Kultur | Geschichte

Grödner NS-Eifer

Die Grödner Historikerin Elfriede Perathoner über die Zerrissenheit der Ladiner während der Option, den Widerstand in Gröden und die Internierung der Dableiber.

Was die Ladiner verbindet, sind in erster Linie ihre Sprache, ihre Kultur, ihr Brauchtum, die geographische Lage und zum Teil ihre Geschichte. Gemäß des Prinzips des „divide et impera“ und um die Identität der Ladiner zu schwächen, wurden die Ladiner von den Faschisten 1927 endgültig auf die drei Provinzen Bozen, Trient und Belluno aufgeteilt. Der Nationalist und Faschist Ettore Tolomei wollte dadurch den „Schandfleck Ladinien mit aller Macht beseitigen.“ Diese aufgezwungene Dreiteilung der Ladiner besteht bis heute und hat die weitere politische Zukunft dieser Täler unterschiedlich beeinflusst.
Man denke z.B. an die unterschiedlichen Optionsergebnisse in den ladinischen Tälern. So optierten 32% der Gadertaler für Deutschland, in Cortina d‘ Ampezzo waren es nur 4 %, die für das Reich optierten, in Buchenstein waren es 34 %, die sich für das Deutsche Reich entschieden und Gröden erreichte als einziges ladinische Tal fast den Südtiroler Durchschnitt mit mehr als 70%. Das Fassatal wurde vom Optionsabkommen ausgeschlossen.

Gemäß des Prinzips des „divide et impera“ und um die Identität der Ladiner zu schwächen, wurden die Ladiner von den Faschisten 1927 endgültig auf die drei Provinzen Bozen, Trient und Belluno aufgeteilt.

Dass die meisten Ladiner – mit Ausnahme des Fassatales – in das Optionsabkommen aufgenommen wurden, ist äußerst bemerkenswert, bezeichneten die italienischen Nationalisten und Faschisten die Ladiner doch immer als Italiener. Die Faschisten hätten die Ladiner aus diesem Grund nicht zur Option zulassen müssen und hätten ihnen damit viel Unheil erspart. Auch gab es keine Proteste seitens der Ladiner. Auch ein Bekenntnis zum Ladinertum erfolgte 1939 nicht, wie 1915 und 1918, als die Abtretung an Italien bevorstand. So optierten durchschnittlich mehr als 40% der Ladiner für die Aufgabe von Heimat und Volkstum. Fest steht, dass besonders die Grödner vom Deutschen Reich dermaßen verblendet waren, dass sie ihr Ladinertum vergaßen und die Preisgabe ihrer sprachlichen Identität in Kauf nahmen. Dies spiegelt sich nicht nur im Optionsergebnis der Grödner wider, sondern auch in einer Denkschrift, die von Grödner Vertrauensleuten der Arbeitsgemeinschaft der Optanten am 26. Juni 1940 unterzeichnet wurde. Darin heißt es unter anderem, dass die Grödner bereit sind, ihre „herrliche Dolomitenheimat, die schönste Perle deutscher Lande, zu verlassen, um sich und ihren Kindern, das höchste menschliche Gut, ihr Deutschtum, zu erhalten.“ Dadurch wollten sie ihr „hundertprozentiges Deutschtum“ beweisen.


Vom aufkommenden ladinischen Bewusstsein Anfang des 20. Jahrhunderts war wenig übrig geblieben.
Ettore Tolomei bezeichnete die Zulassung der Ladiner zur Option als einen „unverzeihlichen Fehler historischen Ausmaßes.“ Mit dieser Entscheidung akzeptierte nämlich Italien die Ladiner als eigenständige sprachliche Volksgruppe.
2.200 Ladiner verließen bis September 1943 ihre Heimat, 1.100 waren es allein in Gröden. 1943 besetzten die deutschen Truppen Südtirol. Dadurch wurde die Umsiedlungsaktion gestoppt.

„Bereit die herrliche Dolomitenheimat, die schönste Perle deutscher Lande, zu verlassen, um sich und ihren Kindern, das höchste menschliche Gut, ihr Deutschtum, zu erhalten.“

