Politik | Elezioni Meran Wahl

"Wir wollen eine ökosozial bessere Welt"

Der ehemalige Meraner Bürgermeister Paul Rösch setzt bei der Wahl auf grüne Visionen und Kontinuität. "Wir sind ein starkes Team, aber auch wir haben Achillesfersen."
Paul Rösch
Foto: Liste Rösch/Grüne

Salto.bz: Herr Rösch, am Donnerstag war der ehemalige Ministerpräsident und Leader des Movimento 5 Stelle in Meran. Er erklärt, ganz und gar hinter den Werten Ihrer Partei zu stehen. Gilt das auch umgekehrt?

Paul Rösch: Giuseppe Conte hat mich beeindruckt. Wir erleben in der Politik immer wieder Menschen, denen man einfach nicht glaubt. Und dann gibt es jene Menschen, denen man das, was sie sagen, auch glaubt.

Und bei Giuseppe Conte ist das der Fall?

Ja, er hat mir wirklich imponiert – er hätte als grüner Kandidat durchgehen können!

Noch vor zwei Jahren haben Sie sich vehement gegen das Decreto Sicurezza – Conte war damals immerhin Ministerpräsident – gesträubt.

Ich glaube, dass Conte damals ein paar faule Kröten schlucken hat müssen, wie es in der Politik so üblich ist. Aber was Conte in Meran gesagt hat und was im italienischen Kontext auch wichtig ist: Wir haben eine Pandemie, die irgendwann vergehen wird. Die Klimakrise wird aber nicht einfach vergehen. Wir müssen jetzt handeln. Das nehme ich mir als erste Aufgabe zu Herzen. Ich möchte von meiner Tochter niemals hören, nichts getan zu haben. Abgesehen davon, dass es auch der Wirtschaft guttut.

 

Die Klimakrise wird nicht einfach vergehen. Wir müssen jetzt handeln. Das nehme ich mir als erste Aufgabe zu Herzen.

 

Meran möchte unter Ihrer Leitung zur Landesklimahauptstadt werden. Was heißt das?

Das heißt, dass wir den Weg, den wir eingeschlagen haben, weitergehen möchten. Die Smart City, die beispielsweise den öffentlichen Transport an die Bedürfnisse der Bevölkerung anpasst, Stadträder, die am Bahnhof mittels App ausgeliehen werden können; gemeinsam mit der EURAC haben wir auch die Begrünung von Dächern ausgearbeitet. Wir haben Bäume gepflanzt, Alleen kreiert, Parkplätze entsiegelt…

Gleichzeitig wurde unter der letzten Regierung auch ein Tunnel gebaut. Passt das zu einer Klimahauptstadt?

Einerseits glaube ich, dass es wichtig ist, Dinge, die von den Vorgängern in Schwung gebracht wurden, durchzuführen. Über den Tunnel kann man jetzt diskutieren, aber er reduziert den Verkehr um 20 %. Sobald der Tunnel steht, können wir auch überlegen, die Stadt für den Autoverkehr zu sperren und nur Einheimischen die Durchfahrt zu erlauben. Zudem werden wir 300 Parkplätze vom Zentrum in den Tunnel verlegen und so die Stadt für Radwege, Fußwege und Bepflanzungen freimachen.

Und die Touristen?

Die Touristen werden mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Call-Bus in die Stadt kommen!

Sie nennen viele Projekte, die bereits in Umsetzung sind und auch weitergeführt werden sollen…

…und genau das ist meine große Sorge. Wenn wir nicht gewählt werden, werden diese Projekte nicht mehr weitergeführt. Die Sache ist die: Wir haben jetzt noch dreieinhalb Jahre. Ich, nein wir haben bis jetzt sehr gut gearbeitet. Wenn jetzt jemand Neues kommt, müssen sie zuerst lernen, auf der Maschine zu fahren. Unter eineinhalb Jahren geht gar nichts! Und im letzten Jahr sind alle wieder in den Startlöchern für die neuen Wahlen. Da geht wieder nichts. Dann hat diese Person, wenn es gut geht, ein Jahr, um zu arbeiten.

