Kultur | Fraktur

Weder Juden- noch Nazischrift

Einen seltenen Neuzugang in ihrem Haus nimmt die Leiterin des Schreibmaschinenmuseums zum Anlass, um auf “die unbegründete Verurteilung der Frakturschrift” hinzuweisen.
Fraktur-Schriftzug
Foto: commons.wikimedia.org

Seit kurzem ist das Schreibmaschinenmuseum “Peter Mitterhofer” in Partschins um ein ganz besonderes Exponat reicher: eine äußerst seltene Torpedo 6 Schreibmaschine mit Frakturschrift, die zwischen 1927 und 1936 in Gebrauch war. Nach Partschins gebracht hat die Schreibmaschine Timm Luckhardt aus Kassel. Der an historischen Schriften interessierte Kunsthistoriker hatte das Exemplar in einem Antiquitätengeschäft zum persönlichen Gebrauch erworben und es nun durch die Nutzung derselben Schrifttype am PC ersetzt.

 

Auch eine von Peter Mitterhofers Schreibmaschinen – das 5. Modell – besaß Frakturschrifttypen. Man vermutet, dass er sich diese Typen in einer Druckerei besorgt hat, vielleicht in der Eberleschen Druckerei in Bozen, wo er die Plakate für seine Abendunterhaltungen drucken ließ.

Der Neuzugang in ihrem Haus veranlasst Museumsleiterin Maria Mayr, “die unbegründete Verurteilung der Frakturschrift” – 2019 wurde auch auf salto.bz dazu diskutiert – aufzuzeigen:

Die Fraktur war über 400 Jahre (seit dem 16. Jahrhundert, Anm.d.Red.) im Wesentlichen die Buch- und Verkehrsschrift im deutschen Sprachraum und bis 1941 die offizielle Amtsschrift im “Deutschen Reich”. In anderen Ländern hatte sich dagegen die klarer gegliederte schnörkellose Antiqua durchgesetzt.

 

Ab 1939 wurden die gebrochenen Schriften wie die Frakturschrift allerdings zum Thema einer zunehmend rassistisch-antisemitischen Polemik, bis sie schließlich 1941 auf Befehl von Adolf Hitler in Deutschland verboten-, und als “Judenletter” gebrandmarkt wurde.

 

Da das Arbeiten in einer Druckerei in jener Zeit, als die Schrift entstand, für Juden jedoch verboten war, ist es kaum möglich, dass diese Schrift von einem Juden erfunden wurde. Aus demselben Grund ist es ebenfalls nicht möglich, dass diese Schrift von jüdischen Druckereibesitzern verbreitet wurde.

Paradoxerweise werden aber auch heute noch gerade die Frakturschriften oftmals mit Antisemitismus, dem Dritten Reich oder dem rechtsradikalen Neonazismus in Zusammenhang gebracht.
Insbesondere die unbegründete Verurteilung der Fraktur nach dem III. Reich als “nationalsozialistische Schrift”, sorgte im Zeitraum von 1945 bis 1960 dafür, dass die Fraktur nahezu vollständig aus der deutschsprachigen Buch- und Lesetypografie verschwand.


Detail am Rande: Die Dolomiten verwenden bis heute Fraktur noch im Zeitungstitel.