Umwelt | Schmetterlingstage Mals

Im Zeichen des Schmetterlings

Ab dem 11.September findet in Mals das „15. Internationale Symposium über Zygaenidae“ statt. Bei diesen Schmetterlingstagen dreht sich alles um diese besondere Falterart.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Was erwartet den Besucher der Schmetterlingstage in Mals und warum wurde genau Mals gewählt?
Prof. Gerhard Tarmann
: Die Schmetterlingstage in Mals setzen ein wichtiges Zeichen. Die Gemeinde hat sich in einer legendären Abstimmung, mit der Weltgeschichte geschrieben wurde, für eine pestizidfreie Umwelt ausgesprochen. Es ist der Beweis, dass es mündige Bürger gibt, denen gesunde Natur und Umwelt in Ihrer Heimat ein so wichtiges Anliegen sind, dass sie diese Werte vor kurzfristigen wirtschaftlichen Nutzen stellen. Der Schmetterling ist dabei ein wichtiges Symbol.

Während der Malser Schmetterlingstage wird es zahlreiche Aktionen geben, die alle im Zeichen des Schmetterlings stehen. Zahlreiche Malser Betriebe nehmen teil. Einige werden ihre Schaufenster mit Schmetterlingen gestalten. In manchen Gasthäusern werden entsprechende Speisen gekocht werden, wie z. B. „Schmetterlings-Suppen“. Auch die Hauswände sollen mit Schmetterlingen und Schmetterlingssymbolen dekoriert werden. In den Schulen von Mals laufen spezielle Projekte zum Thema Schmetterlinge und Umwelt. Das Naturmuseum Südtirol beteiligt sich mit einer kleinen Ausstellung über den Schmetterling als einem fragilen Symbol für intakte Natur. Diese Ausstellung unter dem plakativen Titel „bye bye butterfly“ ist vom 18. bis 25. September, von 14.00-18.00 Uhr im Kulturhaus von Mals zu besichtigen. Sie gibt einen Einblick in die Vielfalt der Schmetterlinge, in ihre Bauform und Lebensweise. Da sich in der Umgebung von Mals noch „Schmetterlingsparadiese“ erhalten haben und Forscher über Jahrzehnte im Vinschgau Schmetterlingsbestände untersuchten, thematisiert die Ausstellung auch den Rückgang vieler Arten in der Kulturlandschaft.

Vom 11.-18. September findet im Rahmen der Malser Schmetterlingstage das 15. Internationale Symposium über Zygaenidae (Widderchen) statt. Diese Schmetterlingsfamilie reagiert besonders empfindlich auf Umweltgifte und Luftverschmutzung und ist ein Modellbeispiel für den Schmetterling als biologisches Messinstrument (Bioindikator), der herkömmlichen physikalischen und chemischen Messmethoden manchmal überlegen sein kann und wesentlich genauere Aussagen ermöglicht. 35 Teilnehmer aus 18 Nationen werden eine Woche lang Wissen austauschen. Über 50 Autoren sind an den Vorträgen beteiligt. Mals wurde wegen seiner „Symbolwirkung“ als Tagungsort gewählt. Die Vorträge sind zwar sehr fachspezifisch, stehen Interessierten aber offen.

Im Vorfeld wurde viel über Pflanzenschutzmittel als Feind des Schmetterlings diskutiert. Von welchen Pestiziden genau ist die Rede und welche Auswirkungen haben sie?
Es kann nicht ganz genau festgestellt werden, welche Pestizide auf welche Schmetterlinge welche negative Wirkung ausüben. Es ist die Summe der in der Landwirtschaft und da besonders im industrialisierten Obstbau eingesetzten Stoffe. Besonders fatal für Insekten waren die früher teilweise eingesetzten Häutungs- und Chitinsynthesehemmer, die die Entwicklung der Tiere von Ei über die Raupe und Puppe zum Falter verhindern. Diese Stoffe wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingesetzt und werden heute kaum mehr verwendet. Damals wurden weite Gebiete der Tallagen der Alpen (auch in Südtirol) nahezu insektenfrei gespritzt und die Biodiversität ging dramatisch zurück. Aber auch heute sieht man sehr deutlich, dass überall dort, wo Spritzmitteleinsatz stattfindet, nicht nur im Tal, sondern auch an den angrenzenden Hängen, extreme „Schmetterlingsarmut“ zu beobachten ist. Zahlreiche Arten sind von diesen Orten verschwunden.

