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Software Craftsmanship South Tyrol

Interview mit Juri Strumpflohner der Initiative Software Craftsmanship South Tyrol
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: CC0 License

Juri Strumpflohner arbeitet zur Zeit als Software Architekt für die Südtiroler Informatik AG in Bozen. Juri ist Speaker, Autor von mehreren online Video Kursen, Blogger, schreibt technische Artikel für verschiedenste Online Portale und Magazine und ist Organisator der Software Craftsmanship Gruppe Südtirol. In seiner Freizeit ist er begeisterter Kampfsportler und Yoseikan Budo Trainer.
Online findet man ihn auf seinem Blog oder auf Twitter.

Juri du bist seit langem Programmierer. Was fasziniert dich an deinem Beruf?

Richtig, ich programmiere nun bereits seit einer ganzen Weile. Ich habe damit bereits in der Oberschule begonnen und mich dann auch für ein Informatikstudium an der Universität entschieden. Am meisten faszinieren mich an diesem Beruf die täglichen Herausforderungen. Man muss sich mit den verschiedensten Bereichen auseinandersetzen und lösungsorientiert im Team arbeiten. Das wohl interessanteste dabei ist vor allem das Erlernen von neuen Technologien und Methodiken. Die Informatik entwickelt sich sehr schnell weiter. Dementsprechend muss man sich kontinuierlich auf dem Laufenden halten, was mir sehr viel Spaß bereitet. Ein besonderer Reiz für mich ist es auch dieses Erlernte anderen weiter zu vermitteln.

Wie kam es dazu, dass du Software Craftsmanship South Tyrol gegründet hast?

Im Oktober 2015 hat Christoph Piock-Ellena (ein Kollege von mir) mich darauf angesprochen, dass es in Südtirol keine bzw. wenig Möglichkeiten gibt, sich zwischen Entwicklern auszutauschen. Wir wollten versuchen dies zu ändern. Kurzerhand haben wir uns mit Peter Gfader in Verbindung gesetzt. Peter ist Informatiker, Südtiroler und ein Ex-Arbeitskollege von mir. Er hat eine ganze Weile in Sydney gearbeitet und ist zur Zeit in Zürich tätig, wo er selbst eine Software Craftsmanship Gruppe leitet. Seine Erfahrung hat uns geholfen diese Initiative auch in Südtirol zu starten. Einziges Problem anfangs war die Suche nach einer geeigneten Räumlichkeit. Hier hat sich schließlich die systems GmbH in Bozen gemeldet und unterstützt uns seither als Hauptsponsor (vielen Dank bei dieser Gelegenheit!). 
Somit konnten ich und Christoph mit der ersten Session im Dezember 2015 die Gruppe ins Leben rufen. Mittlerweile zählen wir 150 Mitglieder, was uns die Bestätigung gibt weiterzumachen.

Was ist dein Anliegen dahinter?

Ich glaube, dass es in Südtirol noch viel Aufholbedarf in Dingen Informatik und Informationstechnologie gibt. Ich bin viel in der Online Community unterwegs, unterhalte mich mit Personen aus aller Welt, arbeite an Open Source Projekten mit und bin auf Konferenzen. Ich glaube, dass es wichtig ist diese Erfahrungen auch nach Südtirol zu bringen. Die Informatik wird immer wichtiger und wir haben viele junge Talente mit viel Wissen und großem Interesse neues zu Erlernen.
Mit dem Meetup möchten ich und mein Co-Organisator Christoph vor allem eine Plattform schaffen, um diesen Wissensaustausch zu fördern. Wir versuchen dabei nicht nur Personen von außerhalb Südtirol als Redner zu gewinnen, sondern auch den Südtirolern selbst die Möglichkeit zu geben, ihre Ideen zu präsentieren und mit anderen zu diskutieren. Dies geschieht in einem sehr informellen Rahmen, mit Kurzpräsentationen, praktischen Anwendungen, Experimenten und mit Pizza! Es soll locker sein und Spaß machen. Am Ende profitieren alle davon, auch die Unternehmen selbst. Und vielleicht können wir damit ja auch unseren kleinen Teil zur Bekämpfung der “Talentflucht” von Südtirol ins Ausland beisteuern.

