es dann nicht mehr geben.
Wir ziehen alle am selben Strang. Es geht uns alle darum, die Spekulationen einzudämmen.
Heute geht es so: Ein Bauer hat sechs Hektar ohne Hofstelle. Drei überschreibt er seiner Frau und beide errichten dann eine neue Hofstelle. So hat man zwei Häuser?
 

Das ist zu unterbinden, denn das ist eine Aufteilung, die nicht Sinn macht. Aber wenn ein Jungbauer, der aus einer Familie kommt, wo es bereits einen geschlossen Hof gibt, wirklich drei oder vier Hektar hat, die noch offen sind, dann soll er doch einen neuen Hof schließen und ein kleines Haus bauen können. Damit wird nur eine weitere landwirtschaftliche Existenz ermöglicht. Das wird durch den Schuler-Vorschlag aber verhindern. Während der Versuch die Spekulation einzudämmen - meiner Meinung nach - völlig daneben geht.
 

Warum?
 
Die Spekulanten werden Gesellschaften gründen und trotzdem so weitermachen, wie bisher. Da braucht man nur die Besitzverhältnisse verschachteln oder etwas verändern, dann sind es nicht mehr dieselben Rechtssubjekte und die geplanten Beschränken greifen nicht mehr. Das ist der Grund warum ich und andere auch Abänderungsanträge zum Schuler-Vorschlag eingebracht haben.
Das Ziel, das Arnold Schuler verfolgt, ist absolut in Ordnung. Nur der Weg ist noch zu definieren.
Was wäre Ihre Lösung?
 
Man soll den Bauern, die Erbfolge ermöglichen. Das Höfeschließen soll leichter gemacht werden, damit wir möglichst viele geschlossene Höfe haben, die auch eine sinnvolle Einheit haben müssen, damit sie überlebensfähig sind. Gleichzeitig braucht es klare Regeln, die die Spekulation ausschalten. Hier würde ich mich an das Beispiel von Nordtirol halten. Dort kann man mit 3 Hektar einen Hof schließen, aber die Höfekommission hat die Macht aus wirtschaftlicher oder landeskultureller Sicht, die Schließung abzulehnen. Das ist ein subjektives Kriterium, mit dem man objektiv Spekulationen verhindern könnte. Für mich wäre das der beste Weg.
 
Wäre es nicht sinnvoller festzulegen, dass nur jemand Besitzer eines geschlossenen Hofes sein darf, der seinen Haupterwerb in der Landwirtschaft hat?
 
Das finde ich nicht. Denn die Realität ist eine andere. Wir haben etwa ein Drittel Vollerwerbsbauern und der Rest sind Nebenerwerbsbauern. In der heutigen Gesellschaft gehen es oft einfach nicht mehr anders. Warum soll ein Bauer nicht einen Nebenerwerb haben?
 
Gegenfrage: Warum soll der Geschäftsführer eines Milchriesen, ein Landtagspräsident oder ein Unternehmensberater nebenbei einen oder mehrere geschlossen Höfe haben? Hier geht es doch nicht um bäuerliche Existenzen?
 
Grundsätzlich ist es sinnvoll, dass die Einheit des geschlossenen Hofes erhalten bleibt. Der Besitzer ist zweitrangig. Natürlich darf es keine Spekulation geben.
 
Sie sind von diesem Gesetz selbst betroffen. Auch Sie sind Besitzer eines geschlossenen Hofes in Afing?
 

Das stimmt. Meine Frau und ich bearbeiten mit einem Mitarbeiter diesen Hof auch. Der Hof ist lange schon geschlossen und es gibt keine Baurechte mehr. Deshalb habe ich habe keinerlei persönliche Interessen, sondern mir geht es wirklich um die Sache.
Ich würde mich an das Beispiel von Nordtirol halten. Dort hat die Höfekommission die Macht aus wirtschaftlicher oder landeskultureller Sicht, die Schließung eines Hofes abzulehnen.
Wird man sich innerhalb der SVP auf eine Reform einigen?
 
Ich glaube schon. Wir haben am Montag im zuständigen Gesetzesausschuss und auch danach noch lange diskutiert. Das Ziel, das Arnold Schuler verfolgt, ist absolut in Ordnung. Nur der Weg ist noch zu definieren. Wir haben in den wichtigsten Punkten auch schon einen Kompromiss gefunden. Und wir werden gemeinsam das gesetzte Ziel erreichen.
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magda baur Di., 06.02.2018 - 21:17

Dieser Vorschlag schädigt nicht die Bauern, sondern vor allem die "weichenden Erben" und dabei insbesondere die Frauen! Der lächerliche Auszahlungsbetrag, berechnet auf den sog. "Ertragswert" ist eine Zumutung!
In jedem zivilisierten Land gilt gleiches Erbrecht für alle Kinder - nur in Südtirol nicht! Es wäre nun eine gute Gelegenheit gegeben, das Höfegesetz ganz grundlegend zu reformieren und die Diskriminierung der "weichenden Erben" zu beheben.

Di., 06.02.2018 - 21:17 Permalink
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Florian Egger Mi., 07.02.2018 - 07:30

Höfe werden so lange aufgestückelt bis sie kein genügendes Einkommen für eine Familie mehr bieten können. Was dann? Um wirtschaftlich überlebensfähig und wettbewerbfähig zu bleiben müssten Höfe eher größer werden

Mi., 07.02.2018 - 07:30 Permalink
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Hans Obermair Mi., 07.02.2018 - 13:28

Ja, Herr Egger, das ist das alte fadenscheinige Argument, um die "weichenden Erben" - und insbesondere die Frauen - zu enterben. Dieses Argument würde in gleicher Form auch für alle anderen Berufskategorien gelten. Dann enterben wir doch alle mit Ausnahme von einem Sohn! Und so ein Erbrecht gibt es nicht einmal in Arabien.
Niemand zahlt gerne Erben aus, aber wir leben eben nicht mehr im tiefsten Mittelalter. Auch die Töchter und die sonstigen weichenden Erben haben Familien und würden bspw. gerne ihren Kindern eine Ausbildung finanzieren. Was nützt es, wenn ein Erbe 10 ha Grund bekommt, praktisch steuerfrei hunderttausende von Euro einnimmt und die übrigen Erben bekommen nicht einmal so viel, um sich eine Kleinwohnung zu kaufen. Davon hat - mit Ausnahme des Hofübernehmers - niemand etwas davon und das ist auch nicht gut für Südtirol insgesamt. Ein paar zivilsatorische Errungenschaften sollten halt auch in Südtirol gelten. So eine rückständige Erbregelung gibt es ansonsten nirgendwo in Europa.

Mi., 07.02.2018 - 13:28 Permalink