Südtirol gehörte nun zur Operationszone Alpenvorland. Sogar Ampezzo und Buchenstein wurden an Südtirol angegliedert. Die Grenze zu Belluno verlief südlich von Cortina, an der ehemaligen italienisch-österreichischen Grenze. Die Ladiner des Fassatales blieben auch nach 1943 im Zuständigkeitsbereich des Trentino. Mit Ausnahme des Fassatales war somit seit Herbst 1943 das gesamte dolomitenladinische Sprachgebiet mit der Provinz Bozen vereint.
Nach der deutschen Machtübernahme in Südtirol wurde mit den Faschisten abgerechnet. In St.Ulrich wurde der damalige podestà brutal zusammengeschlagen. Die neu eingesetzten kommissarischen Bürgermeister und SOD Kommandanten erwiesen sich als übereifrig. Sie erwiesen sich oft übereifriger als das Oberste Kommissariat in Bozen. So erklärten einige Ulricher Optanten Mitte Juli 1944 unter Beifall: „ Die ladinische Sprache muss samt Putz und Stängel ausgerottet werden!“

„ Die ladinische Sprache muss samt Putz und Stängel ausgerottet werden!“

Übereifrig auch in der Festnahme von Dableibern. Einige angesehene Grödner Dableiber, die aus ideologischen und christlichen Überzeugungen gegen das Deutsche Reich optiert hatten, wurden verhaftet und nach Klausen gebracht. Im Klausner Gefängnis warteten sie auf den Abtransport ins Konzentrationslager. Es war nur der Großherzigkeit eines deutschen Leutnants zu verdanken, dass sie entlassen wurden.
Sehr schlimm traf es die Grödner Dableiber, die bis September 1943 bei der italienischen Armee gedient hatten und als freie Soldaten heimkamen. Am 15. September 1943 wurden 28 Grödner „als politisch unverlässliche“ von einheimischen SOD-Angestellten verhaftet und nach Klausen gebracht. Von dort wurden sie ins Gefangenenlager Hammerstein überstellt. Nicht alle kamen aus den Lagern zurück. Engelbert Mahlknecht z.B. starb am 20. Mai 1944 im Strafgefangenenlager Fullen im Emsland. Todesursache: Unterernährung.
Dass die wehrfähigen Grödner Dableiber schon im September 1943 in Gefangenschaft geschickt wurden, war wohl einzigartig in Südtirol. Die meisten Südtiroler, die 1943 als freie italienische Soldaten heimkamen, wurden aufgrund der staatsrechtlich verworrenen Situation erst ab Jänner 1944 zum Kriegsdienst für das Dritte Reich einberufen, aber zum Kriegsdienst - nicht in Gefangenenlager – wie in Gröden! Selbst die deutschen Offiziere staunten über den Eifer der Grödner. Laut eines im November 1945 verfassten Berichts des Wolkensteiner Bürgermeisters Francesco Mosna wurden allein im Gemeindegebiet Wolkenstein 4.000 bis 5.000 Italiener gefangen genommen und in Gefangenenlager eingewiesen.
Die Gefangennahme von Dableibern in Gröden und ihre Einweisung in das Gefangenenlager Hammerstein wurde von vielen als große Ungerechtigkeit empfunden und schürte weiter den Unmut zwischen Dableibern und Optanten. Die Dorfgemeinschaften waren zerrissen. Man fragt sich: Wie konnte man nach solchen Erfahrungen in einem Dorf wieder friedlich zusammenleben? Die Antwort gab ein Dableiber, der ebenfalls im September 1943 ins Lager nach Hammerstein überführt wurde: „Wir bemühten uns zu verzeihen und das war gut so. Doch im Nachhinein war es nicht richtig, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu setzen.“


Wenn es in Gröden im September 1943 genügte, Dableiber zu sein, um verhaftet zu werden, so war die Situation in den anderen ladinischen Tälern schon anders. Die anderen ladinischen Täler waren nicht so sehr vom Fanatismus geprägt, da ja dort die Dableiber in der Überzahl waren. Zu Spannungen kam es allerdings auch dort, als die meist fanatischen SOD-Kommandanten und kommissarischen Bürgermeister ab 1944 die wehrdienstfähigen Dableiber zum deutschen Heer oder zur deutschen Polizei zwangseinzogen. Wer sich diesen Anweisungen widersetzte, wurde verhaftet. In Gröden sind keine nennenswerten Fälle von Desertion bekannt, sehr wohl aber im Gadertal.
Im Gadertal weigerten sich zahlreiche Dableiber zu den deutschen Einheiten einzurücken und desertierten. Todesurteile und Deportationen waren die Folge.
Aussagekräftig ist das Schicksal von Merch Dapunt, geboren 1923 in Sotrú (Abtei). Er musste als Dableiber 1944 bei der deutschen Wehrmacht einrücken und kam nach Schlanders zum Polizeiregiment. Als sich dort herausstellte, dass er als sogenannter „Freiwilliger“ in den Krieg zog - auch wenn er das keineswegs war - beschloss er zu desertieren. Gemeinsam mit einem weiteren Gadertaler verließen sie das Regiment und zogen sich ins Pustertal zurück. Kurze Zeit später wurden sie als Deserteure erkannt und von SOD-Angestellten verhaftet. Merch Dapunt wurde vom Sondergericht Bozen zum Tode verurteilt, sein minderjähriger Freund wurde ins Konzentrationslager Dachau interniert. Seinem Beichtvater vertraute Merch Dapunt noch an: „Ich bin kein Freiwilliger, deshalb verweigere ich den Kriegsdienst. Es ist besser zu sterben“

