Politik | Landtag

Der Anti-Meloni-Beschluss

Die Südtiroler Freiheit will mit einem Begehrensantrag einen Offenbarungseid des Landtages gegen die neofaschistischen Strömungen in der neuen Regierung.
Meloni, Giorgia
Foto: Facebook/Giorgia Meloni
Es ist das passende Ambiente.
Myriam Atz-Tammerle und Sven Knoll laden am Dienstagvormittag im „Andreas-Hofer-Saal“ des Landtages zu einer Pressekonferenz. Die beiden Abgeordneten der Südtiroler Freiheit stellen dabei einen Begehrensantrag vor, den der Landtag diese Woche behandeln wird. Es ist ein hochaktueller Antrag, der zu einer durchaus kontroversen politischen Diskussion in der Aula führen dürfte.
Aber auch ein Antrag, der die Regierungsparteien Lega und SVP in die Bredouille bringen wird. Denn vor allem die Volkspartei wird bei dieser Abstimmung politisch Farbe bekennen müssen.


Der Antrag

 
Dreieinhalb Wochen nach den Parlamentswahlen reichen Sven Knoll und Myriam Atz-Tammerle einen Begehrensantrag mit dem Titel „Schutz und Ausbau der Süd-Tirol-Autonomie - NEIN zu neofaschistischen Strömungen in der neuen Regierung.
Im Einleitungstext des Antrages heißt es:
 
 „Der Ausgang der italienischen Parlamentswahl führt in Südtirol zu großer Besorgnis. Insbesondere die Äußerungen und bisherigen politischen Handlungen maßgeblicher Funktionäre der neuen Regierungsparteien zeigt auf, dass diese Sorgen nicht unbegründet sind. Der aufkeimende Nationalismus und die oftmals gehässige und nationalistische Haltung in Bezug auf Südtirol kann nicht ignoriert oder verschwiegen werden. Auch die europäische Öffentlichkeit zeigt sich darob besorgt.
 
 
 
Die Autonomie ist kein Geschenk oder Zugeständnis Italiens an Süd-Tirol, sondern ein hart erkämpftes und international anerkanntes Recht. Es ist daher nicht akzeptabel, wenn von Teilen der neuen Regierung die nichtitalienische Identität der Süd-Tiroler herabgewürdigt wird und man schon jetzt damit droht, die ethnische Autonomie in eine territoriale Autonomie umzuwandeln. Auch das Infragestellen der Schutzmachtfunktion Österreichs für Süd-Tirol ist inakzeptabel.
 

Die Verschärfung

 
Am 4. November reichen die beiden Abgeordneten der Südtiroler Freiheit aber einen Ersetzungsantrag nach, der den ursprünglichen Begehrensantrag noch einmal deutlich verschärft. „Um die neue italienische Regierung zu beurteilen, bedarf es nur eines Blicks auf die Minister, von denen sich einige bereits sehr gehässig über Süd-Tirol geäußert haben. Auch die offene Verherrlichung des Faschismus von einigen Regierungsvertretern gibt Anlass zur berechtigten Sorge“, heißt es im Ersetzungsantrag.
Das Duo Knoll/Atz-Tammerle nennt jetzt Ross und Reiter.
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat Benito Mussolini als den besten Politiker der letzten 50 Jahre bezeichnet und ein Auswandern all jener Südtiroler gefordert, die sich nicht als Italiener fühlen. Zudem wolle sie die ethnische Südtirol-Autonomie zu einer bedeutungslosen Territorialautonomie herabstufen. In allen wichtigen Fragen wolle sie den Zentralstaat stärken und somit die Autonomien schwächen.
 
