Umwelt | Natur und Landschaft

Operation Lazarus

Bei der Umsetzung des neuen Raumordnungsgesetzes rutscht man von einer Peinlichkeit in die nächste. Jetzt muss man die bereits abgeschafften Kommissionen reanimieren.
Landhaus Rittnerstraße
Foto: LPA
Virna Bussadori ist nicht zu beneiden.
Die Direktorin der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung schrieb am 30. Juni 2020 an die Mitglieder der Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung, sowie an die Mitglieder der Landschaftsschutzkommission eine Dankesmail:
 
"Geschätzte Kolleginnen und Kollegen,
mit dem morgigen Inkrafttreten des  LG 9/18 wird die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung durch eine neue Kommission ersetzt. Ich hatte zwar nur in den letzten Monaten die Ehre, dieser Kommission als Präsidentin vorzustehen, möchte aber trotzdem die Gelegenheit nutzen, jeden Einzelnen von euch für den Einsatz und die Beiträge in den letzten Jahren zu danken.  Es war manchmal nicht leicht, die Entscheidungen zu treffen, aber die Diskussionen zwischen uns waren immer offen, konstruktiv und fair.
Ich bedanke mich und verbleibe mit freundlichen Grüßen.
 
In den nächsten Tagen wird Bussadori alle Empfänger dieses Abschiedsschreibens kontaktieren müssen. Mit einer fast schon absurden Botschaft: Die Beerdigung der Kommissionen wurde rückgängig gemacht.
 
 
Wie Jesus einst Lazarus von den Toten auferweckt hat, sollen jetzt auch die alten Kommissionen wieder ins Leben zurückgeholt werden. Die Landesregierung hat dafür still und leise die rechtlichen Weichen gestellt.
Diese Operation und der Hintergrund machen aber deutlich welch Flickwerk das neue Landesraumordnungsgesetz ist. Und wie man bei der Umsetzung der neuen Bestimmungen seit Jahren geschlampt hat.
 

Die neue Superkommission

 
Bisher gab es im Bereich Raumordnung und Landschaftsschutz drei wichtige Institutionen. Die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung (KLNR), jahrzehntelang Raumordnungskommission genannt, die Landschaftsschutzkommission und die Sachverständigen für Gefahrenzonen.
Mit dem neuen Raumordnungsgesetz, das mit 1. Juli 2020 in Kraft getreten ist, werden diese Aufgaben in einer einzigen Kommission zusammengefasst. Ihr gehören per Gesetz der Direktor/die Direktorin der für Natur, Landschaft und Raumentwicklung zuständigen Landesabteilung als Vorsitzender/Vorsitzende, ein/eine Sachverständige/r für Raumplanung, ein/eine Sachverständige/r für Landschaftsökologie, ein Vertreter/eine Vertreterin der Landesabteilung Forstwirtschaft, ein/eine Sachverständige/r für Landwirtschaftswissenschaft,
eine/ein vom Rat der Gemeinden vorgeschlagene/r, aus einem eigenen Verzeichnis gewählte/n Sachverständige/r, ein/eine Sachverständige/r für Naturwissenschaften, und ein/eine Sachverständige/r für Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften an.
Das Gesetz sieht vor, dass für die Sachverständigen eigene Alben geschaffen werden, aus denen die Landesregierung dann die Kommissionsmitglieder beruft.
Aber genau hier liegt das Problem
 

Leere Alben

 
Nach Inkrafttreten des Gesetzes und nachdem man die amtierenden Kommissionen bereits offiziell verabschiedet hatte, merkte man plötzlich, dass diese Sachverständigenalben zum Großteil noch leere Schachteln sind. Nur im Bereich der Sachverständigen für Raumplanung, wo man die aktuellen Landessachverständigen von Amtswegen in das Album eingetragen hat, gibt es genügend potentielle Kandidatinnen und Kandidaten. Der Rest ist kaum vorhanden.
Weil man die neue Kommission nicht einsetzen kann, steht die Genehmigungsphase in der Raumordnung und im Landschaftsschutz seit 1 Juli mehr oder weniger still.
 
 
Deshalb hat man jetzt leise die Handbremse gezogen. Die Landesregierung hat im allerletzten Moment in Artikel 13 des Landesgesetzentwurf Nr. 58/20 „Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt“ einen unscheinbaren Satz hineingeschrieben. Die Amtszeit der Landeskommissionen im Bereich Natur, Landschaft und Raumentwicklung soll bis zum 6. November verlängert werden.
Vergangene Woche hat der Landtag die Bestimmung verabschiedet. In der nächsten Woche soll das Gesetz im Amtsblatt veröffentlicht werden und damit in Kraft treten.
Jetzt stellt sich aber die Frage, wie man das Projekt Lazarus rechtlich richtig umsetzen kann.
Denn an der Verwaltungsspitze des Landes ist man sich nicht einig, ob die alten Kommissionen per Dekret des Landeshauptmannes wieder eingesetzt werden können oder ob es einen Landesregierungsbeschluss dafür braucht. Zudem fehlt die Finanzierung für die Maßnahme.
Vor allem aber muss man bei dieser Aktion auf das Entgegenkommen der früheren Mitglieder der beiden Landeskommissionen hoffen. Nachdem man sie verabschiedet hat, wird man sie jetzt bitten müssen, doch wieder zurückzukommen und bis Anfang November weiterzumachen.
 

Eine Schnapsidee


Dabei dürfte nicht sicher sein, ob es dann im November nicht eine Verlängerung der Verlängerung gibt.
Denn inzwischen ist klar, das die neue „Superkommission“ eine Schnapsidee ist, die in der praktischen Umsetzung zu großen Problemen führt. Auch bisher war der Aufwand für die Mitglieder einer dieser Kommissionen relativ hoch. Traditionell tagen die Landschaftsschutzkommission und die Landesraumordnungskommission entweder alternierend am Donnerstag oder am Dienstag (Landschaftsschutz) und am Donnerstag (Raumordnung). Für diese Sitzungen geht meistens ein Arbeitstag drauf.
 
 
Mit der Zusammenlegung müsste die neue Kommission jetzt aber zweimal in der Woche tagen, um die anstehenden Projekte zu begutachten. Rechnet man auch noch die Gefahrenpläne dazu, sind das zweieinhalb Arbeittage in der Woche. „Das kann keiner bewältigen ohne sein Amt oder seinen Freiberuf zu vernachlässigen“, sagt einer, der jahrzehntelang in diesen Kommissionen saß.
Deshalb denkt man bereits über eine pragmatische Lösung nach. Die Landesregierung bestückt alle Kommissionen doppelt. Für jedes Mitglied wir auch ein Ersatzmitglied ernannt. Man will es jetzt so regeln, dass in jeder Woche zu einer Sitzung ein effektives Mitglied und zur zweiten Sitzung das Ersatzmitglied hingeht.
Damit hätte man indirekt wieder die zwei Kommissionen, die es bisher gab.
Auch das zeigt wie unausgegoren die Neuregelung der Südtiroler Raumordnung immer noch ist.
Bild
Salto User
Günther Alois … Sa., 15.08.2020 - 08:29

Welche sogenannten Intelligenzbestien haben diesen"Schrott" vom neuen Urbanistikgesetz zu verantworten??? Und das traurigste dabei ,die sind dann auch noch über-und hoch bezahlt dafür,mit unseren Steuergeldern.

Sa., 15.08.2020 - 08:29 Permalink