Wirtschaft | Arbeit

Ein guter Chef zu sein, ist schwer

Gute Führungskräfte müssen auch die Erwartungen und Bedürfnisse der MitarbeiterInnen berücksichtigen. Fehlt dieses Bewusstsein, verlassen Arbeitskräfte oft den Betrieb.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Fabio Petrini Cgil-Agb

Immer wieder klagen Arbeitnehmer über die Schwierigkeiten im beruflichen Umfeld. Besonders Probleme mit den Vorgesetzten, eine mangelhafte berufliche Auslastung und eine geringe Anerkennung der geleisteten Arbeit kommen häufig zur Sprache. Der Einsatz zum Wohle des Betriebes wird bei der Karriere und den Lohnerhöhungen oft nicht berücksichtigt. Viele Bedienstete klagen, dass meist andere Eigenschaften zählen: Sympathie, Unterwürfigkeit und das Unterlassen von jeglicher Kritik, auch wenn diese möglicherweise positiv und sogar im Interesse des Betriebes wäre. Frustration am Arbeitsplatz sind aber für die Produktivität sehr nachteilhaft.

Eine objektive Beurteilung der jeweiligen Sachlage ist immer schwierig, es gibt aber einige allgemeingültige Merkmale, die man seit geraumer Zeit kennt und die auch wissenschaftlich untersucht wurden. In einem kompliziert gewordenen Arbeitsmarkt ist es immer schwieriger, sich im Job durchzusetzen. Nicht immer hat dies mit dem eigenen Lebenslauf zu tun. Trotz jahrelanger Erfahrung und erworbener technischer Fähigkeiten haben die Mitarbeiter oft Schwierigkeiten mit den Führungskräften, die nicht ausreichend ausgebildet sind, um ein Team zu führen und zu koordinieren. Dadurch wird auch das Unternehmen benachteiligt, denn gute Mitarbeiter ziehen es dann vor, andere Möglichkeiten zu suchen. 

In einer Umfrage in Italien war das Ergebnis klar: Eine der Hauptursachen für die Unproduktivität der Bediensteten sind oft die geringen Kompetenzen ihrer Führungskräfte. Dabei stand häufig nicht die oberste Riege der Unternehmen im Blickpunkt, sondern die mittlere Ebene. Es geht um Teamleiter und
Vorgesetzte, d.h. um diejenigen, die Arbeitsgruppen leiten und die täglich mit den MitarbeiterInnen in Kontakt stehen.Dar Begriff Inkompetenz kann dabei irreführend sein. Es geht nicht um die fachlichen Fähigkeiten des Einzelnen, sondern um seine Führungsqualitäten. Jemand kann seine Arbeit perfekt beherrschen, in der Lage sein, innovative Ideen einzubringen und umzusetzen, aber gleichzeitig unfähig, das Team zu leiten, das diese Aufgaben und Funktionen ausführen muss.

Unternehmen, aber auch öffentliche Verwaltungen, investieren diesbezüglich meist nur in die Ausbildung der Top-Figuren des Unternehmens oder der Verwaltung. Man neigt dazu, die Tatsache, dass auch Büroleiter und direkte Vorgesetzte geschult werden müssen, zu unterschätzen, denn gerade diese Personen müssen ihre Kollegen leiten. Und nicht immer verfügen sie über die nötige Kompetenz, um ein Team für die Erreichung der vorgegebenen Ziele zu motivieren. Manche sind vielleicht beruflich hervorragend ausgebildet und kompetent, aber es fehlt ihnen die Fähigkeit, die Teamarbeit aufzuwerten und zu koordinieren. Es genügt meist nicht nur die praktischen und beruflichen Aspekte der Arbeit organisatorisch zu erfassen und zu verwalten. Man muss auch die persönlichen Aspekte der Mitarbeiter, wie deren Erwartungen und Ambitionen, berücksichtigen.

Bei der bereits zitierten Umfrage gaben 27,3 Prozent der Befragten an, dass das größte Problem bei der Arbeit ein inkompetenter Vorgesetzter ist. Erst danach kommen eine mangelnde technologische Ausstattung, geringe Unterstützung durch das Team, organisatorische Mängel, sowie geringe Flexibilität bei den Arbeitszeiten. Ungeeignete Führungskräfte sind also ein gewichtiger Grund den Arbeitsplatz zu verlassen. Auch wenn das Unternehmen gefällt und das Gehalt angemessen ist, reichen diese beiden Faktoren nicht immer aus, um gute Arbeitskräfte zu halten.

