Gesellschaft | Drusus-Kaserne

„Habe nur meine Pflicht getan“

Während Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer von einem Abbruch des Dialoges spricht, erklärt Bürgermeister Pinggera, dass er nur seine Pflicht erfüllt habe.
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Foto: Facebook/Dieter Pinggera
Wie berichtet hat der Bürgermeister von Schlanders, Dieter Pinggera, am Dienstag, den 4. Oktober um 17.38 Uhr eine Abbruchverfügung unterzeichnet, mit welcher zwei Gebäude, das sogenannte Kommando-Gebäude sowie die Palazzina Misurata, auf dem Militär-Areal in Schlanders abgerissen werden sollten. Am nächsten Morgen wurden bereits in aller Herrgottsfrüh die Bagger aufgefahren, die mit dem Abbruch begonnen haben und erst mit einer Verfügung durch das Landesdenkmalamt gestoppt wurden. Wollte Bürgermeister Pinggera mit dieser drastischen Aktion einer drohenden Schutzmaßnahme zuvorkommen, die das Projekt, welches die Gemeinde jahrelang vorangetrieben hatte und kurz vor der Umsetzung stand, torpediert hätte? Oder war Gefahr im Verzug?
 
 
 
 
Salto.bz gegenüber erklärte Bürgermeister Dieter Pinggera, dass der Generalsekretär der Gemeinde, Georg Sagmeister, in seiner Funktion als Eigentumsvertreter ihm vor rund einer Woche auf diverse Missstände hingewiesen habe und darauf, dass er nicht mehr bereits sei, die Verantwortung zu übernehmen. Auf die Missstände angesprochen, erklärte der Schlanderser Bürgermeister, dass die betreffenden Gebäude zwar immer wieder abgeschlossen worden seien, es aber dennoch zu unbefugten Betretungen gekommen sei. Nachdem sich die Gebäude in einem baufälligen Zustand befinden, sei es immer wieder zu gefährlichen Situationen gekommen. Letzthin habe sich auch ein Obdachloser einquartiert. „Wir haben uns als Verwahrer und Eigentümer große Sorgen gemacht. Für uns war klar, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis es zu einem gröberen Unfall kommt“, so Pinggera, der auf eine ausführliche Fotodokumentation verweist, welche den schlechten Zustand des Gebäudes untermauert. „Der Verwahrer hat uns klipp und klar erklärt, dass er nicht mehr bereit ist, die Verantwortung zu tragen und hat uns angehalten, den Abriss vorzunehmen, da ansonsten Gefahr im Verzug besteht“, so der Bürgermeister, der betont, dass dies ausschlaggebend für die Abbruchverfügung gewesen sei. Diese Dringlichkeitsmaßnahme sei auch nicht, wie berichtet, aus heiterem Himmel erfolgt, sondern binde sich in einen langen Entscheidungsprozess ein, in welchem die einstimmige Entscheidung des Gemeinderates, die im vergangenen Jänner getroffen wurde, umgesetzt werden sollte.
 
 
 
 
Konkret geht es dabei um ein Projekt, an welchem die Gemeinde Schlanders bereits seit mehreren Jahren arbeitet. Das ca. drei Hektar große Militärareal wurde im Jahr 2010 an das Land abgetreten, welches das Gelände mitsamt den Gebäuden für rund zwei Millionen Euro drei Jahre später wiederum an die Gemeinde Schlanders verkaufte. 2011 wurde ein Bürgerbeteiligungsprozess eingeläutet, in welchem unter anderem Workshops abgehalten und Fragebögen ausgefüllt wurden. Nach einer internationalen Auschreibung, aus der die DeA GmbH aus Rom als Sieger hervorging, wurde 2017 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die dem Gemeinderat 2018 vorgestellt wurde. Diese sah den Abriss von drei der vier Gebäuden und die schrittweise Veräußerung an private Investoren vor. Schlanders sollte dadurch ein Gewerbegebiet und Wohnraum erhalten. Ein kleiner Teil, in welchem sich der Social Activation Hub BASIS Vinschgau Venosta angesiedelt hatte, sollte jedoch in öffentlicher Hand bleiben.
 
Im Prinzip kommunizieren wir seit eh und je, dass wir schrittweise an der Umsetzung dieser genehmigten Konzepte arbeiten und die auf den Beschlüssen des Gemeinderates fußen.
 
