Wirtschaft | Alpenbank

Leiser Abstieg

Michael Atzwanger ist als Vorstand vorzeitig zurückgetreten. Nach massiven Verlusten und dem Abgang wichtiger Mitarbeiter, fungiert jetzt sein Vorgänger als Co-Direktor.
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Foto: Alpenbank
Martin Sterzinger ist seit 19 Jahren Vorstand der Alpenbank AG. Er fungiert gleichzeitig auch als Sprecher des Vorstandes. Dass der Innsbrucker Bankmanager sein Geschäft versteht, wird aus der smarten Antwort klar, die Sterzinger auf Nachfrage Salto.bz zukommen lies.
 
„Die Größe des Geschäftsfeldes Italiens für die AlpenBank - und damit die Bedeutung der Niederlassung Bozen auf die Gesamtbank - hat so stark zugenommen, dass Dr. Michael Atzwanger seit dem 1. Mai 2017 sich im Interesse und Wohle der AlpenBank ausschließlich als Geschäftsleiter für den Markt Italien ausrichtet und sein Vorstandsmandat auf eigenen Wunsch zurückgelegt hat. Das vorherige Vorstands-"Governance" Modell (zwei Vorstandsmitglieder aus Österreich, eines aus Italien, welches sich um das Gesamtwohl der Bank kümmert, dazu Einzelverantwortung für verschiedene Geschäftsfelder) ist für ihn als Person immer mehr zu einer technischen und  organisatorischen Herausforderung geworden. Neben Dr. Atzwanger ist seit 1. Mai 2017 Dr. Norbert Alber als Niederlassungsleiter für den Bereich Marktfolge verantwortlich.“
 
Es ist die Antwort eines Profis. 
Denn die Gründe für das Ausscheiden Michl Atzwangers aus dem Vorstand der diskreten Alpenbank dürften deutlich anders gelagert sein. 
 

Rücktritt auf Wunsch?

 
Bisher wurde der Schritt öffentlich nicht kommuniziert. Auch im Raiffeisenkosmos (die Alpenbank gehört zu je 49,9994 Prozent den beiden Raiffeisenlandesbanken Tirol und Südtirol) kolportiert man diese überraschende Entwicklung nur hinter vorgehaltener Hand. Diese Diskretion liegt auch daran, dass der „Rücktritt auf Wunsch“ nicht ganz so freiwillig sein dürfte, wie es Martin Sterzinger schildert. 
Michael Atzwanger war seit Dezember 2010 Mitglied im Vorstand der Alpenbank. Das Aufrücken in den Vorstand war eine der Bedingungen, die der damalige Generaldirektor der Pensplan AG bei seinem Wechsel in die Privatbank stellte.
Atzwanger sitzt damit sechseinhalb Jahren im Vorstand. Erst 2016 wurde sein Mandat verlängert. Bis 2019. Dass er im Mai 2017 vorzeitig aus dem Amt scheidet, war nicht vorgesehen.
Auch weil der Vorstandssitz monetär einiges abwirft. Der Vorstand der Alpenbank besteht aus drei Personen. Neben Martin Sterzinger und Michael Atzwanger, sitzt auch noch Heidi Verocai-Dönz im Board der Alpenbank. 2015 erhielten die drei Vorstände eine Gesamtentschädigung von 1.026.000 Euro. Aufgrund von Sparmaßnahmen waren es im abgelaufenen Geschäftsjahr 834.674,04. Man darf davon ausgehen, dass Michael Atzwangers Entschädigung (samt Prämien) jenseits der 300.000-Euro-Grenze liegt.
Wer Michl Atzwanger kennt, glaubt nicht, dass der Manager freiwillig hier Abstriche gemacht hat.
 

Das Erdbeben

 
Anfang Oktober 2016 enthüllte Salto.bz ein Erbeben in der Alpenbank. Am frühen Nachmittag des 26. September 2016 trudelt in Bozen aus einer Mailänder Rechtsanwaltskanzlei die Kündigung von fünf hochrangigen Mitarbeitern ein. Die Aktion richtet sich direkt gegen den Vorstand der Bank Michael Atzwanger. Es ist ein Protest gegen seine Art der Geschäfts- und Personalführung. „Wir können und wollen nicht mit ansehen“, sagte damals einer der fünf zu Salto.bz , „wie die Bank, die wir mit aufgebaut habe, langsam aber sicher den Berg hinuntergeht“.
 
Die Alpenbank hat zu diesem Zeitpunkt acht angestellte Berater. Fünf davon kündigen an diesem Tag. Es handelt sich bei dem Quintett um das Herzstück der Vermögensverwaltung der Privat Bank. Der Pusterer Heinold Pider war stellvertretender Direktor der Alpenbank, Chef der Bankberater und bis zu diesem Tag Mitglied der Geschäftsleitung. Ebenso Hans Christoph von Hohenbühel, der seit dem Jahr 2000 in der Alpenbank als Berater arbeitet, lange Zeit als Vizedirektor und seit einigen Jahren als stellvertretender Direktor Markt tätig ist. Auch die anderen drei Berater sind seit Jahren in der Bank mit großem Erfolg tätig.
Der Abgang ist geplant. Das Quintett eröffnet wenig später in Bozen eine Filiale  des börsenorientierten Finanzdienstleisters „Azimut“. Die fünf Berater nehmen aber vor allem gut 200 Millionen Euro an Kundenvermögen mit, das sie verwalten. Es ist  rund ein Fünftel des Kundenportefeuille, das die Alpenbank zu diesem Zeitpunkt verwaltet.
 

