Gesellschaft | Direkte Demokratie

Die Versammlung der Machtlosen

Die Initiative für mehr Demokratie will mithilfe der 8 Oppositionsparteien ihre Forderung nach mehr Mitsprache bei politischen Entscheidungen durchsetzen.
direkte_demokratie.jpeg
Foto: Salto.bz
Die Inszenierung im Rahmen der heutigen (6. Juni) Pressekonferenz hatte etwas Surreales: Gleich Staatsoberhäuptern versammelten sich die Repräsentanten der Initiative für mehr Demokratie – allen voran der Koordinator Stephan Lausch und der stellvertretende Vorsitzende Roberto Pompermaier – sowie die Vertreter der 8 Oppositionspartien des Landes im Hotel Laurin, um ein Bündnis zu besiegeln. Nachdem, wie Lausch selbst zugeben musste, die Inititative, würde sie bei den kommenden Landtagswahlen antreten, den Einzug wohl nicht schaffen würde, wurde der Schulterschluss mit den Oppositionsparteien gesucht – hier seien die Chancen größer, die Forderungen durchzusetzen. Freiheitliche, Fraktion Enzian, Fratelli d‘Italia, die Grünen, Movimento 5 Stelle, der PD, die Süd-Tiroler Freiheit und das Team K verpflichten sich, in der neuen Legislatur, in welcher man die Mehrheit anstrebt, einige Änderungen im geltenden Gesetz zur Direkten Demokratie und hinsichtlich von Partizipation zu beschließen. Dazu zählt, dass die Regelung der Demokratie auch per Volksabstimmung möglich sein soll.
 
 
stefan_lausch.jpeg
Stephan Lausch, Koordinator der Initiative für mehr Demokratie, rief die Wähler dazu auf, eine der 8 Oppositionsparteien zu wählen, denn das sei die Garantie für mehr Demokratie. (Foto: Salto.bz)
 
Weiters soll die Kommission zur Prüfung der Zulässigkeit von Volksbegehren anders zusammengesetzt und ihre Aufgabe neu bestimmt werden. Die Unterschriftenhürden sollen nach Wichtigkeit und Wirksamkeit der Instrumente abgesenkt und gestaffelt werden, eingeführt werden soll zudem die Möglichkeit der Online-Unterschriftensammlung. Weiters gehört zu den Forderungen die Erweiterung des Kreises der Beglaubigungsberechtigten bei der Unterschriftensammlung, die Möglichkeiten, in allen Gemeinden für Volksinitiativen, Referenden und Volksbegehren unterschreiben zu können, und zuguterletzt soll die institutionelle Information der Bürger und Bürgerinnen über ergriffene direktdemokratische Initiativen gewährleistet werden sprich die Medien erhalten den Auftrag, über die Initiativen zu berichten, da man sich in der Vergangenheit nicht genügend in der Öffentlichkeit repräsentiert sah. Eine gelinde gesagt seltsame Sichtweise darüber, wie Journalismus und Medienarbeit in einer direkten Demokratie „arbeiten“ sollen.
 
 
Eine gelinde gesagt seltsame Sichtweise darüber, wie Journalismus und Medienarbeit in einer direkten Demokratie „arbeiten“ sollen.
 
 
Laut Aussagen der oppositionellen Politiker müsste man zum Schluss kommen, dass es um die Bürgerbeteiligung in Südtirol schlimm bestellt sei und Anträge der Minderheiten regelmäßig niedergestimmt würden. Josef Unterholzner von der Fraktion Enzian sprach in Zusammenhang der Corona-Pandemie gar von einer Diktatur in Südtirol. Um diesen „Unzustand“ zu ändern, strebe man eine politische Landschaft wie in der Schweiz an, wo jede Partei in die Entscheidungsfindung eingebunden sei. Die „Versammlung der Machtlosen“ äußerten nicht nur den Wunsch nach Mitbestimmung, sie forderte ihn gleichsam ein. Warum? Weil deren Vertreter bei den Wahlen bisher nicht die Mehrheit erhalten haben, die SVP immer noch die stärkste Partei ist und die Regierungsbelange bestimmt. Das würde sich jedoch bald ändern prophezeite Lausch mit Verweis auf die letzten Umfragewerte, denen zufolge die Oppositionsparteien mehr Zulauf haben und bei den nächsten Landtagswahlen die Verhältnisse kippen könnten. Dementsprechend lautete auch der Aufruf des Koordinators der Initiative, eine der Oppositionsparteien zu wählen, denn das sei die Garantie für mehr Demokratie. Tatsächlich wird bereits darüber spekuliert, ob die SVP in der kommenden Legislatur ein Bündnis mit den Grünen eingehen wird. Interessant wird es, wenn die Oppositionspartei aus dem Kreis der Machtlosen in die Regierung aufsteigt und was das heute geschlossene Bündnis dann noch Wert sein wird.
Bild
Profil für Benutzer Dietmar Nußbaumer
Dietmar Nußbaumer Di., 06.06.2023 - 21:47

Wieso schaffen in der heutigen Zeit Oppositionsparteien nicht mehr Sichtbarkeit? Und die verhinderte Rede eines 16-jährigen schon, FfF und Klimakleber auch? Liegt da die Schuld immer nur bei den Anderen. Beispiel: Verpackungsfreie Geschäfte, fairtrade, nachhaltige Landwirtschaft und Vermarktung nachhaltiger Produkte, Carsharing, Radmobilität, ... Wo haben unsere Grünen da groß mitgewirkt. Abgesehen von Rösch, Benedikter und Dissinger spüre ich z.B. keine grünen Grünen.

Di., 06.06.2023 - 21:47 Permalink