Hierbei kann man Fehler ausfindig machen, die sich wiederholen, wie z.B. eine mangelhafte Empathie. Nur wer zumindest zuhören kann, ist in der Lage einen Mitarbeiter zu beraten, zu seiner Entfaltung beizutragen, dessen Weiterbildung optimal zu organisieren und ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen. Dabei darf man Empathie nicht mit Sympathie verwechseln. Sympathie erschwert oft eine objektive Wahrnehmung der beruflichen Fähigkeiten und fördert Opportunismus, Neid und Missgunst am  Arbeitsplatz. Das Ergebnis ist für viele eine Entfremdung vom und im Betrieb.  Anstatt einen positiven zusätzlichen Beitrag für das Unternehmen zu leisten, überwiegt die Passivität und das Verlangen die Arbeitszeit so schnell als möglich zu Ende zu bringen.

Die Teamleiter fürchtet zudem oftmals die Ambitionen und Fähigkeiten der Mitarbeiter, die in den Teams arbeiten und versucht diese einzubremsen, auch indem er mit Nachdruck immer wieder Grenzen und Limits aufzeigt und manchmal ohne ersichtlichen Grund mit einer übertriebenen Kritik aufwartet.
Besonders lähmend wirkt in einem Team die Angst vor Veränderungen. Wenn jede Änderung des Arbeitsablaufes vom Vorgesetzten kritisiert wird, bewertet man allzu leicht die Mitarbeiter vor allem nach den “persönlichen“ Befindlichkeiten und weniger nach den fachlichen Fähigkeiten: man will Mitarbeiter, die der eigenen Denk- und Arbeitsweise entsprechen und die keine Probleme schaffen. Ziel ist es in der eigenen sogenannten „Komfortzone“ zu verweilen, weil man jegliche Konfrontation vermeiden will. Hier spielt manchmal auch die berufliche Inkompetenz eine Rolle.

Abschließend sollten sich Vorgesetzte nicht nur um die operativen Aufgaben bemühen und sich persönlich um jedes auftretende Problem kümmern. Stattdessen sollte man diese Funktionen delegieren und die Aktivitäten des Teams koordinieren und steuern, um die gesetzten Ziele zu erreichen.
Auch Führungskräfte müssen also verschiedene Fähigkeiten erlernen und üben: Wie kann man die Leadership und die Dynamik in einer Gruppe steuern, wie definiert man Ziele, wie löst man Konflikte im Arbeitsumfeld und wie kann man auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen? Durch Erfahrung und den richtigen Einsatz kann man diese Dinge sicherlich lernen. Um ein guter Vorgesetzter zu sein, braucht es Hingabe, den Willen sich einzubringen und dauernd Neues zu lernen.

Alfred Ebner

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Peter Gasser So., 08.12.2019 - 09:27

Antwort auf von Peter Gasser

Der Artikel behandelt die fehlende Eignung bzw. fehlende Ausbildung von Führungskräften, die ja so heißen, weil sie „Menschen“ führen soll(t)en - ein treffender Beitrag.
Das „Führen“ von Menschen gerät in unserer neoliberalen Zeit zunehmend in Bedrängnis zugunsten der „Rendite“, die man aus der „Nutzung“ dieses Menschens erzielen will.
Wenn dieser Mit-Arbeiter dann älter, krank oder einfach nur gegenüber einem neuen Umfeld einen unpassenden Arbeitsvertrag hat, dann treten „giftigste“ Führungs-Techniken zu Tage, welche nicht mehr Unvermögen sind, sondern ...
ich trink jetzt erst Mal meine Tasse Kaffee und genieße den Ausblick aus dem Fenster, es ist Sonntag.

So., 08.12.2019 - 09:27 Permalink
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kurt duschek So., 08.12.2019 - 10:01

....die Mitarbeiter eines Betriebes sind das wichtigste Kapital! Es pflegen, schützen und fördern ist und sollte im Interesse des Betriebes sein. Ein "Boss" der dies nicht kann wird auch mit seinem Betrieb Schiffbruch erleiden. Stimme dem Artikel in allen Punkten zu !

So., 08.12.2019 - 10:01 Permalink