Kriegsdienstverweigerer, die aus Gewissensgründen handelten und Dableiber, die aus ideologischen und christlichen Überzeugungen gegen das Deutsch Reich optiert hatten, waren die eigentlichen passiven Widerstandskämpfer Ladiniens.

Kriegsdienstverweigerer, die aus Gewissensgründen handelten und Dableiber, die aus ideologischen und christlichen Überzeugungen gegen das Deutsch Reich optiert hatten, waren die eigentlichen passiven Widerstandskämpfer Ladiniens. Verbindungen zum Andreas Hofer Bund hat es keine gegeben.


Auch kann Ladinien kaum einen bewaffneten Widerstand aufweisen. Schon aus historischen Gründen konnte sich keine bewaffnete Widerstandsbewegung bilden. Die Ladiner wären kaum bereit gewesen mit den kämpfenden Partisanen mitzuarbeiten, denn die Partisanen kamen aus den italienischen Provinzen, gegen die man noch im Ersten Weltkrieg erbittert gekämpft hatte…
Aktionen des bewaffneten Widerstandes wurden in Ladinien somit ausschließlich von Partisanengruppen aus der Provinz Belluno (aus Felte, Selva di Cadore, Longarone) durchgeführt. Vereinzelte Ladiner fungierten mehr als Denunzianten. Einige Racheaktionen in Ladinien sollen nicht unerwähnt bleiben: So ermordeten in Livinallongo /Buchenstein am 8. August 1944 Angehörige der Brigade „Calvi“ den Ortsgruppenleiter. Er hatte Dableiber als angeblich Freiwillige zur deutschen Wehrmacht geschickt.
Wegen Verfolgung von Dableibern sowie Gefangennahme heimkehrender Soldaten des italienischen Heeres und deren Auslieferung an die Deutschen wurden in Gröden nach Kriegsende zehn Männer von der Partisanenbrigade Valcordevole unter der Aufsicht des amerikanischen Majors Howerd Chappel festgenommen. Fünf davon wurden brutal ermordet. Unter den Ermordeten befanden sich der kommissarische Bürgermeister von Wolkenstein und die Grödner Anführer des Südtiroler Ordnungsdienstes.
Diese Racheaktion zu Kriegsende hinterließ einen tiefen gesellschaftlichen Bruch, der bis heute in Gröden noch nicht ganz überwunden ist. Diese Racheaktion trug sicherlich dazu bei, dass den Dableibern in Gröden nicht die moralische und politische Anerkennung zuteil wurde, die ihnen gebührt hätte. Dableiber und Partisanen stellte man in Gröden gleich.

Diese Racheaktion zu Kriegsende hinterließ einen tiefen gesellschaftlichen Bruch, der bis heute in Gröden noch nicht ganz überwunden ist.

Il 2 maggio 1945 le valli Ladine vennero occupate dagli Americani che posero fine alla zona d’operazione delle Prealpi e in generale alla Seconda Guerra Mondiale. I Ladini ed i Sudtirolesi sperarono in una riunificazione con il Tirolo austriaco, ma i risultati dell’opzione, il fanatismo nella Val Gardena, la mancanza di un movimento di resistenza contro il nazismo nelle valli ladine e il desiderio di tutti i ladini di ritornare a far parte dell’Austria condizionarono il modo degli italiani di porsi verso le richieste dei ladini.  Infatti ogni richiesta ladina di autonomia o di annessone alla provincia di Bolzano venne considerata come una manifestazione anti-italiana e come una nuova manifestazione di pangermanismo.  Anche il Comitato di Liberazione Nazionale (CNL) di Cortina insistette presso gli alleati affinché riaggregassero nuovamente Ampezzo, Livinallongo e Colle Santa Lucia alla Provincia di Belluno. Di conseguenza la minoranza ladina delle Dolomiti venne divisa nuovamente in tre province e in due regioni. Questa frammentazione della minoranza ladina provocò le proteste di molti Ampezzani che si impegnarono ad ottenere la riunificazione delle cinque valli sotto la Provincia di Bolzano.  Provocò anche le proteste dei Fassani con Guido Iori Rocia, il quale volle istituire una nuova provincia ladina.
Interessante forse menzionare anche lo sviluppo politico nell’ immediato dopoguerra a Ortisei. Mentre neI resto dell’Alto Adige i principali oppositori dell’emigrazione forzata, i Dobleiber, fondarono a Bolzano la Südtiroler Volkspartei, che intendeva rappresentare gli abitanti di madrelingua tedesca e ladina, ad Ortisei vennero fondati due partiti: L’ SVP -  a cui aderirono soltanto optanti - e la Union di Ladins, rappresentata dai Dobleiber più in vista del comune. Josef Raffeiner, segretario dell’ SVP, volle coinvolgere anche i Dobleiber nel suo partito, ma vide che in Val Gardena i conflitti erano tali, da non raggiungere un consenso.  Tanti optanti si opposero infatti alla Union di ladins accusandola ingiustamente di propagare uno staccamento della regione ladina dalla Provincia di Bolzano per aggregarla alla Provincia di Belluno.


