Kultur | Gasthauskultur

Penne all'arrabbiata

Eine Veranstaltungsreihe des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV) und des Südtiroler Künstlerbundes (SKB) sorgt für einen bitteren Beigeschmack.
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Foto: Salto.bz

Unter dem Slogan Wilder Herbst bemühen sich 32 Südtiroler Mitgliedsbetriebe der Gruppe „Südtiroler Gasthaus“ im HGV um neue Gäste. Wie im vergangenen Jahr setzt man auf die Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Künstlerbund, der bereits 2015 künstlerische Beiträge in die verschiedenen Gasthäuser vermittelte. In diesem Jahr sind nun Autoren und Autorinnen an der Reihe, die „in Form einer Literaturreise“, im Gasthaus ihre Texte vortragen. Im Mittelpunkt stehen Wildgerichte und mitunter wilde Literatur. Über die weniger milde Herangehensweise an die finanziellen Bedürfnisse der Autoren und Autorinnen gibt allerdings ein Schreiben Auskunft, welches die Südtiroler Autorinnen und Autorenvereinigung (SAAV) an HGV und SKB richtet. Darin fordern sie „faire Verhältnisse für Künstlerinnen und Künstler“! Es geht um das liebe Geld, welches HGV und SKB für die Autorinnen und Autoren einfach nicht vorgesehen haben.

Gruß aus der Küche

Ein kurzer Blick zurück: Bereits Anfang der 1980er Jahre, als die Südtiroler Autorenvereinigung unter dem Kürzel SAV gegründet wurde, stellten die jungen Autoren in einem Brief an den damaligen Landesrat Zelger fest, dass es eine der Aufgaben von Literatur ist, „auf Fehlentwicklungen, Ungerechtigkeiten, Einseitigkeiten, erstarrte Gegebenheiten aufmerksam zu machen und sich einzusetzen“. Nun sieht sich die neue SAAV [!] mit dem Fall „Wilder Herbst“ konfrontiert. Und sie tut das, was sie tun muss!

Bereits im Vorfeld der landesweit angelegten Veranstaltungsreihe soll es zwischen Südtiroler Künstlerbund und einzelnen Autorinnen wie Autoren zu Meinungsverschiedenheiten gekommen sein, da weder HGV noch SKB Lesehonorare einkalkuliert hatten. Nur zu verständlich also der literarische Gruß in die Küche. Die SAAV-Zeilen sprechen eine klare Sprache:
Mit diesem Schreiben möchte die Südtiroler Autorinnen und Autorenvereinigung zu Ihrer geplanten Aktion "Wilder Herbst" Stellung beziehen. Bereits in Ihrem Aufruf vermissten wir eine Information, die auf eine Honorierung der Lesungen hinwies, und wie sich im Nachhinein herausgestellt hat, wurden auch keine derartigen Posten in Ihrer Projektkalkulation dafür eingerechnet. Als u.a. gewerkschaftliche Vereinigung und Interessenvertretung ist die SAAV seit jeher darum bemüht, faire Verhältnisse für Künstlerinnen und Künstler einzufordern, dazu gehört für Einzellesungen ein Mindesthonorar, das wir mit 300 Euro beziffern. Ihre Initiative bietet den Zuhörerinnen und Autoren eine durchaus inspirierende Möglichkeit der Zusammenkunft, aber unterschätzen Sie nicht den Eindruck, den Sie hinterlassen, wenn Sie über Honorare für die hinwegsehen, die mit ihren Texten dafür sorgen, dass es zu solchen anregenden Abenden kommt! Wir fordern Sie daher auf, Ihre Entscheidung zu überdenken.

Zubrot

SKB und HGV wollten wohl kaum die teilnehmenden Autoren und Autorinnen über den (Ess)-Tisch ziehen, ein bitterer Beigeschmack bleibt aber dennoch. Öffentliche Lesungen sind für Autorinnen und Autoren ein guter Nebenverdienst. Eine Umfrage unter einigen teilnehmenden Literatinnen und Literaten machte deutlich, dass viele die Idee einer Zusammenarbeit zwischen Literatur und Gasthauskultur passend finden, allerdings unter anderen Maßstäben. Im SKB suchte man rasch nach einer passenden Rechtfertigung:
Die Aktion ist vom Südtiroler Gasthaus an uns herangetragen worden und wir haben positiv darauf reagiert und die Koordinierung der Autor/innen übernommen, weil wir davon ausgegangen sind, dass sich hier interessierten Autor/innen - die Teilnahme war von Anfang an absolut freiwillig!! - ein neues Präsentationsforum eröffnet, in dem sie ihre Bücher, ihre Texte, Ihr Schreiben und ihr Lesen an ein anderes Publikum herantragen können, als es die üblichen Leseorte, sprich Galerien, Bibliotheken, Kulturhäuser etc., darstellen. In diesem Punkte werden Sie, als eine, wie immer auch verstandenen, „gewerkschaftlichen“ Vertretung Ihrer Autor/innen, uns nur zustimmen können […] schreibt der Vizepräsident und Leiter des Bereiches Literatur im Südtiroler Künstlerbund Dr. Ferruccio Delle Cave. Laut ihm war das „Südtiroler Gasthaus“ außerstande, „den Autor/innen für ihre diversen Auftritte in den von ihnen selbst ausgesuchten Gasthäusern ein Lesehonorar auszuzahlen“, wie es auch bei der Aktion „Bildende Kunst in Gasthäusern" vor einem Jahr der Fall war, obwohl dieser frei erfundene Finanzierungsschlüssel nicht wirklich anzuwenden ist.

