Politik | EU-Parlament

Das ganze Jahr Sommer?

Die Zeitumstellung auf dem Prüfstand – auch für Herbert Dorfmann ist der Wechsel zwischen Winter- und Sommerzeit überholt und “eher lästig”. Welche Zeit aber wollen wir?
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Foto: Pixabay

Die einen verkaufen es als Erfolg, die anderen halten sich eher zurück. Am Donnerstag hat das EU-Parlament in Straßburg über die Abschaffung der Zeitumstellung abgestimmt. Das Ergebnis: 384 Abgeordnete sprachen sich dafür aus, dass die Richtlinie über die Regelung der Sommerzeit einer “gründlichen Bewertung” unterzogen – und eventuell überarbeitet werden soll. 153 stimmten dagegen, 12 enthielten sich.

Die Forderung, die Sommerzeit ganz abzuschaffen, fand im EU-Parlament hingegen keine Mehrheit. Dennoch jubiliert Bernhard Zimmerhofer. “Abschaffung der Sommerzeit in greifbarer Nähe!”, freut sich der Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit – das EU-Parlament sei “einer alten Forderung” seiner Partei nachgekommen. Erst vergangenen März hatte Zimmerhofer das Thema in den Landtag gebracht, war aber mit seinem Antrag abgeblitzt. Nach dem Votum in Straßburg liegt der Ball nun bei der Europäischen Kommission.

“Sommerzeit” ist laut der geltenden EU-Richtlinie “die Zeit des Jahres, in der die Uhr gegenüber der Uhrzeit während der übrigen Zeit des Jahres um 60 Minuten vorgestellt wird”. Seit 1996 wird die Uhr in jedem EU-Mitgliedsstaat am letzten Sonntag im März um 1 Uhr morgens Weltzeit (2 Uhr Mitteleuropäische Zeit) um eine Stunde vorgestellt – und am letzten Sonntag im Oktober um eine Stunde zurück.
Die Sinnhaftigkeit der Umstellung von Winter- auf Sommerzeit wird seit Längerem hinterfragt. In Deutschland wurde sogar eine Unterschriftenaktion gestartet, Polen denkt laut darüber nach, die Zeitumstellung auf eigene Faust abzuschaffen. “Es besteht ein gewisser Druck aus den Mitgliedsstaaten”, bestätigt Herbert Dorfmann. Er selbst sei “grundsätzlich dafür”, die Zeitumstellung abzuschaffen, verrät der Südtiroler EU-Parlamentarier: “Weltweit ist die Zeitumstellung nicht normal, warum sollten wir also daran festhalten?”

Eingeführt wurde die Sommerzeit vordergründig zum Zwecke der Energieeinsparung. Was wenig gebracht hat, wie auch Herbert Dorfmann weiß. Gesundheitliche Probleme, Schwierigkeiten in der Landwirtschaft, häufigere Verkehrsunfälle – die Auswirkungen der Zeitumstellung auf das tägliche Leben werden in vielerlei Studien erforscht. “Auch wenn viele Berichte mit Vorsicht zu genießen sind”, mahnt Dorfmann, für den das Gezerre um die Zeitumstellung schon Ausmaße eines “Hypes” angenommen haben.

“Grundsätzlich aber”, betont er, “bringt die Zeitumstellung nicht mehr viel und ist eher lästig”. “Aber wir müssen uns dann fragen: Welche Zeit wollen wir?” Für Dorfmann kann es nur eine geben: die Sommerzeit. “Die würde dem Großteil der Bevölkerung in der EU zugute kommen. Würden wir bei der Winterzeit bleiben, würde es etwa im Sommer sehr früh hell und sehr früh dunkel werden.”

Zeitumstellung abschaffen, Sommer- oder Winterzeit ganzjährig einführen – für Diskussionsstoff ist noch ausreichend gesorgt. Nun ist erstmal die EU-Kommission am Zug, sie wird die Vor- und Nachteile der Zeitumstellung untersuchen und gegebenenfalls Änderungen der entsprechenden Richtlinie vorschlagen. Zu einer Erkenntnis ist man in der Kommission schon gekommen: Wenn, dann muss die gesamte EU mitziehen. Den einzelnen Mitgliedsstaaten die Abschaffung gänzlich frei zu stellen, “wäre schädlich für den Binnenmarkt”, betont EU-Vekehrskommissarin Violeta Bulc. Das sieht auch Herbert Dormann so: “Würden einzelne Länder, wie Polen, die Zeitumstellung abschaffen, wäre das der Super-GAU und nicht nur Fahr- und Flugpläne würden durcheinander kommen.”

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Markus Gufler Sa., 10.02.2018 - 10:54

Für mich gibt es einen einzigen Grund dafür: die EU könnte zeigen, dass sie eine relativ einfache Sache, schnell, effizient und vor allem gemeinsam auf den Weg bringt, ohne unnötig lange darüber zu debattieren. Sozusagen, eine lockere Aufwärm-Übung für Entbürokratisierung und so weiter.
Oder anders herum gesagt: Wenn auch nur darüber nachgedacht wird, dass Polen vieleicht alleine könnte, weil andere noch nicht genau wissen, ob sie denn wollen dürften, und was das dann für Auswirkungen hätte ... dann sollten wir lieber ehrlich zu uns sein und sagen: "Europa" das ist ein Kontinent wo die Steine tektonisch gegeben aus dem Wasser schauen, was sich auch nicht so schnell ändern wird. Aber das "U" könnt ihr getrost den Gulli runter spülen.

Sa., 10.02.2018 - 10:54 Permalink