Dieses Argument könnte immer gebracht werden. Die Legislaturperiode ist jetzt zwar etwas kürzer, aber das Ziel ist ja jenes, auch bei der nächsten Wahl wieder gewählt zu werden.

Ich sehe das egoistisch. Bei jenen Projekten, wo ganz Meran sagt: “schau, wir stecken im Verkehr”, dort haben wir angefangen zu arbeiten, dort haben wir Investitionen getätigt und dort möchten wir auch weiterarbeiten. Und nebenbei ist es nicht mehr fünf vor, sondern bereits zehn nach zwölf. Jetzt nochmals dreieinhalb Jahre vergehen lassen, bis jemand in Schwung kommt und wieder das gleiche tut wie wir…

Das heißt, es gibt eigentlich keine Alternative.

Nein, da bin ich überzeugt. Klimawandel. Was können wir tun: Bäume setzten, entsiegeln, Verkehr reduzieren, Grundwasser in den Griff kriegen.

 

Wenn wir nicht gewählt werden, werden die angefangenen Projekte nicht mehr weitergeführt.

 

Sie sprechen von Klimaschutz und Verkehr. Inwiefern versuchen Sie und Ihre Partei auch andere Bedürfnisse anzusprechen?

Etwas anderes ist das Konzept der 15-Minuten-Stadt. Das heißt, dass wir wie in Berlin kleine Kiezstrukturen kreieren, sodass die Menschen in 15 Minuten wirklich überall hinkommen können; zum Arzt, zur Apotheke, zum Einkaufen… Die alte Sinicher Schule soll in ein Mehrzweckhaus umgebaut werden, das Bibliothekszentrum in einen Sanitätssprengel. Dadurch entstehen in der gesamten Stadt lebenswerte öffentliche Räume. In den letzten fünf Jahren haben wir auch damit angefangen, den Vierteln 100.000 Euro zu geben und sie frei darüber entscheiden zu lassen, was sie brauchen. Dadurch werden die Stadtviertel aufgewertet und sie können sich aktiv an der Gestaltung beteiligen. Jetzt wollen wir die Beträge auf 200.000 Euro erhöhen.

Womit Meran noch kämpft, ist der knappe und teure Wohnraum in der Stadt. In eurem Programm finden sich kaum konkrete Vorschläge, um das Problem zu lösen.

Wir werden uns auf jeden Fall für leistbares Wohnen einsetzen. Wir sind bereits mit dem WOBI im Gespräch und haben Orte ausgewählt, wo neuer Wohnraum geschaffen werden kann. Zudem wollen wir die Airbnbs genau kontrollieren und den Mietern eine gewisse Sicherheit geben, dass die Mieten auch bezahlt werden. Leistbares Wohnen ist aber ein sehr schwieriges Thema, hier schwimmen wir alle. Wir sind uns bewusst, dass wir das Problem gemeinsam mit Bozen angehen müssen. Viel hängt in diesem Bereich auch von den Landesgesetzen ab.

Konkret zu den Wahlen. Wo sehen Sie die größten Unterschiede zwischen Ihnen und der Bürgermeisterkandidatin der SVP, Katharina Zeller?

Katharina Zeller ist ein Edelstein, der in der ganzen SVP Maschinerie zum Kiesel wird. Das, was sie sagt, ist beeindruckend und gefällt mir auch. Und ich finde es wichtig, dass sie versucht, die SVP zu erneuern. Aber bis sie sich mit dem ganzen Verein – bei ihrem Verein da – herumgeschlagen hat… links, rechts, oben, unten, Frauen, Männer, Arbeitnehmer, Arbeitgeber.

Gruppen, die auch in der Gesellschaft vertreten sind, oder?

