Politik | Schule

Die Deutsche Schule im Winterschlaf

"Bravo Tommasini und italienische Schule, die deutsche erwache aus dem Winterschlaf", spöttelt der Politiker Uwe Staffler. Der auch ein engagierter Familienvater ist.

Herr Staffler, die Grundschule Sankt Jakob in Bozen kann beispielgebend für ganz Südtirol sein?

Wir sind schon so lange in Verzug in Südtirol ein mehrsprachiges Angebot auch in der Schule zu schaffen. Das Geschenk, das Südtirol in die Wiege gelegt worden ist, die Mehrsprachigkeit, die es hier gibt, die muss endlich ausgenutzt werden.

Flächendeckende Mehrsprachigkeit, ist es das was sie fordern?

Nein, es soll Angebote geben. Natürlich sollen nicht alle Schulen mehrsprachig werden - von einem Tag auf den anderen. Aber die zweite Sprache soll wirklich zur zweiten Sprache werde. Und wenn Fächer in einer anderen Sprache unterrichtet werden, dann ist das doppelt besser.

Was macht die Grundschule Sankt Jakob anders?

Das Projekt läuft ja schon seit längerer Zeit, der Zwischenbericht, der jetzt nach sechs Jahren vorliegt belegt, dass die Sprachkompetenz der Kinder sehr hoch ist. Die Eurac und die freie Universität Bozen, begleiten seit sechs Jahren das Projekt, das Montessori und Mehrsprachigkeit  verbindet. Bei der Universität Bozen hat man es ja geschafft und legt auf eine echte Mehrsprachigkeit Wert, bindet Englisch mit ein. Nur in den Schulen hapert es.

Die Deutsche Schule hält einen Winterschlaf, so schreiben Sie in einer Presseaussendung? Wie kann man sie denn aufwecken, was muss passieren?

Es muss passieren, dass der Landesrat Achammer, der im Wahlkampf sehr mutig war und sich mutig geäußert hat, endlich Fakten schafft. Der Unterricht in der Pflichtsschule muss in Südtirol ja in der Muttersprache geführt werden. Der berühmte Artikel 19 wird dann immer gerne zitiert. Das heißt aber ja noch lange nicht, dass ich nicht einen Teil des Unterricht in einer anderen Sprache führen kann.

Im Sinne des Artikel 19 brachte Sabina Kasslatter-Mur vor einem Jahr den freiwilligen Sach-Fachunterricht auf den Weg. Wortspiele gibt es viele in Südtirol

„In den Oberstufen ist es ein Pilotprojekt, das wissenschaftlich begleitet und vor jeder Fortsetzung evaluiert wird, das unterstreiche ich ganz klar“, sagt die Landesrätin. Ein verbindlicher Rahmen ist es hingegen für alle Schulstufen, „es gibt schon jetzt Dutzende von Schulen, die Sprachprojekte anbieten, wir wollten hier einfach Kriterien festlegen. Damit tun sich die Schulen bei der Planung und Durchführung dieser Projekte leichter.“

Haben Sie selbst Kinder?

Meine Tochter ist von 7. bist zum 17. Lebensjahr in Brüssel in die Schule gegangen. Ihr Muttersprache ist Französich, Schulsprache war Italienisch, Deutsch kam dazu und dann auch Englisch. Das ist eine natürliche mehrsprachige Schule. Und das war perfekt. Sie spricht vier Sprachen flüssig, ein absoluter Vorteil für sie. Heute ist sie 19 Jahre alt. Mein kleiner Sohn hingegen, der fünf ist, da muss ich mich entscheiden. Ob er in eine deutsche oder in eine italienische Schule geht. Aber ich will mich eigentlich nicht entscheiden.

Sie sprechen als Elternteil, und als Politiker? 

Die Politik diskutiert darüber, die Wirtschaft fordert schon längst eine mehrsprachige Schule und viele Eltern auch. Das hat gar nichts mit einer   bestimmten ideologischen Einstellung zu tun, wenn Eltern ein frühes Sprachen lernen ihrer Kinder fordern. Das hat auch nichts mit Multikulti zu tun, Sprachen lernen wollen mittlerweile doch alle, weil sie wissen, dass es ihnen etwas bringt.

Die Politik stellt sich taub?

Leider ja. Die italienische Schule ist zwar aktiv und die ladinische sowieso, aber gemeinsam passiert wenig. Die Alternative ist halt, dass man die Kinder in die andere Schule schick. Als deutschsprachiger Elternteil würde ich also mein Kind in die italienische Schule schicken. So machen es ja viele. Aber das kann doch keine Lösung sein.

