Chronik | Medienecho

"Schweizer Lösung in Südtiroler Sauce"

So bezeichnet Il Sole 24 Ore die Entscheidung, die Zukunft des Kaufhaus-Projekts in Bozen von einer Volksbefragung abhängig zu machen.

Die Kaufhaus-Debatte in der Südtiroler Landeshauptstadt hat nun auch das Interesse der renommiertesten italienischen Wirtschaftszeitung geweckt. In seiner Online-Ausgabe schreibt Il Sole 24 Ore über den “megastore di Bolzano” und den unorthodoxen Weg, der eingeschlagen wurde, um sich über die verhärteten Fronten zwischen den Parteien in der “Schlacht um Bozen” hinwegzusetzen: die Volksbefragung.

Denn wenn das “Benko-Kaufhaus” heute immer noch nicht vom Tisch ist, dann ist das vor allem den sich konträr gegenüber stehenden politischen Parteien beziehungsweise Interessen geschuldet. So die Meinung des Sole-Journalisten Mariano Maugeri. Seine Analyse beinhaltet folgende Elemente:

Das Projekt: wird als ‘Kaufhaus Bozen’ in einem “eleganten Showroom im Herzen der Stadt” präsentiert; es handelt sich um einen Megastore, entworfen vom Star-Architekten David Chipperfield mit angeschlossenem Hotel, Büros, Wohnungen und 830 Parkplätzen; mehrere hundert Millionen Euro an Investitionen würden durch die Realisierung in die Kassen der Gemeinde Bozen fließen

Die Gegenfront: hat naturgemäß eine andere Leseart; vereint die radikale Linke, Grüne, Grillini und einen kleinen Teil der SVP; sie befürchten den Todesstoß für den Kleinhandel in der Altstadt, eine weitere Mega-Struktur zu den bereits bestehenden Einkaufszentren, zusätzliche Verkehrsbelastung für das Stadtzentrum; im Hintergrund schwingt die rechtskräftige Verurteilung Renè Benkos mit

Die Befürworter: große Teile des PD, das Mitte-Rechts-Lager und einige Bürgerlisten

Der Autor des Artikels positioniert sich dann auch auf der Seite der Befürworter und listet dessen “innumerevoli vantaggi” auf: tausend Arbeitsplätze, ein weiteres Angebot für die Millionen von Touristen “che affollano le valli altoatesine”; die Aufwertung eines heruntergekommenen Stadtviertels samt seines “Boulevard”; großzügige Erschließungsgebühren für die “blutleeren Gemeindekassen”.

Die erste (und vorerst letzte) Abstimmung im Gemeinderat, die anschließenden Auseinandersetzungen in Bürgermeister Spagnollis Koalition, sein Abgang und seiner letzter Amtshandlung – all das zeichnet Maugeri detailliert nach. Bis er schließlich am bisher letzten Akt des Bozner Kuriosums angelangt: die von Kommissär Michele Penta angeordnete Volksbefragung: Sieben Tage haben die Bozner Wahlberechtigten, aber auch Pendler und 16-Jährige Zeit, um die von Penta als “sintetico e chiaro” bezeichnete gut 10-zeilige und ziemlich komplexe Fragestellung zu beantworten. Soweit das “Erbe von Spagnolli”, von dem der Sole-Journalist spricht. Das nun in einer “soluzione svizzera in salsa altoatesina” zu münden scheint. Diesen Ausdruck verwendet Maugeri angesichts der Tatsache, dass Penta angekündigt hat, sich nur im Falle eines Ja bindend an das Ergebnis halten  und das Projekt absegnen zu wollen. Sollte das Nein überwiegen, will er die heiße Kartoffel an den künftigen Gemeinderat weiterreichen