Ja, aber in unserer Gruppierung starten wir alle auf demselben Punkt: Wir wollen eine ökosozial bessere Welt. Dass damit auch die Wirtschaft zusammenhängt, ist klar, aber anders als die SVP müssen wir keine Lobbys befriedigen. Ich kann es mir erlauben, die Gesamtgeschichte zu sehen und eine Vision für Meran in den nächsten 20 Jahren auszuarbeiten. Das geht bei den Lobbys nicht.

Können Sie sich eine Koalition mit der SVP vorstellen?

Ich schließe nichts aus, aber es kommt darauf an, wer von ihnen gewählt wird und inwieweit sie auf unsere Themen – Klimawandel, Verkehr und Partizipation – anspringen.

 

Katharina Zeller ist ein Edelstein, der in der ganzen SVP Maschinerie zum Kiesel wird.

 

Letztes Mal haben vor allem die Stimmen auf italienischer Seite gefehlt. Diesmal haben Sie sich bereits jetzt die Unterstützung des PD und des Movimento 5 Stelle zugesichert. Wie wirkt sich diese Unterstützung auf Euer Wahlprogramm aus?

Der PD pocht auf das Soziale. Hier kann ich mich mit dem PD gut finden. Ich komme aus einer Geschäftsfamilie und habe selbst in der Wirtschaft gearbeitet, aber was das Soziale betrifft, bin ich links. Und: Der PD will alle mitnehmen, auch die Menschen in den Vierteln draußen; in Meran wurde immer viel ins Zentrum und in den Tourismus investiert. Mir imponiert der Tourismus – so ist es nicht! Ich habe das Tourismusmuseum aufgebaut und meine Eltern haben vom Tourismus gelebt. Aber es ist wichtig, alle mitzunehmen. Beim M5S ist es die Partizipation. Man macht kein Großprojekt ohne die Miteinbeziehen der Bevölkerung. Und sie sind sensibel für Klimathemen.

Glauben Sie, dass die Unterstützung von PD und 5 Stelle reicht, um auch bei den Italienern – immerhin 50 % der Bevölkerung – zu punkten?

Meine große Angst war es, dass in Meran ein betont deutscher oder italienischer Bürgermeister kommt. Wir müssen uns um konkrete Probleme kümmern, ein Krankenhaus, eine Infrastruktur… Ob das deutsch oder italienisch ist, ist nicht wichtig. Für uns ist diese Interkulturalität die Basis. Ob jetzt ein italienischer oder ein deutscher Bürgermeister kommt, ist mir egal. Hauptsache, man arbeitet gemeinsam.

Ihre Chancen, in die Stichwahl zu kommen, sind relativ gut. Und dann?

Das hängt davon ab, wer mit mir in die Stichwahl kommt. Beim letzten Mal haben viele Dal Medico unterstützt, weil die SVP so den Vizebürgermeistersessel erobert hätte. Das war ein abgekartetes Spiel. Das glaube ich ist diesmal anders; auch weil Katharina Zeller anders ist. Und ich glaube, dass auch viele Italiener dieses Mal mitte links wählen würden.

Was sehen Sie als Ihre Achillesferse?

Mir wird oft vorgeworfen, dass ich gegen die Wirtschaft bin. Das tut mir weh. Denkt zwei Schritte weiter, dann wisst ihr, dass Einsatz fürs Klima die einzige Möglichkeit ist, damit die Wirtschaft florieren kann.

Ihre Achillesferse habe ich jetzt nicht verstanden.

Ja, wenn ich sie nicht weiß! Das klingt jetzt überheblich. Aber wir sind unglaublich motiviert und arbeiten schon lange gut zusammen. Ich bin von dem, wo wir in 20 Jahren stehen wollen, sehr überzeugt. Dadurch ist man oft hart. Nicht weil wir böse sind. Aber weil ich von dem, was ich mache, überzeugt sein will.

Klingt nach schwierigen Koalitionsverhandlungen.

(lacht) Nein, aber wir haben auch Achillesfersen. Wir haben mit Bozen nicht so einen guten Draht wie die SVP und ich merke auch, dass wir den Einflussbereich, den die SVP hat, nicht haben; auch was unsere Verankerung in verschiedenen Strukturen und Vereinen betrifft. Über mich selbst kann ich sagen, dass ich – weil ich es gewohnt bin, anderen zu vertrauen und ich immer ganz viel machen will – viele Aufgaben delegiere. Das funktioniert nicht immer gut.

