Kultur | Salto Weekend

(De-)Konstruktion eines Raumes

1+1 ergibt 3 - davon ist Elisa Barison überzeugt. Mit Davide Bevilacqua bespielt sie das Museion-Atelierhaus: International, zeitgenössisch, theatralisch. Und GAP-frisch.
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Foto: Gap

salto.bz: Das Museion-Atelierhaus in Bozen erwartet den dritten Teil Eures Ausstellungsprojektes. In welcher Beziehung steht er zu den ersten beiden Teilen?
Elisa Barison:
Wie der Titel 1+1=3 bereits verrät, geht es in der Ausstellungsreihe um eine Summe, einen roten Faden, der jedoch etwas Neues schafft. Alle ausgestellten Künstler haben zu einem gewissen Zeitpunkt, seit Eröffnung des GAP in Glurns im Jahre 2012, eine Residenz dort gemacht. Nur wenige kennen sich. Und wenn dann eher aus Zufall. Alle leben in verschiedenen Städten und arbeiten mit unterschiedlichen künstlerischen Techniken. Dennoch ließ sich bei allen Künstlern eine Suche und Auseinandersetzung mit dem Raum, in dem sie leben, finden.

In AktI ging es um die ganze Gesellschaft und den sozialen Raum, in AktIII geht es um das Individuum und den persönlichen Raum des Menschen. Ein Zoom vom Größeren ins Kleinere. 

Welche individuellen Themen stehen im Vordergrund?
Manchen geht es um die Bräuche ihrer Heimatländer, anderen um die Architektur, welche charakteristisch für den Ort ist, an dem sie leben. Wieder andere fragen sich: Wer bin ich eigentlich? Ich fand es sehr schön zu sehen, dass trotz unterschiedlichster Kulturen und Techniken, Gemeinsamkeiten in der Suche der Künstler vorhanden sind. Deshalb auch der Gedanke, dass der Mensch, welcher in diesem Fall von jedem einzelnen Künstler vertreten wird, den Raum den er belebt selbst konstruiert - und dekonstruiert. Wir sind sozusagen für unseren Himmel und unsere Hölle auf Erden verantwortlich.

In Euren Projekten geht es stark um das Miteinbeziehen der Ausstellungsbesucher. Sie sollen im besten Fall mitmachen. Wie mitmachfreudig ist das lokale Kunstpublikum?
Die Ausstellungsreihe hat den Aufbau eines dreiaktigen Theaterstücks. In den sogenannten Zwischenakten gibt es eine Art Blick hinter die Kulissen. Die Künstler werden im hier und jetzt involviert und sind durch Video-, Foto- oder Textbeiträge vertreten. Dabei wird das Publikum auf unterschiedlichste Weise aufgefordert mitzumachen. Manchmal hat dies gut funktioniert, manchmal weniger gut. Am Anfang sind alle etwas scheu und verlegen. Nach dem Mitmachen hingegen freuen sich alle „Kunst mal anders erlebt zu haben“. Am meisten haben Davide und ich uns in diesem Rahmen gefreut, wenn es Personen abseits des „Kunstpublikums“ waren, die mitgemacht haben. 

Welche besondere Interaktionen zwischen Kunst und Besucher/innen ist im letzten Teil des Projektes zu erwarten?
Bei AktIII wird es eine Performance der iranisch-amerikanischen Künstlerin Zoya Sardashti geben. Zoya setzt sich stark mit ihrer iranischen Herkunft auseinander und versucht Konzepte wie Herkunft und Identität, sowie die damit verbundenen Stereotype in einer „Flanier-Performance“ aufzubrechen, indem sie mit dem Publikum, in diesem Falle jeweils eine Person nach der anderen, eine Vertrauensbasis aufbaut. Durch diverse theatralische Gadgets wird im wahrsten Sinne des Wortes der Zugang zu einem anderen, neuen Blickwinkel ermöglicht und ein neutraler und sicherer Raum für den Austausch mit den eben genannten Themen gegeben.  

Was bleibt vom GAP-Exil im Atelierhaus? Wie nachhaltig würdest du Euren Aufenthalt im „kleinen Museion“ beschreiben?
Was bestimmt bleibt, sind die neuen Verbindungen, die zwischen Künstlern, Kuratoren, Organisatoren und dem Publikum entstanden sind. Davide kommt ursprünglich aus dem Friuli und lebt in Linz, ich selbst bin zwar in Südtirol geboren, war aber mehrere Jahre im Ausland. Durch diese Reihe von Ausstellungen hat sich ein fixer Bestanteil dieses Projekts kreiert, der über die Künstler und Organisatoren hinausgeht. Wir haben wahnsinnig interessante Personen kennengelernt und werden wohl mit ihnen in Kontakt bleiben.

Für uns selbst war es eine Zeit, die uns viel abverlangt hat, in der wir aber auch viel gelernt haben und definitiv sehr frei unseren Recherchen in Sachen Ausstellungsdesign – praktisch und theoretisch – nachgehen konnten. 

 

1+1=3 // AKT III ich/io/me

Kuratiert von Elisa Barison und Davide Bevilacqua
GAP Glurns Art Point @ Museion Atelier
Samstag, 8. September 2018, 18.00 Uhr