Wirtschaft | Ruhe vor dem Sturm

Hausgemachter Verkehr

Wir erleben jetzt die letzten Tage vor der jährlichen Autowelle.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Wenn man seit Weihnachten beobachtet, wie es sich so durchs Land fahren lässt, fällt einem etwas Eklatantes auf: Es gibt praktisch keine Staus auf den Straßen!

Weder auf der Autobahn, noch auf den üblichen Nadelöhren wie Vinschgau, Pustertalerstrasse (ok, da war an gewissen Schiwochenenden was los), Mautstelle Sterzing, und so weiter.

Ich gehe also davon aus, dass dieser Autoverkehr jener ist, der in Diskussionen um die Überbelastung unserer Straßen als "der hausgemachte Verkehr" bezeichnet wird. Diese relativ geringe Belastung ensteht also, wenn nur wir Südtirolerinnen uns im Land bewegen, mitsamt ein paar Gästen, mit unserem Warenverkehr, der unsere Gebrauchsgüter heranbringt und unsere Produkte hinaus auf die Märkte führt. D.h.: Der "hausgemachte" Verkehr ist kein Problem!

Ab kommenden Samstag wird sich die Situation schlagartig ändern: Da werden ziemlich sicher die Straßen wieder so voll werden, dass wir von "Stau" reden.

Auf was will ich hinaus?

Ich will darauf hinaus, dass wir uns alljährlich neu in diese Falle begeben und offensichtlich nichts daraus lernen wollen! Ab Palmsonntag werden wir wieder hören, dass die Straßen zu klein sind, dass es mehr Umfahrungen braucht, dass die A22 eine dritte Spur braucht, dass es den Flughafen braucht etc. Also alles Argumente aus den wilden Jahren des zunehmenden Autoverkehrs, 1970 bis heute. Es sind dies nicht mehr zeitgemäße Argumente, weil wir eine Klimakrise haben, die uns gewaltig auf den Kopf fallen wird, weil wir Energieknappheit haben, weil wir Resourcen schonen müssen und weil wir letztlich unser schönes Land Tirol vor der endgültigen Zerstörung durch Beton und Abgase bewahren müssen, wenn wir selbst noch in irgendeiner Art und Weise ein Minimum an Lebensqualität haben wollen und dieses auch an unsere Nachfolgegenerationen weitergeben wollen!

Was kann die Lösung sein?

Im Prinzip wäre sie recht einfach: Wir haben ein Schienennetz, wir haben Strom und wir haben Rollmaterial, also Züge. Und gerade die Züge sollten wir verstärkt rollen lassen, sie auch neu einrichten und ihre Benutzung vereinfachen bzw. attraktiver machen.

Die Gäste würden ein gutes Zugangebot von München nach Meran, von Verona nach Innichen, von Zürich über Innsbruck nach Bozen sicher annehmen! Dazu brauchen wir aber hier im Land noch bessere ÖPNV-Strukturen und vorallem Taktungen, auch am frühen Morgen und bis in die Abendstunden hinein. Wir brauchen endlich das zweite Gleis nach Meran, die Verbindung übers Rätische Dreieck in die Schweiz und Busverbindungen zu den jeweiligen Knotenpunkten.

Wenn nur 1/3 der Gäste mit dem Zug kämen, hätten wir auch im Sommer kein Straßen-Verkehrsproblem mehr!

Es liegt an der Tourismuswirtschaft, diese strukturellen Verbesserungen endlich verstärkt einzufordern, selbst zu planen und mit den dafür gewählten PolitikerInnen zu realisieren. Sicher ist die Selbstzerfleischung der Regierungspartei keine gute Voraussetzung dafür, aber wenn die von LR Widmann bildlich erwähnten Züge aufeinander gekracht sind, könnte es sein, dass die darin sich befindlichen Altpolitiker außer Gefecht gesetzt sind und eine neue Generation von PolitikerInnen die Sachen in die Hand nimmt!

Ich hoffe, wir können aus Erkenntnissen lernen und uns wandeln! Dem Landl täte es gut!

