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“Il sole che verrà”

Der sizilianische Songmusiker Pippo Pollina ist im Trientner Teatro San Marco zu Gast, wo er mit Claudia Sala, Adriana und Roberta Prestigiacomo auftritt.
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Foto: Pippo Pollina

Sein Leben ist von Zufällen geprägt: Pippo Pollina, Musiker und Sänger aus Sizilien, lebt mit seiner Familie in Zürich und tourt seit Jahren erfolgreich durch Europa, vor allem im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Schweiz und Österreich), aber auch Frankreich, den Niederlanden und sogar den Usa. Am 9. November ist er in Trient zu sehen und zu hören, im Teatro San Marco, wo er seine letzte CD „Il sole che verrà“ und eine Auswahl seiner gesamten Musikproduktion vorstellen wird.

Geboren 1963, wurde er als Kind von einem Auto angefahren, wodurch er einen Großteil seines Sehvermögens verloren hatte, was ihn aber nicht daran gehindert hatte, sich als Heranwachsender aktiv für Kultur und Politik zu interessieren. In den achtziger Jahren war er journalistisch bei der Monatszeitung „I siciliani“ unter der Leitung von Giuseppe Fava tätig, bis dieser von der Mafia getötet wurde, nachdem er nicht wenige Namen der damit verbundenen nicht nur sizilianischen Politikern in seiner politisch sehr engagierten Publikation preisgegeben hatte.

Seine Songs sind alle in italienischer Sprache oder im sizilianischen Dialekt geschrieben, und manchmal verwebt er sie sogar an einzelnen Stellen mit noch anderen europäischen Sprachen, je nach inhaltlich ausdrücklichem Ziel, wobei dieselben dann emotional noch durch die musikalischen Kompositionen unterstrichen werden.

Pollina hatte sich in der Zwischenzeit nebenher musikalisch aktiviert und mit einigen Freunden die Gruppe Agricantus gegründet, die den damaligen Sound der politisch aktiven chilenischen Gruppe Inti Illimani nachahmte, aber auch ihre eigenen Texte schrieben. Erste Erfolge kamen rasch und eine Tournée führte sie sogar in die damalige DDR, den sozialistischen Ostteil Deutschlands. Jedoch der Mord seines Direktors Fava hatte ihn tief erschüttert, weshalb es ihn daraufhin in die weite Welt hinaus zog. Sein Brot verdiente er sich damals als Straßenmusiker und genau in dieser Rolle hatte ihn der Schweizer Songmusiker Linard Bardill in Luzern mitten im Zentrum aufgelesen und ihm als total Unbekannten vorgeschlagen, bei seinem neuen Album „I nu passaran“ mitzumachen...
Das war der Anfang seiner professionellen Karriere aus dem noch weitere gemeinsame Alben folgten. Entscheidend für seinen Aufstieg im Bekanntheitsgrad beim deutschsprachigen Publikum war aber die Begegnung mit Konstantin Wecker: dieser war nicht nur von seinem musikalischen Talent überzeugt, sondern auch von seinem kreativen Wesen, sodass er ihn gleich einlud, gemeinsame Songs zu produzieren. Aus dieser Zusammenarbeit gingen zum Beispiel die zweisprachigen „Questa nuova realtà“ und „Terra“ hervor, die während der Tournée unter dem Namen „Uferlos“ Mitte der neunziger Jahre präsentiert wurden. Dabei hatte Pollina außerdem die Gelegenheit sowie den künstlerischen Zeit- und Bühnenraum, um seine eigene Musik zu spielen.

Seither findet er immer wieder neue musikalische Ausdrucksmöglichkeiten und künstlerische Zusammenarbeiten mit verschiedenen Musikern (darunter auch Franco Battiato), um sich immer wieder zu erneuern und frischen Wind in seine Noten und Worte blasen zu lassen, die ebenso immer wieder Situationen und Emotionen aus der sozialpolitischen zeitgenössischen Realität aufgreifen. So war er letzthin auch Gast beim Premio Tenco, der dieses Jahr dem Thema „Migrans – Uomini, idee, musica“ gewidmet war. Eines seiner letzten Alben heißt nicht umsonst „L’appartenenza“...
Seine Songs sind alle in italienischer Sprache oder im sizilianischen Dialekt geschrieben, und manchmal verwebt er sie sogar an einzelnen Stellen mit noch anderen europäischen Sprachen, je nach inhaltlich ausdrücklichem Ziel, wobei dieselben dann emotional noch durch die musikalischen Kompositionen unterstrichen werden. Er singt, spielt Gitarre, Klavier oder das sizilianische Tamburin – je nachdem... Gelernt hatte er diese Instrumente schon sehr früh am Konservatorium Amici della Musica in Palermo, wo er unter anderem auch das Studium der Musiktheorie belegte. Alles zu Gunsten seiner späteren Tätigkeit, denn seine Songs haben tiefe Wurzeln in der sizilianischen Volksmusik, die er gekonnt mit zeitgenössischen Rhythmen verwebt. Eine einmalige Mischung, die Seele und Herz anspricht.

Wer Pippo Pollina näher kennenlernen möchte, sollte auch die Nachmittagsveranstaltung in Trient nicht versäumen: da wird die vor kurzem im Lastaria Edizioni Verlag erschienene italienische Version seiner im letzten Winter im Rotbuchverlag erschienen Publikation „Verse für die Freiheit“ unter dem Titel „Cento Chimere“ in der Libreria Ancora (um 17.30 Uhr) präsentiert. Darin finden sich über zweihundert Liedertexte sowie Fotos, die gemeinsam eine Art Autobiographie darstellen.
Noch ein letzter Blick auf zwei wichtige Events in Italien: im Jahr 2007 wurde er nach Bologna eingeladen eine Oper über die Flugunglückstragödie in Ustica zu schreiben, die als „Ultimo volo“ auch in die deutsche Sprache übersetzt wurde und ebenso in Deutschland einen großen Publikumserfolg hatte. Gleichzeitig wurde somit diese immer noch unaufgeklärte Geschichte erzählt, um sie nicht zu vergessen!
Im August 2013 war er der dritte große Star in der Arena in Verona, wo das 100ste Konzert der im ganzen 99 umfassenden Tournée durch Deutschland des Albums „Süden“ stattfand, das er gemeinsam mit dem bekannten bayrischen Duo Schmidbauer/Kälberer konzipiert hatte. Die steinerne Arena war begeistert...