Kultur | Salto Weekend

Kinoflatrate made in Austria

Was Streaming-Dienste können, kann das Kino schon lange – sollte man meinen. Einen essenziellen Unterschied versucht nun ein österreichisches Abomodell auszubügeln.
Non-Stop
Foto: Non-Stop

In Anbetracht großer Konkurrenz seitens der Streaming-Dienste wie etwa Netflix, Amazon Prime oder neuerdings auch Disney+, muss sich das traditionelle Kino nach neuen Möglichkeiten umsehen, Kunden zu gewinnen. Der augenscheinlichste Unterschied zwischen dem Heimkino mit seinem (scheinbar) unbegrenzten Angebot, und der klassischen Kinodistribution ist, dass man im Lichtspielhaus beinahe so viel für das einzelne Ticket zahlt, wie Streaming-User für einen ganzen Monat Unterhaltung. Dem Kino laufen die Zuschauer*innen weg, so tönt es seit Jahren und Jahrzehnten immer wieder von den Dächern.
 

Nirgendwo anders erhält das Publikum ungefilterte Filmkunst. Die Streaming-Dienste mögen über das breitere Angebot verfügen, leider geht in den meisten Fällen Quantität aber über Qualität...


Die Krise des Kinos ist eine unsterbliche, scheint es, und es stimmt, die Zahlen sind besonders im Programmkinobereich oftmals wenig berauschend. Dennoch gibt es das Kernpublikum, welches sich für das Erleben cineastischer Erzählungen auf der Leinwand begeistert, dies weiterhin tut und tun wird, und den Gang von der heimischen Couch hinaus in die Stadt, in die Kinos, in Säle, nicht scheut. In Österreich hat sich ein Zusammenschluss wichtiger Programmkinos nun für einen Schritt in Richtung ihres zahlenden Publikums entschieden, und zwar indem es das Abomodell der Online-Konkurrenz nimmt, und für sich adaptiert. „Non-Stop“, nennt sich das Angebot, welches voraussichtlich ab 16. März (Vorverkauf ab 9. März) in Wien, Graz, Linz, Krems, Freistadt, Salzburg und Innsbruck startet. Unter den teilnehmenden Kinos finden sich welche der schönsten und besten, etwa das Gartenbaukino, oder das Filmcasino in Wien. Für 22 Euro (U26) bzw. 24 Euro pro Monat ist man dabei und kann sich das reichhaltige Programm aktueller Kinostarts ohne weitere Kosten zu Gemüte führen. Es ist ein klassisches Abo, bloß über mehrere Kinos verteilt. Wie jüngst bekanntgegeben, fallen aber (noch) nicht alle Filme, die im Programm der Kinos laufen, auch in die Pauschale. Neuerscheinungen von Universal etwa, zum Beispiel „Tár“ oder „The Fabelmans“, sind nicht im Abo enthalten, entsprechende Verhandlungen laufen, heißt es von Seiten der Veranstalter.

 


„Non-Stop“ ist sicherlich ein Pilotprojekt. Es soll getestet werden, ob das erfolgreiche Modell von Netflix und Co. auch in die „analoge“ Welt zu übertragen ist. Möglicherweise stellt es ein Zukunftsmodell dar, nach dem sich in einigen Jahren alle Kinos des Landes, aber auch der benachbarten Länder, orientieren. Denn die Zahlen der Streaming-Dienste steigen unaufhörlich. Das traditionelle Kino tut gut daran, sich nicht auf der geringen Stammkundschaft auszuruhen, sondern nach neuen Möglichkeiten, Menschen für sich zu begeistern, zu suchen. „Non-Stop“ oder ähnliche Angebote könnten dabei helfen. Nicht selten ist der finanzielle Aspekt Grund, dem Kinobesuch eine Absage zu erteilen. Wer nun mindestens zwei, besser aber noch öfter pro Monat einen Film ansieht, für den lohnt sich das Abo. Wer dies bisher noch nicht getan hat, sondern sich nie oder nur ein Mal alle dreißig Tage ins Kino verirrte, für den ist das Abomodell vielleicht ein Anreiz, dies öfters zu tun. Denn das Kino ist in seiner traditionellen Form noch immer Film in Reinform. Nirgendwo anders erhält das Publikum ungefilterte Filmkunst. Die Streaming-Dienste mögen über das breitere Angebot verfügen, leider geht in den meisten Fällen Quantität aber über Qualität, sodass man sich leicht im Dickicht des Streaming-Dschungels verirrt. Letzten Endes läuft oft das, worauf man beim Scrollen hängenbleibt. Im Kino entscheidet man sich bewusst, löst den Film von jenem furchtbar modern gewordenen Begriff „Content“, und lässt ihn atmen, frei von Konkurrenz, die einen Klick weiter wartet, lässt den Film sein Publikum verzaubern, staunen, die Stirn runzeln, verärgern, jedenfalls: Konfrontieren.
Ob „Non-Stop“ von Erfolg gekrönt ist, muss sich zeigen. Auf jeden Fall ist der Schritt der Programmkinos zu begrüßen, wirkt beinahe ungewöhnlich mutig. Vielleicht schwappt der Erfolg dann auch nach Südtirol, und lockt fortan wieder mehr Menschen an den Ort, der abertausende Leben bereithält, Leben, die anders sind, als das eigene, und von denen man lernen kann. Vorausgesetzt, man sieht hin.