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Sigmund Kripp Fr., 08.04.2022 - 18:19

Antwort auf von Herta Abram

Danke Frau Abram für Ihren Beitrag zur Diskussion! Ich bin kein Autokiller und fahre selbst gerne, wenn es leicht geht. Aber das Auto muss einfach seinen Platz zugewiesen bekommen und nicht bei jeder Gelegenheit benutzt werden: In die Stadt geht ein Bus, also nehm ich ihn (bei Tag!), nach Innsbruck gehen Züge, nach Wien geht sogar ein direkter Railjet, aber wenn ich Wein ausliefere nehme ich ein Auto, oder wenn man abends ohne Öffis nicht mehr heimkommt.
Um was es mir hier geht ist, dass es die Südtiroler Tourismuswirtschaft bisher vollkommen versäumt hat, gute und schnelle Zugverbindungen zu wichtigen Hubs wie München oder Verona zu realisieren! Es wird immer nur nach mehr Strassen (und Flughafen) geschrieen, aber die Aufenthalte, die immer kürzer werden, verursachen dann umso mehr Autoverkehr. Wer mit dem Zug anreist, bleibt mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit auch länger, als nur 3-4 Tage!
DAS ist das Ziel, wo wir hinkommen müssen! Denn 33 Mio Übernachtungen geteilt durch 4,5 Tage durchschnittliche Aufenthaltsdauer ergibt ca. 7,3 Millionen Anreisen. Hätten wir dagegen 7 Tage Aufenthalt, wären es schon nur mehr 4,7 Mio. Anreisen! Das ist ein gewaltiger Unterschied!

Fr., 08.04.2022 - 18:19 Permalink
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Sigmund Kripp Sa., 09.04.2022 - 09:21

Das ist im Prinzip hier auch so, denn auch in Südtirol gibt es Gäste- und Mobilitätskarten, die von den Touristen auch gerne und viel angenommen werden. Allerdings ändern diese Begünstigungen im lokalen ÖPNV nichts an den Staus über die Tauern- oder Brennerautobahn, solange die Gäste mit dem PKW anreisen.
Hier gilt es anzusetzen und bequeme Alternativen für die Anreise aus den Herkunftsorten zu schaffen!

Sa., 09.04.2022 - 09:21 Permalink
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Stefan S Sa., 09.04.2022 - 13:06

Antwort auf von Sigmund Kripp

Für eine wirkliche Entlastung braucht es Beides. Fern- und Nahverkehr auf der Schiene müssen wieder ertüchtigt werden. Die Vinschger Bahn bspw. muss zweigleisig und/oder auch eine Verlängerung der Zug Einheiten + Ausbau an den Reschen bzw. nach Landeck. Parallel dazu sollten Bahn/Bus/Fahrrad besser verzahnt/harmonisiert werden. Eine Fahrradmitnahme in Bahn/Bus muss jederzeit möglich sein.
Man darf gar nicht so genau nachdenken, in den 70er 80er hatten wir das alles schon, Autozüge/Schlafnachtzüge/Postwagen für die Fahrradmitnahme. Ich wäre sofort dabei mit dem Schlafwagen oder Autozüge nach Meran/ Bozen und dann am Morgen ausgeschlafen mit dem Fahrrad die letzte Meile zur Unterkunft.
So fahre ich mehrmals im Jahr überwiegend in den späten Abendstunden bzw. Nachts um den Staus auszuweichen.

Sa., 09.04.2022 - 13:06 Permalink
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Josef Fulterer Mo., 18.04.2022 - 20:21

Antwort auf von Stefan S

Die Eisenbahn Brenner - Salurn ist ein Staatsbetrieb, bei dem die Mitarbeiter jedem Vorschlag zur Verbesserung des Dienstes mit der Ansicht begegnen, "Vorsicht das könnte Mehrarbeit bedeuten."
Eine kurze Zuggarnitur kann über 400 Menschen bewegen.
Ein Bus schafft bei fließendem Verkehr 50 Fahrgäste Fahrgäste auf 50 Meter Fahrbahn, mit einem Verbrauch 30 Liter je100 km.
25 PKW mit 2 Personen besetzen bei einem Abstand von 40 Metern 1 km Straße und belasten die Umwelt mit dem CO2 von mindestens 200 Liter Treibstoff auf 100 km.
Dazu kommt noch, dass 1/3 der Energie aus dem Auspuff und weiteres 1/3 aus dem Kühler, bei der Klimaerwärmung mitheizen.
Südtirol hat weder notwendigen Flächen und erst recht nicht die finanziellen Mittel um die Grundablöse zu bezahlen, sowie die Straßen mit Landschafts-störenden hässlichen Bauten (Beispiele: Mülbach, Kardaun, Bozen Süd, Simundskron, Unterland, Mebo bei Meran usw.), dem Spitzensaisons-Verkehrsaufkommen anzupassen.
Da dürften den Tourismusexperten schon inteligentere Lösungen einfallen, um die Gäste ins Land zu bringen, während des Urlaubs auf nicht vom Stau belasterten Straßen im ganzen Land zu bewegen und am Urlaubsende wieder bequem und sicher nach Hause zu bringen.

Mo., 18.04.2022 - 20:21 Permalink