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Der 45-Millionen-Auftrag

Der Sanitätsbetrieb hat den Auftrag für die Ärzte- und Krankenhausversicherung für die nächsten drei Jahre vergeben. Der Sieger, wie zu erwarten: Die Wiener UNIQA.
UNIQA
Foto: upi
Vor einem halben Jahr war es der Aufreger des Jahres.
Die Versicherung der Krankenhausärzte, die nicht rechtzeitig verlängert wurde, führte zu einer veritablen politischen Krise. Es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und der dem damaligen Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes Thomas Schael den Kopf kostete.
Wie ruhig es plötzlich um die Versicherungsgeschichte geworden ist, wird jetzt deutlich.
Am Mittwoch dieser Woche hat der Südtiroler Sanitätsbetrieb den „Zuschlag des offenen Verfahrens AOV/SUA -SF-017/2018 für die Dienstvergabe der Versicherungsdeckung der Haftpflicht gegenüber Dritten und Bediensteten des Südtiroler Sanitätsbetriebes.“ erteilt.
Der Versicherungsdienst wurde wieder an jene Gesellschaft vergeben, die ihn schon seit Jahren leistet. Die Wiener UNIQA hat die Ausschreibung gewonnen und erhält für die Versicherungen vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2022 vom Sanitätsbetrieb 22.206.012 Euro. Der Vertrag sieht zudem eine Option der Vertragserneuerung für weitere drei Jahre bis Ende Juni 2025 vor.
 
Konkret heißt das: Florian Zerzer & Co haben  diese Woche relativ diskret einen 45-Millionen-Euro-Auftrag vergeben.
Dass man die Entscheidung nicht an die große Glocke hängen will, liegt auch daran, dass die Versicherungsgeschichte noch ein unangenehmes Nachspiel haben könnte.
 

Der Eklat

 
Die Vorgeschichte ist bekannt.
Der Sanitätsbetrieb und dessen Angestellte waren in den vergangenen Jahren bei der österreichischen Versicherungsanstalt UNIQA versichert. Als Broker trat dabei die Bozner Agentur Assiconsult auf. Ausgehandelt wurden die Verträge ursprünglich von Schaels Vorgänger Andreas Fabi.
Die Verträge sind dabei für die Ärzte besonders vorteilhaft. Denn die Wiener Versicherung schließt einen Regressanspruch selbst bei fahrlässigem Verhalten der Bediensteten von vorneherein aus. Eine absolute Einmaligkeit in der italienischen Sanität.
Weil seit langem klar war, dass dieser Versicherungsauftrag mit 30. Juni 2018 endet und der Auftrag schon einmal verlängert worden war, bereiten die zuständigen Ämter des Sanitätsbetriebes eine Ausschreibung für den Versicherungsdienst vor. Dabei schlampt man außerordentlich. Denn die Ausschreibung kann erst am 8. Juni 2018 eröffnet werden. Abgabetermin ist der 16. Juli 2018. Bis zur Vergabe hätte es so rund zwei Monate gegeben, in denen die Ärzte versicherungstechnisch nicht gedeckt gewesen wären.
 
Thomas Schael verhandelt deshalb mit der UNIQA über eine viermonatige Verlängerung bis zum Ende der Ausschreibung. Der Aufschlag, den die österreichische Versicherung für diese Zeitspanne aber will, ist den Sanitätsverantwortlichen zu hoch. Deshalb unterschreibt Schael am 25. Juni einen Beschluss, mit dem die Sanitätseinheit fünf Versicherungen zu einer Ausschreibung einlädt. Die Zeitspanne: 4 Monate. Damit soll eine Weiterführung aller Dienstleistungen gesichert werden. Bis dahin soll die neue Ausschreibung abgeschlossen und der Auftragszuschlag erfolgt sein.
Doch Arno Kompatscher lässt Thomas Schael diesen Beschluss zurückziehen. Der Landeshauptmann persönlich spielt Feuerwehrmann. In einem Treffen mit dem Südtiroler Broker von Assiconsult und einem Telefonat in die Wiener UNIQA-Zentrale handelt man eine weitere Verlängerung der laufenden Versicherungen für ein Jahr aus. Kostenpunkt: 7.960.000 Euro.
 

Der Zuschlag

 
Seit Anfang Juni 2018 läuft die Ausschreibung für den Versicherungsdienst nach Ablauf dieser Verlängerung um ein Jahr. Am 19. November 2018 hat die Vergabestelle des Landes dem Sanitätsbetrieb den Ausgang der Ausschreibung mitgeteilt. Der Sieger der Ausschreibung ist wenig überraschend jenes Unternehmen, das den Dienst bereits seit Jahren leistet: Die Wiener UNIQA
Dabei könnte die ganze Geschichte noch brisant werden. Nach Informationen von salto.bz hat die Staatsanwaltschaft am Rechnungshof Vorermittlungen aufgenommen. Beamte der Finanzwache prüfen inzwischen die gesamte Versicherungsgeschichte. Bei diesen Vorermittlungen kam auch ein Detail zu Tage, das vor allem die Verlängerung in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt.
Der ursprüngliche Vertrag mit der Wiener UNIQA war am 30. Juni 2017 ausgelaufen und dann um ein weiteres Jahr verlängert worden. Am 30. Mai 2018 schickt die zuständige Amtsleiterin Flavia Basili eine PEC-Mail (Protokollnummer 23895/18) an die Wiener Versicherungsgesellschaft mit dem Ersuchen, den Dienst um weitere 4 Monate zu verlängern. Bis die neue Ausschreibung abgeschlossen ist.
Die Antwort aus Wien: Man sei dazu nur bereit, wenn der Sanitätsbetrieb rund 600.000 Euro zur ursprünglichen Prämie draufzahle. „Der Rechnungshof hätte mich zur Verantwortung gezogen“, begründet Thomas Schael sein Nein zu dieser Erhöhung.
 

Die Klausel

 
Aus den Akten geht jetzt aber hervor, dass es im ursprünglichen Vertrag mit der UNIQA eine besondere Klausel gibt. Der 2012 geschlossene Vertrag ging drei Jahre mit einer Verlängerung von weiteren zwei Jahren. Also bis 2017. Dazu wird in Artikel 2 der Versicherungspolizze eine „technische Verlängerung“ vorgesehen, die nicht länger als 180 Tage dauern darf. In Absatz 3 dieses Artikels heißt es:
 
„In caso di esercizio della sopraccitata facoltà di proroga, la società aggiudicataria (also die UNIQA) è obbligata a prestare servizio alle medesime condizioni contrattuali”.
 
Die angefragten vier Monate wären eine solche technische Verlängerung gewesen. Demnach hätte die Wiener Versicherung keinerlei Aufschlag verlangen dürfen.
Das heißt aber auch, dass die ganze Aufregung ein Sturm im Wasserglas war.
Und ein Vorwand, um Thomas Schael in die Wüste zu schicken.