 

Was wir als Gemeinde machen müssen, ist Prävention und Sensibilisierungsarbeit. Wir müssen Viertel gestalten, wo es sich leicht leben lässt.

 

Welchem Thema wird bei diesen Wahlen zu viel Beachtung geschenkt?

Der Sicherheit. Es sieht so aus, als könnte man in Meran nachts nicht herumlaufen. Es gibt natürlich Probleme, aber die gab es als ich jung war auch. Zu sagen, dass Meran total gefährlich ist, das ist einfach falsch.

Auch wenn das Problem vielleicht gar nicht so groß ist, scheinen Teile der Bevölkerung das Sicherheitsproblem als schwerwiegend zu empfinden. Was sagen Sie zu ihnen?

Das Problem kann auch geschürt werden. Wir haben die Gemeindepolizei bereits aufgestockt und wenn es Einzelpersonen gibt, die übertreiben, dann melden wir das der Staatsanwaltschaft. Es ist auch nicht so, dass es keine Überwachungskameras gäbe, denn die gibt es. Hinter jedem Eck ist eine Videokamera und die Polizei patrouilliert. Aber das sind reine Symptombekämpfungen. Sie können die eigentlichen Probleme nicht lösen. Was wir als Gemeinde machen müssen, ist Prävention und Sensibilisierungsarbeit. Wir müssen Viertel gestalten, wo es sich leicht leben lässt, wo es eine Gemeinschaft gibt, die Einzelpersonen auffängt und wo wir Sozialprojekte machen können. Ich will das Problem nicht verharmlosen, aber die Aufgabe der Gemeinde ist es, eine liebens- und lebenswerte Stadt zu kreieren. Und über Sozialprojekte Integration zu fördern.

 

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M A Fr., 08.10.2021 - 15:42

Anscheinend hast du ihn heute zum ersten Mal gehört/gelesen...?
Du solltest mit offenen Augen und Ohren durchs Leben gehen, ohne vorgefertigte Meinung über jeden/alles!

Fr., 08.10.2021 - 15:42 Permalink
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Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Fr., 08.10.2021 - 16:55

“Sie liefern den weiteren Beweis, dass salto.bz ein wahres Opa-Portal ist”;
“Umso mehr sind Anonyme imstande inhaltlich einen Beitrag zu liefern, da es ihnen nicht um ihre Selbstdarstellung geht”;
... solche Sätze erheitern sehr, sind sie doch allzusehr entlarvend und sagen mehr über den Schreiber als sie inhaltlich Gewicht hätten;
... und diese immer gleiche Abwertung aller Diskussionsteilnehmer, besonders wegen ihres Alters, ihres Berufes oder ihrer politischen Einstellung ist symptomatisch genauso wie die schamlos dargebotene eigene Selbstüberhöhung dieses anonymen Steinewerfers.
Stimmt man diesem Anonymen (niemand) nicht zu, kritisiert ihn, oder weist gar auf Unwahrheiten, Fehler (ja, auch Lügen) hin, wird er a bissl bösartig und beginnt seine immer gleichen Publikumsbeschimpfungen.
Was für eine dauerhafte stereotype öffentliche Selbstsezierung...

Fr., 08.10.2021 - 16:55 Permalink
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Profil für Benutzer Christoph Franceschini
Christoph Fran… Fr., 08.10.2021 - 17:23

An den von Alt68ern und Linken traumatisierten Freud,
Sie haben sich mit diesem wunderbaren Pseudonym am 6. März 2021 auf Salto.bz angemeldet und seitdem sage und schreibe 290 Kommentare auf diesem Portal verfasst.
Dass genau Sie das Wort Selbstdarsteller in den Mund nehmen, spottet wohl jeder Beschreibung.

Fr., 08.10.2021 - 17:23 Permalink