Saftige Rechnung

Die versalzene Suppe musste jeder Autor, jede Autorin, selbst auslöffeln. Ihnen blieb es überlassen, die Gasthausbetreiber um ein Honorar zu bitten. Weder vom HGV noch vom Südtiroler Künstlerbund wurden die teilnehmen Gasthäuser informiert, um sich diesbezüglich Gedanken zu machen. Der große Verband und der große Kulturverein hätten den Kostenpunkt Lesehonorare und Reisespesen mit ca. 10.000 Euro beziffern können und das Menü wäre – abgesehen von der literarischen Qualität der Veranstaltungsreihe, die am Ende präsentiert wurde – perfekt gewesen.

Die Stellungnahme der SAAV könnte für die SKB-Veranstaltungen nun doch ein süßes Nachspiel haben. HGV und SKB versprechen:
Die Autoren werden in jedem Gasthaus bestens verpflegt. Diese Regelung wurde in den ersten Gesprächen auch vom Südtiroler Künstlerbund für gut befunden. Wir haben inzwischen mit dem Südtiroler Künstlerbund vereinbart, dass die Literaten einen Unkostenbeitrag von der Gruppe „Südtiroler Gasthaus“ erhalten. 

Kalter Kaffee oder Schnapsidee?

Der Wilde Herbst geht weiter, mit welchen finanziellen oder materiellen Zuwendungen auch immer...
Salto listet die noch ausstehenden Lese- und Gasthaustermine auf, um den kulturellen Wert von Autorinnen und Autoren wenigstens mit grafischen Mitteln hervorzuheben. Der Küchenchef empfiehlt zur Lektüre: Unschuldslamm mit Ketchup und Mayonnaise!

Nächste Termine:

7.10.2016, 19 Uhr, Jägerhof, Walten-St. Leonhard i.P.: Sonja Steger
8.10.2016, 18 Uhr, Apollonia, Sirmian-Nals: Lissy Pernthaler
8.10.2016, 18 Uhr, Lesung im Stall, St. Vigil in Enneberg: Rut Bernardi
9.10.2016, 10.30 Uhr, Fink, Brixen: Brigitte Knapp
9.10.2016, 11.30 Uhr, Post, Maria Trens-Freienfeld: Wolfgang Nöckler
11.10.2016, 10.30 Uhr, Vögele, Bozen: Margit von Elzenbaum
13.10.2016, 19 Uhr, Saalerwirt, Saalen-St. Lorenzen: Iaco Rigo
14.10.2016, 20.30 Uhr, Hanswirt, Rabland-Partschins: Bertrand Huber
14.10.2016, 18 Uhr, Turmwirt, Gufidaun-Klausen: Nadia Rungger
14.10.2016, 19 Uhr, Gassenwirt, Kiens: Horst Moser
19.10.2016, 19 Uhr, Oberwirt, Vöran: Selma Mahlknecht
21.10.2016, K.Za., Oberraindlhof, Schnalstal: Flyle
21.10.2016, 20 Uhr, Sonne, Partschins: Matthias Schönweger
21.10.2016, 19 Uhr, Zum Hirschen, Jenesien: Astrid Kofler
21.10.2016, 18.30 Uhr, Krone, Aldein: Carla Thuile
21.10.2016, 19 Uhr, Tschögglberger Hof, Jenesien: Inga Hosp
22.10.2016, 17 Uhr, Eggwirt, St. Walburg-Ulten: Sebastian Marseiler
26.10.2016 ,19 Uhr, Patauner, Siebeneich-Terlan: Lene Morgenstern
28.10.2016, 20.30 Uhr, Mitterwirt, St. Martin i. P.: Ferruccio Delle Cave
28.10.2016, 18 Uhr, Ansitz Fonteklaus, Klausen: Rut Bernardi
29.10.2016, 18 Uhr, Dorfner, Gschnon-Montan: Luis Walter
29.10.2016, K.Za., Pardeller, Welschnofen: Waltraud Mittich
30.10.2016, 13.30 Uhr, Kürbishof, Altrei: Marianne Ilmer Ebnicher
12.11.2016, 17 Uhr, Thurnerhof, Schenna: Franz Spiegelfeld
18.11.2016, 20.30 Uhr, Sigmund, Meran: Ferruccio Delle Cave
18.11.2016, 19 Uhr, Sunnegg, Brixen: Arno Dejaco
19.11.2016, 19 Uhr, Oberraut, Amaten-Bruneck: Maria C. Hilber
26.11.2016, 15.30 Uhr, Grill-Tisens: Waltraud Holzner