 
 
 
Außenminister Antonio Tajani sorgte 2019 für einen internationalen Skandal, als er davon schwärmte, wie viele positive Dinge Mussolini getan habe. Tajani habe sich auch vehement gegen die doppelte Staatsbürgerschaft für die Südtiroler ausgesprochen und die Schutzmachtfunktion Österreichs offen in Abrede gestellt. Auch den Einsatz der Folter-Carabinieri in den 60er Jahren habe er mehrfach gerechtfertigt und diesen sogar mit dem Einsatz der spanischen Polizei in Katalonien verglichen.
Senatspräsident Ignazio La Russa habe ein Eingreifen der Staatsanwaltschaft gegen patriotische Bewegungen in Südtirol gefordert, er verherrliche die faschistischen Relikte in Süd-Tirol und ließ als Verteidigungsminister vor dem faschistischen Siegesdenkmal einen Kranz niederlegen, nachdem es in Bozen einen Protestmarsch gegen die Verherrlichung des Faschismus gegeben hatte. In der Corona-Krise rief er zudem dazu auf, anstelle des Händeschüttelns den römischen Gruß der Faschisten zu verwenden.
 
 
 
Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida habe mit unzähligen Parlamentsanfragen seine Gehässigkeit gegen Südrirol gezeigt. Er forderte sogar ein Einschreiten der Regierung gegen Südtirol, um die „nationale Integrität“ Italiens zu schützen. Er fordert auch eine Auslieferung der im Exil lebenden Südtiroler Attentäter.
Der Minister für die wirtschaftliche Entwicklung Adolfo Urso sei immer wieder durch seine rechtsextreme Politik aufgefallen und habe faschismusverherrlichende Publikationen veröffentlicht.
Tourismusministerin Daniela Santanchè verherrliche den Duce und behaupte, dass es ohne Mussolini keine Volksbauwohnungen gäbe.
Staatssekretär Galeazzo Bignami habe einen Skandal provoziert, nachdem Photos von ihm veröffentlicht wurden, die ihn zeigen, wie er bei einer Veranstaltung eine Nazi-Uniform mit Hakenkreuz am linken Arm trägt.
 

Die Forderungen

 
Angesichts dieses erschreckenden Einblickes in die ideologische Prägung der neuen Regierung, ist die Enthaltung der Südtiroler Parlamentarier in Rom bei der Vertrauensabstimmung höchst problematisch, denn die Frage, wie man es mit der neofaschistischen Regierung Meloni hält, ist letztlich auch eine Frage der Glaubwürdigkeit für Südtirol“, schreiben die beiden patriotischen Politiker in ihrem Begehrensantrag.
Im beschließenden Teil wird dann eine Reihe von Forderungen an den Landtag gestellt:
 
  • Der Südtiroler Landtag äußert sein Missfallen darüber, dass Personen mit einer offenkundig neofaschistischen Haltung in Regierungsämter gehoben wurden und verurteilt deren Äußerungen und Handlungen entschieden.
  • Der Südtiroler Landtag unterstreicht die Unantastbarkeit der ethnischen Autonomie zum Schutze der österreichischen Minderheit deutscher und ladinischer Muttersprache im italienischen Staatsgebiet.
  • Der Südtiroler Landtag verwehrt sich gegen das Infragestellung der Schutzmachtfunktion Österreichs für Südtirol und unterstreicht deren politische Bedeutung für Südtirol, die keinesfalls mit der Streitbeilegung 1992 beendet wurde.
     
 
 
  • Der Südtiroler Landtag fordert die neue italienische Regierung auf, die Südtirol- Autonomie vollumfänglich anzuerkennen, verlorengegangene Kompetenzen wiederherzustellen sowie die Autonomie gemäß den Wünschen der Südtiroler Bevölkerung ─ die im Autonomie-Konvent postuliert wurden ─ auszubauen.
  • Der Südtiroler Landtag spricht sich gegen die Einführung eines gesetzlichen Feiertages am 4. November aus, mit dem der Sieg Italiens im Angriffskrieg gegen Österreich-Ungarn glorifiziert werden soll.
Der Antrag wird vor allem die Regierungsparteien Lega und SVP in die Bredouille bringen.
Sicher ist: Es wird eine interessante Diskussion im Landtag werden. Vor allem darf man gespannt sein, wie sich die SVP zu diesem Antrag verhalten wird.
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Manfred Klotz Di., 08.11.2022 - 13:15

Wie wird sich die SVP schon verhalten? Mit Nein wird sie stimmen, wenn der ultrarechte Parteiflügel schon so weit gekommen ist sich Meloni und Co. anzubiedern...
Wobei der Beschlussantrag in Teilen wieder Schwachsinn ist und eben Begründungen liefert mit Nein zu stimmen. Die STFler werden einfach nicht klüger.