„Im Prinzip kommunizieren wir seit eh und je, dass wir schrittweise an der Umsetzung dieser genehmigten Konzepte arbeiten und die auf den Beschlüssen des Gemeinderates fußen“, so Pinggera. Der Abriss dieser Gebäude sei die logische Konsequenz und ein weiterer Schritt in der Umsetzung der genehmigten Konzepte. „Der Gemeinderatsbeschluss vom Jänner ist nur der letzte in einer Reihe von vielen Beschlüssen, mit welchen die Machbarkeitsstudie und die damit in Zusammenhang stehenden Pläne genehmigt wurden“, so der Bürgermeister, welcher erklärt, dass damit der Ausschuss beauftragt worden sei, die Umsetzung voranzutreiben.
Auf die Kritik seitens des Denkmalamtes angesprochen, spielt Pinggera den Ball zurück und erklärt, dass sich das Militär-Areal dreieinhalb Jahre lang im Eigentum des Landes befunden und während dieser Zeit das Denkmalamt nichts unternommen habe. Nach dem Kauf des Geländes habe man angefragt, ob man im Sinne des Konzeptes weiter an der Umsetzung arbeiten könne. „Wir haben nie eine negative Rückmeldung seitens des Denkmalamtes erhalten, dieses ist seit über zehn Jahren über die Pläne im Bilde und woran gearbeitet wird und hat trotzdem nie eine Schutzvorkehrung erlassen“, so Bürgermeister Pinggera, der sich in diesem Zusammenhang auf die Bauleitplanänderungen aus den Jahren 2017 und 2018 beruft, die auch von der Landesregierung genehmigt worden seien. „Mit dieser Genehmigung der Bauleitplanänderung und der Baurechtsflächen ist indirekt der Abbruch und alle weiteren Schritte genehmigt worden“, betont Pinggera, der ausführt, dass darin auch die Konzepte enthalten seien, wie der neue Wohnbau erfolgen soll. Es habe in den vergangenen Jahren öfters Treffen in Form von Lokalaugenscheinen und Begehungen mit Vertretern des Denkmalamtes gegeben.
 
Ich habe immer deutlich erklärt, dass wir nie und nimmer akzeptieren können, dass Schutzvorkehrungen getroffen werden.
 
„Mit der Landeskonservatorin, Karin Dalla Torre, wurde vereinbart, dass Untersuchungen vorgenommen werden sollen. Ich habe diesen Untersuchungen im Sinne der Dokumentation zugestimmt, habe aber immer deutlich erklärt, dass wir nie und nimmer akzeptieren können, dass Schutzvorkehrungen getroffen werden“, so Pinggera und betont, dass immer nur über Dokumentation gesprochen worden sei, aber zu keinem Zeitpunkt, dass diese Dokumentation auch Grundlage für Schutzbestimmungen sein soll.
„Nachdem das Denkmalamt den Baustopp erwirkt hat, prüfen wir nun unsere Rechtsposition“, erklärt der Bürgermeister von Schlanders und verweist auf eine Begehung, die mit dem Bauamt und dem Denkmalamt abgehalten werden soll. Gemeinsam wolle man die rechtliche Situation erörtern. „Wir als Gemeindeausschuss und ich als Bürgermeister haben nichts anderes getan, als die Beschlüsse, die sowohl im Gemeinderat als auch in der Landesregierung getroffen worden waren, umzusetzen. Wir haben nur unsere Pflicht getan“, so Pinggera.
 
 

„War nicht notwendig“

 
Die Landeskonservatorin Karin Dalla Torre sowie Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer, in deren Zuständigkeitsbereich die Denkmalpflege fällt, sehen das allerdings anders. Wie Dalla Torre in ihrem Interview mit Salto.bz erklärt, habe es eine Vereinbarung zwischen der Gemeinde und dem Denkmalamt gegeben, wonach mit weiteren Schritten bis zum Abschluss der Bauforschung abgewartet werden sollte. „Diese Vereinbarung wurde allerdings von Bürgermeister Pinggera gebrochen“, so Dalla Torre, die weiters ausführte, dass sie sich mehrere Male gegen einen geplanten Abriss des Kommando-Gebäudes ausgesprochen habe. „Den Dialog zwischen dem Landesdenkmalamt und der Gemeinde abzubrechen, war in keiner Weise notwendig“, kommentiert auch Landesrätin Hochgruber Kuenzer die Vorgangsweise des Bürgermeisters von Schlanders.
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Factum Est Do., 06.10.2022 - 16:00

Gewerbezone? Schlanders hat eine Industriezone nahe an der Fraktion Vetzan. Die Bürger dort verstehen manche Gangarten der Gemeinde nicht. Bei Schlanders Ost wurde vor Jahrzehnten eine Zone erschlossen in welcher in den letzten paar Jahren Bewegung gekommen ist aber Gewerbe findet wenig statt. Dann gibt es zwar die Gewerbezone nahe des Kasernengeländes. Auch Diese wurde vor Jahrzehnten ausgewiesen, aber Gewerbe findet auch dort nur lückenhaft statt. Wenn schon hätte man die Obstgenossenschaft GEOS schon vor Jahren nach Osten auslagern sollen um überhaupt den Schwerverkehr auf die Vinschger Hauptstrasse zu verlagern und die „capanone“ der Kaserne daneben nicht mit Wohnungen für Polizeikräfte bebauen sollen.
Zuletzt noch ein Gedanke zu den Mauerbeständen der Kaserne. Unweit der Palazzina Misurata findet der Bürfermeister einen Marescallo i.P. welcher Jahrelang für den Erhalt der Kasernengebäude zuständig war. Wieso werden nicht solche Personen kontaktiert?

Do., 06.10.2022 - 16:00 Permalink