Was sind die Besonderheiten eines Schmetterlings?
Schmetterlinge reagieren extrem empfindlich auf Umwelteinflüsse und gehören daher zu den besten biologischen Messinstrumenten (Bioindikatoren), die wir kennen. Große Artenvielfalt an Schmetterlingen ist stets ein Beweis für intakte Natur. Viele Individuen einer oder weniger Arten, weisen auf einen gestörten Lebensraum hin. Viele Arten, aber keine davon in Massen vorkommend, ist ein sehr guter Hinweis auf intakte Lebensräume. Fehlen Schmetterlinge auf Wiesen und in Gärten, können die schönsten Blumen nicht darüber hinwegtäuschen, dass in diesem Lebensraum eine schwere Umweltstörung vorliegt.

Was macht genau diese Schmetterlingsart so besonders?
Der Schmetterling ist ein Symbol der Freiheit und der Schönheit. Es gibt wenige Menschen, die Schmetterlinge nicht sympathisch finden. Die Widderchen (Zygaenidae), über die beim Symposium diskutiert wird, sind eine ganz besondere Modellgruppe. Sie sind nicht nur eine der besten Bioindikatoren die wir kennen, sie sind auch die giftigsten Schmetterlinge der Welt. Sie enthalten blausäurehaltige Aminosäuren und können sich gegen Fressfeinde chemisch verteidigen. Sie sind auch resistent gegenüber Blausäure, was im Tierreich eine große Seltenheit ist. Trotzdem sind Widderchen für den Menschen ungefährlich, wenn er sie nicht gerade isst. Nur wenn die giftigen Stoffe aus dem Gewebe und der Blutflüssigkeit in die Blutbahn oder die Atemwege des Menschen kommen würde, wäre das lebensgefährlich. Bisher sind weltweit noch keine diesbezüglichen Unfälle bekannt geworden.

In Südtirol zeigen uns Widderchen sehr schön, dass selbst unter EU Schutz stehende Gebiete, wie zum Beispiel die als Natura 2000 Gebiete ausgewiesenen Trockenrasen im Vinschgau und der Hügel von Castelfeder bei Auer, zum Teil schwer beeinträchtigt sind. Auf Castelfeder verschwanden die Widderchen schon vor Jahrzehnten. Früher gab es dort eine sehr reiche Schmetterlingsfauna, was durch historische Funde in Museumssammlungen belegt ist. Leider lässt sich der Zeitpunkt des Verschwindens von Widderchen in Castelfeder nicht mehr genau nachvollziehen, da keine kontinuierlichen Beobachtungen vor Ort vorliegen, aber in den 1970er Jahren waren diese dort noch vorhanden. Ähnlich verhält es sich mit den Steppenrasengesellschaften im Vinschgau. Heute sind zumindest die unteren Lagen der Natura 2000 Gebiete der Sonnenberge von Naturns und Kastelbell, die Schlanderser und Kortscher Leiten, aber auch die Tartscher Leiten bei Mals frei von Widderchen. Erst in höheren Lagen, oft erst mehrere hundert Höhenmeter vom Talboden entfernt, findet man einzelne Exemplare. Schuld an dieser Situation ist zweifelsfrei die Tagesthermik, welche die durch Pestizide verschmutzte Luft aus dem Talboden nach oben transportiert.

Das Gemeindegebiet von Mals ist ein sehr interessanter Modellfall. Hier wurden besonders intensive Schmetterlingsstudien über mehrere Jahrzehnte durchgeführt. Es gibt auch eine genaue Kartierung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum aus den Jahren 2000 bis 2004 über das Vorkommen von Widderchen in Mals. Aufbauend auf diesen Daten ist man jetzt in der Lage, Unterschiede erkennen und feststellen zu können, die sich in den letzten 10 Jahren ergeben haben könnten. An den Hängen der Sesvenna (Latsch, Burgeis) war zumindest in den Untersuchungsjahren 2000 bis 2004 „die Welt noch in Ordnung“. Die Vielfalt an Widderchenarten war beachtlich. Der Tartscher Bühel und der untere Teil der Tartscher Leiten waren jedoch zu dieser Zeit schon widderchenfrei.