Versuch einer Beschwichtigung

 
Nach den Salto-Enthüllungen spielt man im Raiffeisensektor Feuerwehr. In einem Rundmail, das von Alpenbank-Vorstand Michael Atzwanger und vom Direktor der Raiffeisen-Landesbank Zenone Giacomuzzi, in seiner Funktion als Aufsichtsrat der Alpenbank unterzeichnet ist, wird der Abgang als eine konzertierte Aktion einer Gruppe von ehemaligen Mitarbeitern hingestellt. „Die Bank befindet sich demnach immer noch im einem starken Wachstum und wird dieses weiterhin verfolgen“, heißt es in dem Schreiben.
Auch der Direktor des Raiffeisenverbandes Paul Gasser fühlt sich bemüßig in einem Rundschreiben an die Mitarbeiter offen für Michael Atzwanger Partei zu ergreifen und die Salto-Berichterstattung als unverantwortlich abzukanzeln. 
Denn innerhalb der Südtiroler Raiffeisenwelt wird die noble Privatbank nicht von allen so positiv gesehen wie die Führungsspitze immer tut. Deshalb versucht man den ausbrechenden Flächenbrand bereits im Entstehen zu löschen. Das heißt: Mauern.
Michael Atzwanger sagt Anfang Oktober 2016 zu Salto.bz: „Die Alpenbank hat keine finanziellen Probleme.
 

Die Verluste

 
Dabei sagen die Zahlen zu diesem Zeitpunkt längst das Gegenteil. Die Alpenbank Bozen schreibt seit drei Jahren Verluste.
2014 hat man vor Steuern über 732.000 Euro Verlust gemacht. In der Bilanz 2015 steht ein Minus von 433.566,41 Euro. Und 2016 kam es noch dicker. In der Italien-Niederlassung hat man - unter Federführung von Michl Atzwanger - einen Verlust von 3.163.827,66 Euro angehäuft. Es ist für eine Privatbank mit dem Kerngeschäft Vermögensverwaltung ein katastrophales Ergebnis.
Der Zinsertrag ist von 501 Millionen Euro (2015) auf knapp 340 Millionen Euro (2016) gesunken. Während die Betriebsergebnisse von 5,117 Millionen Euro (2015) auf 4,473 Millionen Euro zurückgegangen sind.
Diese negative Geschäftsentwicklung in Bozen zieht auch das Mutterhaus in Innsbruck in die Verlustzone. Obwohl die Alpenbank in Nordtirol Gewinne schreibt, stand bereits 2015 ein Verlust von 139.000 Euro in der Bilanz. 2016 steht im Jahresabschluss der Alpenbank AG sogar ein Verlust von 2.347.364,91 Euro.
2015 wurde ob der Verluste die österreichische Finanzmarktaufsicht FMA tätig. Die Alpenbank musste einen Sanierungsplan vorlegen. Der Hauptpunkt. Eine drastische Reduzierung der Kosten. 
Doch das reicht nicht.
 

Die Kapitalerhöhung

 
Um die Kriterien der österreichischen Bankenaufsicht zu erfüllen, mussten die Aktionäre jetzt Kapital nachschießen. Im Dezember 2016 gab die Alpenbank 40.000 neue Aktien aus, die zu gleichen Teilen von der Raiffeisen Landesbank Tirol und von der Raiffeisenbank Südtirol gezeichnet wurden. Insgesamt 4 Millionen Euro investierten die beiden Aktionäre dabei.
 
Von diesen 4 Millionen wurden aber nur 2.920.000 für die Kapitalerhöhung verwendet. Der Rest zur Verlustabdeckung. Um das Loch aus dem Geschäftsjahr 2016 zu stopfen, musste die Alpenbank ihre freien Gewinnrücklagen auflösen. 
Diese Entwicklung dürfte letztlich auch der Grund für das Ausscheiden Michl Atzwangers aus dem Vorstand gewesen sein. Offiziell firmiert Atzwanger jetzt als Niederlassungsleiter. Gleichzeitig wurde dem Direktor aber eine Art Co-Direktor beiseite gestellt.
Es ist ausgerechnet sein Vorgänger in der Alpenbank. Norbert Alber hat im Jahr 2000 nicht nur den Sprung der Privatbank über den Brenner und die Gründung einer EU-Niederlassung in Bozen maßgeblich gestaltet, er hat zusammen mit seinem Stellvertreter Hans Christoph von Hohenbühel aus der Alpenbank in Bozen eine solide und erfolgreiche Privatbank gemacht. Die sogar Dividenden auszahlte.
2012 verließ Alber die Alpenbank, um ihn den privaten Finanzdienstleistungssektor zu wechseln.  Seit 1. Mai 2017 sitzt der ehemalige Generaldirektor wieder in der Alpenbank. 
Halbtägig. Vorerst.