Der ewige Alptraum in Südtirol ist, etwas zu verlieren.

Ständig geht es um die Identität. Die anscheinend verloren geht, wenn man eine mehrsprachige Schule anbietet. Aber das hat doch nichts mit der Identität zu tun. Man soll wenigstens endlich wählen können: will ich meine Kinder auf die Mehrsprachige Schule schicken, oder in die Einsprachige. Und ich wette, alle entscheiden sich für die Mehrsprachigkeit.

Die Politik muss sich endlich an die Realität anpassen?

Jeder soll das selbst entscheiden dürfen, welche Schule er wählt. Das ist doch kein liberales Denken, hier in Südtirol. Die Politik will mir vorschreiben was gut für meine Kinder ist. Das soll doch jedem selbst überlassen werden.

 


 

 

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Hartmuth Staffler Mi., 06.08.2014 - 17:01

Ich kenne Uwe Stafflers Tochter und weiß, dass sie vier Sprachen nicht flüssig, sondern fließend spricht. Und wenn Uwe sich durchsetzt, dann geht es mit unserer Sprache endgültig den Bach hinunter - flüssig, wie Uwe sagt.

Mi., 06.08.2014 - 17:01 Permalink
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Martin B. Mi., 06.08.2014 - 17:27

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Es ist ein Denkfehler der sogenannten (linken?) Intellektuellen, dass alle Kinder sprachbegabt, wissbegierig und Matura- bzw. Studiumfähig sind. Sie werden heute eh schon reizüberflutet und mit Dingen zugestopft. Für Privat- und Sonderschulen mag es praktikabel sein, aber solcher Multisprachunterricht in Pflichtschulen? Dann geht es "flüssig" den Bach runter, wenn die uninteressierten Kinder und Jugendliche das Mischmasch an Lehrstoff einsetzen sollen. Sehr schön feststellbar bei Berufsschülern, die schon mit der Muttersprache ihre liebe Not haben. Oder auch an Abgängern unserer bereits dreisprachigen Landesschulen. ;-) Nein, nein, Fächer und Lehrstoff soll in Volks- und Mittelschule reduziert und besser gelehrt werden. Die Breite holen sich die Interessierten später.

Mi., 06.08.2014 - 17:27 Permalink
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Sepp.Bacher Do., 07.08.2014 - 19:39

Antwort auf von Martin B.

Ich denke, es geht hier um eine grundsätzliche Diskussion und da gebe ich Uwe und den Befürwortern einer wählbaren zwei- bzw. mehrsprachigen Schule recht. Sicher gibt es Kinder bzw. Menschen mit bestimmten Begabungen und auch Schwächen. Ich selber habe auch eine Lese- und Rechtschreibschwäche, ebenso eine Fremdsprachen-Schwäche. Ich denke, die Schule müsste dann eben Methoden und Hilfen entwickeln, diesen Kindern zu helfen. Andererseits könnten die Eltern eines sprachschwachen Kindes diese Schule einfach nicht wählen oder sie wieder wechseln.

Do., 07.08.2014 - 19:39 Permalink
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Christoph Moar Mi., 06.08.2014 - 18:20

Antwort auf von Hartmuth Staffler

@Hartmuth, @Martin: Wieso soll etwas flüssig den Bach herungergehen, wenn Herr Uwe Staffler sagt: "Flächendeckende Mehrsprachigkeit, ist es das was sie fordern? Nein, es soll Angebote geben." und "Jeder soll das selbst entscheiden dürfen, welche Schule er wählt. Das ist doch kein liberales Denken, hier in Südtirol. Die Politik will mir vorschreiben was gut für meine Kinder ist. Das soll doch jedem selbst überlassen werden." Mir scheint, dass dies doch eigentlich beinahe die gleiche Meinung ist, die Martin sagt. Ich denke die Frage von @Klemens sollte man gut und gründlich beantwortet werden, und bitte mit stringentem Bezug auf die zwei genannten Zitate von Herrn Uwe Staffler. Dann kapieren wir hier endlich worum es eigentlich geht.

Mi., 06.08.2014 - 18:20 Permalink
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Fidi Ellmenreich Mi., 06.08.2014 - 20:24

Kann "Uwe" Staffler nur zustimmen. wir sollten dieses Potenzial besser nutzen und eine mehrsprachige Schule anbieten, was soviel heißt dass die Familien wählen können. Kann das nicht mehr hören, dass unsere Sprache dann gefährdet wäre! Es isch Zeit, Mander!
PS: wieviele Rechtschreib- oder Ausdruckfehler sind mir unterlaufen?