Ich selbst habe in Wien Wirtschaftsinformatik studiert und von der hohen Ausbildung in Südtirol nur profitiert. Trotzdem werden wir als Apfel und Weinland wahrgenommen. Sind wir auf verlorenem Posten?

Da stimme ich dir vollkommen zu. Südtirol hat ein sehr hohes Niveau was die Ausbildung anbelangt. Ich selbst habe an der Universität in Bozen mein Bachelor- sowie Masterstudium absolviert, das sehr international ausgerichtet war (Unterrichtssprache Englisch), mit Studenten aus aller Welt und zudem sehr praxisorientiert. Natürlich werden wir als Apfel und Weinland von außen wahrgenommen und die Landwirtschaft spielt eine große Rolle in Südtirol, worauf wir auch stolz sein dürfen.
Ich glaube einfach, dass es wichtig ist die Bereiche der Informationstechnologie in Südtirol noch weiter zu fördern, um somit jungen Talenten zu signalisieren, dass man auch in diesen Bereichen in Südtirol erfolgreich sein kann. Auch wenn Silicon Valley & Co. sehr verlockend sind. Umso mehr sind deshalb aber auch die (Informatik-)Betriebe in Südtirol gefordert, reizvolle und innovative Arbeitsplätze zu schaffen welche entsprechende Entwicklungsperspektiven bieten. Es gibt vor allem im letzteren Bereich noch viel Aufholbedarf.

Ist Free software / Open Source in deiner Arbeit ein Thema und wie siehst du persönlich deine Verbindung zu der Open Source Community?

Open Source ist für mich eine Selbstverständlichkeit über die man eigentlich gar nicht mehr wirklich sprechen muss. Die Software Industrie lebt davon. Selbst Unternehmensriesen wie Microsoft haben dies erkannt und in den letzten Jahren einen extremen Wandel durchlebt, sodass sie heute – unglaublicherweise – mit unter den führenden Open Source Förderern sind.
Ich selbst beschäftige mich sehr viel mit den Online Communities. Ich selbst arbeite an Community-Projekten mit, veröffentliche technische Artikel darüber. Es ist einfach der Reiz sich mit internationalen Entwicklern auszutauschen und auch ein Stück Genugtuung wenn man seine eigene Arbeit in so einem großen Umfeld angewandt sieht. Aus solchen Projekten entstehen wichtige und interessante “Connections”, oft Freundschaften, welche wiederum unabdingbar sind, wenn es darum geht neues zu erlernen und Erfahrungen auszutauschen.
Natürlich ist die eigene Freizeit begrenzt und man will ja auch Zeit mit Sport, Freunden und Familie verbringen anstatt die ganze Zeit vor dem Computer zu sitzen. Diese Work-Life Balance aufrecht zu erhalten ist sehr wichtig für mich.

Was ist die Frage, die ich dir in zehn Jahren stellen sollte und warum?

"Juri, erfreut es dich zu sehen, dass sich Südtirol zum Brennpunkt der Informatik im Alpenraum entwickelt hat?" (*schmunzelt*)

Nein, Scherz beiseite, so wird es wahrscheinlich nicht sein. Aber ich hoffe wirklich, dass Südtirol, vor allem die Betriebe und auch die öffentliche Verwaltung, die Bedeutung der Informationstechnologie und die Chance dahinter erkennen und dementsprechend investieren. Die nächste Welle, siehe Themen rund um "künstlicher Intelligenz" (AI) und Robotik, rollt bereits an und wird unser Umfeld und die Industrie in den nächsten 10 Jahren drastisch prägen. Dabei qualifizierte Mitarbeiter in der Nähe zu haben, kann den entscheidenden Wettbewerbsvorteil ausmachen.