Gesellschaft | der neurobiologe Gerhard Roth zu gast in Innsbruck

" es kann auch eine bambushütte sein"

wie lernen gelingt - wovon hängt der lernerfolg ab und wie muss unterricht entsprechend gestaltet werden. so der titel des vortrages des neurobiologen Gerhard Roth.
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das war die antwort auf meine frage an den renomierten neurobiologen Gerhard Roth, inwieweit architektur und raum sich auf lernen im allgemeinen auswirken, bzw wie eine optimale lernumgebung aussehen kann.

anlass seines besuches war ein vortrag im rahmen der sommerhochschule in innsbruck, veranstaltet von der pädagogischen hochschule tirol am heutigen 7.juli 2014. dort erläuterte Roth den anwesenden pädagogen, im schulsystem agierenden und interessierten zuhörern erfolgversprechende oder unterstützende methoden der unterrichtsgestaltung.

gleich zu beginn fällt die erste gewichtige aussage: vertrauen ist der zentrale schlüssel zum "gehirn" von kindern. das fängt schon bei der mimik des lehrers an, führt über sprache, sprachmelodie, lautstärke, weiter über seine körperhaltung. nur ein vertrauenswürdiges, kompetentes gegenüber kann die aufmerksamkeit und interesse von schülern wecken. 

die wirksamkeit von verschiedenen ( alternativen) lernkonzepten sei nicht empirisch belegbar, so Roth. und so taucht im vortrag auch die hattie studie auf. die studie, die über 800 metastudien (50.000 Einzelstudien mit 250.000 beteiligten schülern) vereint und anhänger von alternativen lernformen erblassen lässt. in dieser studie werden einflussfaktoren und deren effektstärke in einem ranking erfasst. während an oberster stelle der einflussfaktor lehrer oder etwa lehrer-schüler feedback steht, finden sich beispielsweise der einfluss der klassenstärke oder alternative lernformen weit hinten im ranking.

Roth erläut die unterteilung des gedächtnisses und unterstreicht die wichtigkeit des episodischen gedächtnisses in zusammenhang mit gelungenem lernen. das autobiografische und das quellengedächtnis sammelt sozusagen alles was uns als person angeht und wird gemeinsam mit emotionalen erlebnissen in der rechten hirnhälfte gespeichert. die linke hemisphäre gibt dem fachwissen raum. kleine kinder erreicht der lehrer vor allem mit lerninhalten die auf das episodische gedächtnis ausgerichtet sind, also die emotionen und ihre persönlichkeit berühren.

aufmerksamkeit, motivation und emotion stellt Roth ins zentrum gelungenen lernens. dabei erzählt er von einer der vielen klassengemeinschaften, die er im zuge seiner studien regelmässig besucht: wie wurde die dortige ruhe in der klasse erzielt? durch anfängliche intensive auseinandersetzung und gesprächen mit den schülern. die beziehung muss sozusagen hergestellt werden. wiederum ein indiz dafür dass vertauen und gegenseitiger respekt ein positives grundklima schafft um optimale lernbedingungen zu erziehlen.

die lehrerschaft muss sich öffnen. lehrerteams, am besten fächerübergreifend gestalten idealerweise einen tag, der ein thema von verschiedenen perspektiven her beleuchtet. da wäre etwa die pyramide in mathematik. das thema kann auch in deutsch behandelt werden oder in der fremdsprache. dabei ist der austausch zwischen den lehrenden und das feedback von den schülern zentral. weniger ist mehr. also kein berg an stoff, der in einer stunde durch muss, sondern soviel stoff, wie effektiv ankommt. ankommen, statt durchkommen.

die schule muss sich vom 45 minuten takt verabschieden, so Roth. ein gelungener schultag beginnt mit einem austausch mit den schülern: wo steht unser wissen derzeit? frontalunterricht dient der wissensvermittlung und auch hier gibts tipps und tricks vom neurobiologen, wie man aufmerksamkeit am laufen hält. die wichtige gruppenarbeit vertieft das wissen und ein zusammenfassender wiederholender block, indem kinder aktiv durch diskussion miteingebunden werden stellt neben etwa nachmittäglichen einzelaufgaben (individuell abgestimmt) für schüler den abschluss des tages.

in bezug auf meine frage an herrn Roth betreffend architektur und lernen und die leider magere antwort, dass es wenige oder gar keine studien auf diesem feld (neurologischer natur) gibt, bleibt mir nur ein fazit: lernräume müssen eine vertraute atmosphäre transportieren können, bzw das potential haben zur vertrauten umgebung zu werden. wir brauchen räume, die sich kinder und lehrer aneignen können. räume, die sich auch etwa während einer schulwoche, schulmonat oder schuljahres flexibel gestalten lassen. die wahlmöglichkeit zwischen introvertierten oder exponierten räumen, die möglichkeit freiflächen innen wie aussen zu nutzen muss gegeben sein.

vor allem brauchen wir eine sensibilisierung der lehrerschaft und folglich auch der kinder auf raum und architektur. denn auch der raum bildet den menschen. das wird nicht nur in der neurowissenschaft, sondern auch in der lehrerbildung ignoriert. so wird die antwort von dr Roth zum motto: lasst uns eine bambushütte bauen und dort schule machen!

 

(the green scool: https://www.youtube.com/watch?v=HD4bpztESWw)

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Nord licht -r Di., 08.07.2014 - 22:18

ja Oliver, über das vernetzen und in die tiefe dringen habe auch schon ich im beitrag ........."lebensschule statt lernschule"........geschrieben. und du hast recht, das elternhaus, bzw die elternarbeit und der soziale hintergrund ist von großer bedeutung. (dieser Faktor findet sich auch bei Hattie ganz weit oben im ranking). "ein kind zu erziehen braucht es ein ganzes dorf" sagt ein afrikanisches sprichwort. dem kann ich persönlich viel abgewinnen............................... deine alte schule kenn ich....die wurde in etwa gebaut, als ich die gegenüberliegende mit maturaschein verlassen durfte ;-) wir witzelten damals über das "schulghetto" : raus aus der belebten stadt, über den verschlafenen waldheimweg bis zu der großen box, in deren gängen wir dann in den fünf minuten pausen uns auch mal die füße vertreten durften................................. die skulptur an den toren deiner ex schule deute ich so... kinder, ihr freigeister, euch werden wir auch noch hinbiegen .... es sollte doch umgekehrt sein... vom mensch zur spirale: dem jungen menschen freiraum geben, lernen entscheidungen zu treffen, seine stärken entdecken, die fühler ausstrecken, nach anderen kulturen....

Di., 08.07.2014 - 22:18 Permalink