Politik | Meran

Richterin im Gemeinderat?

Auf Antrag der Opposition befasst sich der Meraner Gemeinderat am Donnerstag in einer Sondersitzung mit dem Fall Solland Silicon. Mit einer kuriosen Einladung.
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Foto: Hannes Prousch
Der Antrag stammt von der Opposition. Acht Gemeinderäte der „Lista Civica“, der ökosozialen Linken, des Teams Köllensperger und des M5S haben am 24. September im Meraner Rathaus den Antrag zur Einberufung einer Sondersitzung des Gemeinderates hinterlegt.
Das Thema der außerordentlichen Gemeinderatssitzung: der Verkauf der Solland Silicon. Die Gemeinderäte der Passerstadt wollen genauer informiert werden, was rund um den Verkauf und die Schließung des ehemaligen Siliziumwerks in Sinich wirklich passiert. Sie fordern nicht nur Klarheit über den Tango rund um die Versteigerung, sondern auch klare Aussagen von den zuständigen Experten des Landes über die möglichen Umweltbelastungen und –gefahren.
Verlangt ein Fünftel der Mitglieder des Gemeinderates eine solche Sondersitzung, muss diese innerhalb von 15 Tagen einberufen werden. Deshalb findet die Sondersitzung des Meraner Gemeinderates an diesem Donnerstag statt.
Doch im Vorfeld ist es zu einem Fauxpas gekommen, den man direkt Bürgermeister Paul Rösch oder dessen Kabinett zuordnen muss. Denn die Einladung zur Sitzung und der Antrag der Opposition gingen vergangene Woche nicht nur an Landeshauptmann Arno Kompatscher, den für den Zivilschutz zuständigen Landesrat Arnold Schuler, an den Leiter der Umweltagentur Flavio Ruffini, an den Direktor der Ecocenter AG Marco Palmitano und an einen Vertreter des Entsorgungsunternehmens Remtec - das sind jene Politiker bzw. Fachleute, die im Meraner Gemeinderat Rede und Antwort stehen sollen.
Die Mail ging nämlich auch noch an zwei weitere Adressen: an den Konkursverwalter Bruno Mellarini und an die Richterin am Bozner Konkursgericht Francesca Bortolotti.
Diese zwei Adressaten machen deutlich, dass im Meraner Rathaus - zumindest in dieser Angelegenheit - gewisse Grundkenntnisse über institutionelle Vorgänge fehlen. 
 

Denn derzeit behängt am Bozner Landesgericht zum Verkauf der Solland Silicon noch ein Rekurs. Josef Gostner und sein Unternehmen „Fri-el Hydro Power Srl“ hatten im allerletzten Moment ein Angebot hinterlegt und waren von der Konkursrichterin Francesca Bortolotti ursprünglich zu einer neuen Versteigerung zugelassen, zwei Tage später dann aber ausgeschlossen worden. Gegen den Ausschluss hat Gostner Rekurs eingelegt. Dieser wird am 25. Oktober vor dem Landesgericht verhandelt.
Dass in dieser delikaten Phase ein Konkursverwalter bereitwillig in einem öffentlichen Gemeinderat Rede und Antwort steht, ist damit auszuschließen. Zumal es im Rekurs auch um die zentrale Frage geht, ob bzw. wann die notarielle Übertragung der beweglichen Güter aus der Konkusmasse an den neuen Käufer wirksam wurde bzw. wird.
Noch absurder aber ist die Übermittlung der Einladung an Francesca Bortolotti. In einem schwebenden Verfahren kann und darf eine Richterin nicht öffentlich zum Fall Stellung nehmen. Ganz zu schweigen davon, dass es Richtern grundsätzlich untersagt ist, vor politischen Institutionen über laufende Verfahren und Fälle zu sprechen.
Doch das hat sich bis ins Meraner Rathaus anscheinend noch nicht durchgesprochen.
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Felix von Wohlgemuth Di., 08.10.2019 - 11:45

Gibt es da noch eine zweite Mail? Bei jener im Artikel sehe ich nur, dass der Antrag auf Einberufung einer Sondersitzung zu Solland Silicon auch der Richterin und dem Masseverwalter übermittelt wurde. Dass diese beiden davon in Kenntnis gesetzt wurden, finde ich sogar sehr korrekt

Di., 08.10.2019 - 11:45 Permalink