Di., 08.11.2022 - 13:15 Permalink
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Am Pere Mi., 09.11.2022 - 10:23

Antwort auf von Manfred Klotz

Den Antrag als Schwachsinn abzutun, finde ich überzogen. Die deutschsprachigen Südtiroler sollten froh sein, dass zumindest eine Partei sich bemüht deren Rechte zu bewahren.
Ist Ihnen bekannt, dass Lollobrigida gefordert hat, dass Art und Form der Kommunikation oder Information im öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Raum bzw. jene, die eine öffentliche Förderung erhalten haben bzw. von öffentlichem Belang sind, ausschließlich auf Italienisch stattfinden solle?

Mi., 09.11.2022 - 10:23 Permalink
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△rtim post Mi., 09.11.2022 - 09:38

Die Zeiten sind schon herausfordernd genug, um aus (taktischen) Gründen ein so zentrales Anliegen des Landes und der Bevölkerung zu kontrakarieren anstatt vielmehr gemeinsam geschlossen und entschlossen klug zu handeln. Ex unitate vires.
Wieso spricht sich die Süd-Tiroler Freiheit nicht zielführend mit den anderen autonomiefreudlichen Fraktionen im Vorfeld ab, um einen gemeinsamen Antrag einzubringen?

Mi., 09.11.2022 - 09:38 Permalink
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Albert Mairhofer Di., 15.11.2022 - 17:58

Südtirol, Opfer des 1. Energiekrieges!
Die Hintergründe des 1. Weltkrieges ähnelten denen des jetzt sich entwickelnden Ukrainekonfliktes. Dieser erinnert an die Kriegserklärung an Österreich im Jahr 1915, zu der Italien durch seine Abhängigkeit von Kohle aus Großbritannien gezwungen wurde. Dies vertrat Anton Zischka in seinem Buch „Afrika, die erste Einheitsaufgabe Europas“), Die eigentliche Absicht war also, den „Dreibund“ zu sprengen und Kontinentaleuropa zu schwächen! Der anschließende Griff nach der „Weißen Kohle“ führte zur Teilung Tirols an der Wasserscheide!

Anstelle des Vereinigten Königreichs versuchen nun die Vereinigten Staaten, ihre Weltmacht zu verteidigen, indem sie Zwietracht zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine säen. Die Folge ist nun ein offener Krieg. Die Europäische Union steuert wegen seiner Energieabhängigkeit erneut auf eine Wirtschaftskrise und eine Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten zu.“
P.S.
• Südtiroler und italienische Soldaten aus dem noch zu Österreich gehörenden Trentino kämpften in Galizien in der heutigen Ukraine, dies bezeugen Kriegerdenkmäler!
• Die (vermutlich von England angezettelte? ) Ermordung des Thronfolgerpaares führte zwangsläufig zum Krieg gegen Serbien, dem kam Russland zu Hilfe, durch Frankreich kam es zum Zweifrontenkrieg. Um einen Sieg der Achsenmächte unmöglicher zu machen, wurde noch das Königreich Italien gezwungen, dem Nachbarn und Bündnispartner (Dreibund) Österreich in den Rücken zu fallen. Durch den Kriegseintritt der USA wurde Kontinentaleuropa in einen Dreifrontenkrieg zerschlagen. Die Vereinigten Staaten wurden zur neuen Weltmacht, die sie nun in einem Stellvertreterkrieg - diesmal wieder in Europa - verteidigen! Europa ist gerade wieder dabei, darauf hereinzufallen und nicht aus der Geschichte zu lernen. Warum lässt die Landesregierung Südtiroler nicht an die Nutzung der Wasserkraft teilhaben?

Di., 15.11.2022 - 17:58 Permalink