Kultur | Salto Afternoon

Ein Club, ein Gefühl...

Klaus Niederstätter ist seit etwas mehr als einer Woche Präsident des Meraner "ost west club est ovest". Ein Antrittsgespräch.
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Foto: Ost West Club

salto.bz: Erzählen Sie doch zunächst von Ihrer ersten Erinnerung, die Sie im Zusammenhang mit dem Meraner "ost west club" haben?

Klaus Niederstätter: Ich bin mit einem guten Freund in den ost west club gegangen und wir haben Carom gespielt, eine Art „Fingerbillard“. Die lockere Atmosphäre und die Aufgeschlossenheit der Mitglieder haben mir sofort gefallen. Sogar die etwas „abgewrackte“ Location fand ich klasse, es fühlte sich an, als ob man in irgendeiner Großstadt irgendwo auf der Welt wäre, vielleicht könnte man die Stimmung mit den Worten kosmopolitisches Flair beschreiben. Ein Ort zum Wohlfühlen halt.

 

Sie wurden vergangene Woche zum Präsidenten des Vereins/Clubs "ost west club est ovest" gewählt – ein Amt, dass Sie bereits seit Jahren anstreben und welches Sie mit Stolz erfüllt?

Ich habe dieses Amt nie angestrebt. Natürlich fühle ich mich geehrt, dass mir der Vorstand das Vertrauen ausgesprochen, und die Mitgliedervollversammlung mich gewählt hat. Ich würde allerdings nicht von Stolz, sondern vielmehr von Respekt sprechen. Diesen Respekt bringe ich auch unserem aus dem Amt geschiedenen Präsidenten entgegen. Erwin Seppi hat sich in den fünf Jahren seiner Präsidentschaft leidenschaftlich für den Verein engagiert und viel Zeit und Nerven investiert. Die Zeiten waren nie leicht.
Die Führung des Vereins in einer so schwierigen Phase zu übernehmen, hat mich sehr nachdenklich gestimmt und ich habe es mir gut überlegt, ob ich diese Verantwortung auch übernehmen will. Es geht über die soziokulturelle Tätigkeit hinaus auch um die Sicherung von Arbeitsplätzen; vier Menschen verdienen im ost west club ihren Lebensunterhalt und dies auch weiterhin zu garantieren, ist mir in Coronazeiten eines der wichtigsten Anliegen.

Der "ost west club" stand immer wieder vor der Schließung. Warum ist er nicht totzukriegen?  Warum rafft er sich irgendwie immer wieder auf und blüht weiter. Haben Sie eine Erklärung?

So krass würde ich es nicht formulieren, es gab in der 37jährigen Vereinsgeschichte sicherlich viele Aufs und Abs, doch es gab immer wieder Menschen, die sich engagierten und diese Utopie weitertrugen. In Bezug auf die jüngere Vereinsgeschichte kann ich sagen: wir haben immer gekämpft. Auch in sehr schwierigen Zeiten, wo wir teilweise nicht mehr wussten, ob wir den „Laden“ womöglich schließen müssen, haben wir – und damit meine ich den Vorstand, die Mitarbeiter, die Mitglieder und all unsere Unterstützer – immer an den Club geglaubt; ohne diese Überzeugung, dass der ost west club nicht nur Unterhaltung bietet, sondern in gewisser Weise auch einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leistet, wären wir nicht mehr hier. Wenn wir uns beispielsweise die Situation im ost west Country Club auf dem ehemaligen Minigolfgelände ansehen, so ist das Bespielen dieses schönen Ortes nur möglich, weil viele helfende Hände dazu beitragen; wollte man dieses Unterfangen mit bezahltem Personal betreiben, wäre dies ein Ding der Unmöglichkeit. Und dieser Zusammenhalt ist – wie in vielen anderen Vereinen auch – aus meiner Sicht essenziell.

Wir stehen für Respekt, Toleranz und Vielfalt oder wie hat es ein Mitglied mal an die Club-Wand gepinselt: Der Club ist kein Ort, sondern ein Gefühl.

Der "ost west club" legt seit einigen Jahren stark an zahlenden Mitgliedern zu. Was ist das Erfolgsrezept?

Bestimmt trägt das vielfältige Angebot dazu bei, denn es ist wirklich für jederfrau und jedermann etwas dabei. Ein weiterer Punkt ist mit Sicherheit die Tatsache, dass bei uns alle willkommen sind, unabhängig von Sprache, Herkunft, Alter, etc. Für alle, die sich an die Regeln des Miteinanders halten, stehen unsere Türen offen und die Abende, an denen unser Publikum sehr bunt gemischt ist, sind für mich die schönsten.


Immer wieder wurde auch über einen möglichen Umzug des Clubs gesprochen. Wie ist Ihre Denke zu diesem Vorhaben? Und wie ist der Stand der Dinge?