Mi., 06.08.2014 - 20:24 Permalink
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Nadia Mazzardis Mi., 06.08.2014 - 20:53

Noi abbiamo preso una decisione in Alto Adige Südtirol molti anni fa. Dividere i bambini e i ragazzi. Dividerli significa separare i loro circuiti esterni alla scuola. E' lì dove veramente ci si emoziona e dove si impara la lingua.

Un bambino che vuole andare a giocare a calcio, ci vuole andare con il suo amico, il suo compagno di classe. Ma se in classe ha solo compagni italiani o tedeschi, frequenterà quel circuito e quel club sportivo. Lo stesso vale per i luoghi di ritrovo dei ns giovani che sono sempre separati.

E' vero la scuola italiana è molto attiva, molto di più di quella tedesca che probabilmente con la propria Schutzpolitik nei confronti della lingua tedesca, sta sbagliando molto.

Ciò non toglie che i ragazzi italiani che escono dall'attivissima scuola italiana, sappiano il tedesco maluccio, per non dire malissimo.

Sono sensibilissima all'apprendimento precoce delle lingue, quasi 20 anni fa ho contribuito alla costituzione e all'attività dell'Associazione Genitori per il Bilinguismo, con la quale portammo il tedesco nelle scuole dell'infanzia italiane, all'epoca vietatissimo.

Mi occupo di didattica dell'apprendimento delle lingue in età precoce, ho frequentato convegni, tenuto seminari, formato migliaia di insegnanti, negli ultimi 17 anni, qui e nel resto d'Italia, in Germania, in Austria e in Romania, ho contribuito alla scrittura di libri e articoli specifici, e ho convinto i miei figli che le lingue sono importanti, ma.... la figlia maggiore per imparare a voler usare il tedesco è dovuta andare 1 anno in Germania (ora studia ad Innsbruck con ottimi risultati e ha il moroso di Monaco) e il figlio minore partirà in settembre per Berlino, oggi come oggi non si sente in grado di usare il tedesco per il suo lavoro di cameriere, avendo frequentato l'Istituto Alberghiero.

Il mio caso, come il caso di tanti giovani italiani, che riempiono la mia casa al seguito dei miei figli, dice che essere attivi non è più sufficiente.

La Catalunya ha scelto, contrariamente a noi di tenere insieme i ragazzi, di organizzare un tipo di insegnamento, che qui non piace, ma si chiama immersione.

Di formare i propri docenti ad insegnare materie nella propria madrelingua, a bambini e ragazzi che in una stessa classe possono essere un po' di madrelingua e un po' non di madrelingua.

Di aumentare o diminuire le ore di una o dell'altra lingua in base alla presenza degli alunni nelle varie scuole, se ci sono molti catalani, si aumenta un po' lo spagnolo, se ci sono molti castigliano-parlanti, si aumenta un po' il catalano.

La Catalunya ha deciso soprattutto di avere una Segreteria di Politica Linguistica, un ufficio che dipende direttamente dal Governatore della Catalunya e che si occupa della politica linguistica di entrambi i gruppi linguistici. Non esiste una politica differente per le due comunità.

Finchè non riuniremo la visione politico-linguistica e i nostri ragazzi, possiamo attivarci molto, fare bellissime cose, ma i risultati in rapporto alle ore di esposizione alla lingua saranno comunque, molto, troppo deludenti.

Mi., 06.08.2014 - 20:53 Permalink
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Willy Pöder Do., 07.08.2014 - 13:41

Es geht schlicht und einfach darum, dass die Menschen - und hier vor allem die Jugendlichen - die beiden Amtssprachen erlernen, weil ihnen sonst viele Türen verschlossen bleiben. Die das auf den Weg zu bringen haben, sind die Politiker, die Schulämter, die Lehrer und dann natürlich die Schüler selbst. Es wäre schon längst an der Zeit gewesen, die Straße des latenten Versagens zu verlassen. Es kann doch nicht wahr sein, doch es ist wahr, dass Maturanten, die in Summe mehr als 1.000 Stunden Unterricht in der zweiten Sprache genossen haben, dieser vielfach immer noch nicht mächtig sind. Alquid olet, kann man dazu nur sagen.

Do., 07.08.2014 - 13:41 Permalink