Umwelt | Bienen

Gemischte Gefahr

Werden eigentlich bienenungefährliche Pflanzenschutzmittel gemischt, können sie zur Gefahr werden. Der Bienenexperte Jens Pistorius rät: Weniger mischen und wachsam sein.
Bienen
Foto: Versuchszentrum Laimburg

Die Botschaft von Jens Pistorius ist klar: Je weniger desto besser. Pistorius leitet das Institut für Bienenschutz am deutschen Julius-Kühn-Institut. Am Mittwoch war er in Südtirol zu Gast, um über ein Thema zu sprechen, das in Imkerkreisen schon lange eines ist: die Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Bienengesundheit.

 

Gefährliche Wechselwirkung

Das Julius-Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturplanzen zählt zu den renommiertesten Forschungseinrichtungen seiner Art in Deutschland – es berät die deutsche Bundesregierung und nimmt unter anderem die Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln im Rahmen laufender Zulassungsverfahren vor. 2016 wurde das Fachinstitut für Bienenschutz eingerichtet, das neben der Zusammenarbeit mit der Laimburg auch für den Südtiroler Imkerbund beratend tätig ist. Seit Anfang 2019 sitzt auch ein Südtiroler im wissenschaftlichen Beirat des Julius-Kühn Instituts: Michael Oberhuber, Direktor des Versuchszentrums Laimburg.

Und genau dort, in der Laimburg, war der Bienenexperte Jens Pistorius am Mittwoch Nachmittag zu Gast. Jetzt, da es bis zur Obstblüte nicht mehr lange hin ist, bahnt sich wie jedes Jahr wieder ein alter Konflikt an: Auf der einen Seite die Imker, die ihre Bienenvölker in die Anlagen bringen, wo sie eine wichtige Bestäubungsarbeit leisten. Auf der anderen Seite die Bauern, die auf die Bestäuber angewiesen sind, zugleich aber auch ihre Pflanzen mit zum Teil bienengefährlichen Mitteln vor Krankheiten und Schädlingen schützen wollen.

Doch nicht nur explizit als bienengefährlich gekennzeichnete Wirkstoffe können für die Bienen zu einer – auch tödlichen – Gefahr werden. Im Pflanzenschutz dürfen verschiedene Produkte mit unterschiedlichen Wirkstoffen in Tankmischungen eingesetzt und ausgebracht werden. Bestimmte Kombinationen von Insektiziden und Fungiziden können dabei zu additiven oder gar synergistischen Wirkungen führen. Das bedeutet, dass eigentlich bienenungefährliche Pflanzenschutzmittel durch die Kombination mit bestimmten Fungiziden plötzlich eine überproportionale Wirkungssteigerung erfahren und dadurch eine Gefahr für die Bienengesundheit darstellen können.

 

Weniger und achtsamer

Und um genau diese Problematik ging es im Vortrag von Pistorius am Mittwoch in der Laimburg. Wie können Pflanzenschutzmittel – wenn schon nicht darauf verzichten wird bzw. werden kann – bienensicher angewandt werden?
“Man kann nicht pauschal sagen, dass alle Tankmischungen zu einer Gefährdung der Bienen führen – es ist genau darauf zu achten, welche Wirkstoffe und in welchen Kombinationen man mischt”, erklärt Pistorius. Doch bei 350 Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in der EU und angesichts der Vielzahl an eingesetzten Kombinationen – je nach Region und Kulturen, die dort angebaut werden bzw. Schädlingen, die dort vorhanden sind –, sei es unmöglich, alle Mischungsmöglichkeiten systematisch zu überprüfen. Sprich, es kann nicht festgestellt werden, welche Wirkstoffe wie kombiniert eine bienengefährliche Wechselwirkung entfalten können.

Insofern ist der erste Rat, den Pistorius für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Obstbaugebieten gibt, der naheliegendste: So wenig wie möglich mischen. “Bei Tankmischungen sollte die Anzahl der Mischungspartner möglichst gering gehalten werden.”

Davon abgesehen sei ein wachsamer Umgang mit Pflanzenschutzmitteln generell zu empfehlen und es gelte, Auflagen und Anwendungsbestimmungen einzuhalten – die Mittel etwa spät abends bzw. nachts ausbringen, wenn keine Bienen mehr fliegen – , so der Appell des Bienenexperten. “So kommen die Bienen frühestens am nächsten Morgen in Kontakt mit eventuellen Rückständen.”

 

Gemeinsam für die Biene – das war das öffentliche Statement von Forschung, Land- bzw. Obstwirtschaft, Imker und Politik nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der APISTOX-Studie Anfang 2017. Einiges hat sich seither getan: eine Vereinbarung zum Bienenschutz wurde unterzeichnet, mit APISTOX II 2018 ein Folgeprojekt in Angriff genommen. Das Versprechen, sich für die Bienengesundheit einzusetzen – zumindest was die Wissenschaft anbelangt – wurde am Mittwoch von Klaus Marschall, Leiter des Instituts für Pflanzengesundheit an der Laimburg erneuert. “Bienen leisten durch ihre Bestäubungsarbeit einen unschätzbaren Beitrag für das gesamte Ökosystem. Als Forschungsinstitution für die Südtiroler Landwirtschaft ist darum auch die Forschung zum Thema Bienengesundheit von großer Bedeutung.”