Viele unserer Mitglieder hängen stark am aktuellen Vereinslokal in der Passeirergasse, zumal die Räumlichkeiten ein ganz eigenes Flair ausstrahlen: versifft und charmant zugleich, viele Details, die im Laufe der Jahre dazugekommen sind, machen das Lokal zu etwas Speziellem. Andererseits ist das Clublokal schlichtweg zu klein und es befindet sich mitten im Steinachviertel; ein Umstand, der uns immer wieder in schwierige Situationen mit manchen Nachbarn gebracht hat. Ein Umzug ist aus den obgenannten Gründen unabdingbar. Unser Objekt der Begierde ist – wie seit Längerem bekannt – das Ex-Bersaglio-Gebäude in der Schießstandstraße, dessen Eigentümer der Sportclub Meran ist. Es handelt sich um ein wunderschönes, ensemblegeschütztes Haus, wo die beiden Meraner Sportvereine und der ost west club gemeinsam unter einem Dach Platz finden sollen, ein meines Erachtens wichtiges Signal und ein Signal in Hinblick auf das konstruktive Zusammenspiel unterschiedlicher Disziplinen, Interessen und Sprachgruppen. Bis es soweit ist, wird allerdings noch einiges an Zeit verstreichen und Corona hat sich natürlich auch negativ auf den Zeitplan ausgewirkt.

 

Vor kurzem wurde die neue "Campus M"-Kulturstätte für ein ehemaliges Meraner Kasernenareal vorgestellt. Dieser Ort wurde bereits einmal mit Kultur bespielt, das Projekt scheiterte. Ist "Campus M" nun ein neuer Konkurrent auf dem Veranstaltungssektor? Ein leicht durchschaubares Wahl-Manöver? Eine Seifenblase? Oder ein neuer starker Partner?

Ich würde nicht von Scheitern sprechen. Die von der Gruppe Kulturschaffender modular(t), allen voran Besay Mayer und Stephan Pircher, organisierten und vom Verein Freiraum K getragenen [un]defined Festivals basierten hauptsächlich auf ehrenamtlichen Einsatz, damals fehlte vielleicht der politische Wille dieses Projekt finanziell gebührend zu unterstützen. Durch diese Festivals wurde den Bürgern die Möglichkeit eines Kreativviertels vor Augen geführt und viele waren begeistert. Soweit ich informiert bin, basiert Campus M auf ein von den [un]defined Initiatoren Mayer und Pircher erstellten Projekt aus dem Jahr 2018, als es um die Kandidatur von Meran als Kulturhauptstadt ging, MI.ME – eine kleine Anekdote am Rande, das erste [un]defined Festival im Pulverturm und das zweite im sogenannten Pidocchietto/Dopolavoro ferroviario wurden vom ost west club getragen.
Campus M erscheint mir eine spannende Initiative zu sein und alles, was Kultur bietet, ist grundsätzlich zu begrüßen. Was dann de facto umgesetzt wird, zeigt sich im Laufe der Zeit. Aus Erfahrung können wir vom ost west club sagen, dass zwischen Ideenfindung und Realisierung eines Projektes ein langer Weg liegt und immer wieder ist zu beobachten, dass Kunst- und Kulturschaffende an dieser Herausforderung auch scheitern. Einen wesentlichen Faktor stellt in diesem Zusammenhang die Finanzierung derartiger Vorhaben dar; steht ausreichend Geld zur Verfügung, ist Vieles möglich und vor allem auch einfacher. Darum bin ich gerade in diesen Zeiten, wo das Geld knapper wird und Einsparungen eben auch im kulturellen Bereich stattfinden, vorsichtig bei der Bewertung dieses Projektes. Der ost west club ist grundsätzlich aufgeschlossen für jedwede Zusammenarbeit, sofern sie mit den Werten und Zielen des Vereins konform gehen und mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen umsetzbar ist.

 

Welche Veranstaltung im Club wird Ihnen immer in Erinnerung bleiben?

Ich nenne zwei Veranstaltungen, die mir auf Anhieb einfallen. Dies war einerseits ein Diskussionsabend, wo im Zuge des ZigoriClubs mit Markus Lobis der Landeshauptmann zu Beginn seiner Legislaturperiode als Gast geladen war. Das war schon ein großer Moment für uns, eine so prominente Persönlichkeit im ost west club begrüßen zu dürfen. Dass Arno Kompatscher damals dann auch noch die Stadtpolizei besänftigt hat, die aufgrund von Anrainerbeschwerden bei uns an jenem Abend vorbeischauen musste, fand ich genial, weil er es auf eine sehr spitzbübische Art und Weise gemacht hat. Die zweite Veranstaltung, an die ich super Erinnerungen habe, war eine musikalische, und zwar die Indian Disco Night, wo das Duo der Prem Pramanas im Club sehr speziellen Sound aufgelegt haben und Teile des Lokals genial trashig gestaltet wurden.

Was wäre Meran ohne den "ost west club est ovest"?

Der ost west club ist aus Meran nicht mehr wegzudenken, zumal es sich um einen Verein handelt, den es in dieser Form in Südtirol kein zweites Mal gibt. Es würde auf jeden Fall ein lebendiger, vielfältiger Ort fehlen, der Kulturschaffenden jeglicher Couleur eine Plattform bietet. Wir stehen für Respekt, Toleranz und Vielfalt oder wie hat es ein Mitglied mal an die Club-Wand gepinselt: Der Club ist kein Ort, sondern ein Gefühl. Man sagt uns nach, der ost west club sei einer der wichtigsten Impulsgeber für Alternativkultur. Er würde vielen Menschen fehlen und es ist zu hoffen, dass der Verein auch weiterhin aktiv bleiben kann und diese Verantwortung trägt nicht ausschließlich die Vereinsführung.