Per evitare altri litigi gli esponenti d’Ampezzo e della Val di Fassa fondarono nel 1946 il movimento politico Zent Ladina Dolomites e chiesero il riconoscimento ufficiale del gruppo etnico ladino. A questo movimento politico aderirono subito 10.000 soci. Il 14 luglio 1946 si riunirono al Passo Sella 3.000 ladini per protestare contro il frazionamento delle valli ladine e per avere un’annessione alla provincia di Bolzano. Mandarono una petizione ad Alcide De Gasperi e si presentarono anche a Roma. Ma il sogno di una unificazione dei ladini in una provincia venne infranto dalla intransigenza di Alcide De Gasperi. Per Alcide De Gasperi i ladini erano Italiani. Infatti durante le trattative a Parigi iniziate il 26 luglio 1946, Alcide De Gasperi disse “i ladini non sono da tenere in considerazione come gruppo unitario, sono dei mistilingue”.
Infine il 5 settembre 1946 – 69 anni fa -  venne firmato il trattato De Gasperi Gruber. Questo trattato ignorò l’esistenza dei ladini e a nulla valse l’appoggio della Südtiroler Volkspartei (SVP.
Per la prima volta nel 1948 i ladini vennero nominati e tutelati nello Statuto di Autonomia per il Trentino Alto-Adige. Però vennero esclusi da questi diritti i comuni di Ampezzo, Livinallongo e Colle Santa Lucia.  

La tripartizione forzata -  voluta nell’immediato dopoguerra anche dal CLN per evitare un nuovo pangermanismo - ha avuto così un influsso enorme sulla tutela e sullo sviluppo della lingua ladina.

Oggi i livelli di tutela della minoranza ladina sono diversi a seconda della loro appartenenza provinciale. Nella provincia di Belluno i ladini non sono tutelati, nella Provincia di Trento la situazione è migliorata negli ultimi anni, mentre nella provincia di Bolzano il ladino parlato nella Val Gardena e in Val Badia è lingua ufficialmente riconosciuta e la minoranza ladina viene tutelata con diverse norme, tra l'altro dall'insegnamento paritetico, imputando cioè metà delle materie alla lingua di insegnamento italiana e metà a quella tedesca, con due ore settimanali in ladino. La tripartizione forzata -  voluta nell’immediato dopoguerra anche dal CLN per evitare un nuovo pangermanismo - ha avuto così un influsso enorme sulla tutela e sullo sviluppo della lingua ladina.

Elfriede Perathoner hat dieses Referat am vergangenen Samstag auf der Tagung der Landesregierung „Widerstand und Autonomie“ auf Schloss Tirol gehalten.

 

Bild
Profil für Benutzer Philipp Trafojer
Philipp Trafojer Mi., 09.09.2015 - 20:23

Was vor nicht ganz zwanzig Jahren (Gerald Steinacher: "Nichts vergessen nur verschwiegen. Das Massaker von Gröden 1945 und die OSS-Mission Tacoma".) wird heute wieder unter die Leute gebracht.
Mich freuts.

Mi., 09.09.2015 - 20:23 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Philipp Trafojer
Philipp Trafojer Mi., 09.09.2015 - 20:31

Zur Zent Ladina sollte man sich unbedingt auch das vor mehr als zwanzig Jahren erschienene Buch von Mauro Scroccaro "De Fassa Ladina" (?) ansehen. (es enthält im übrigen auch einige interessante Details zur Vita von Luis Trenker).

Mi., 09.09.2015 - 20:31 Permalink