Umwelt | Mobilität

Der Dolomiten-Gipfel

Pozza di Fassa als Schauplatz eines zukunftsweisenden Treffens. Landes- und Lokalpolitik will mit Wirtschaft und Tourismus zusammen für die Dolomitenpässe arbeiten.

“Wir sind heute nicht hier, um eine Lösung aufzuzwingen, sondern um einen partizipativen Prozess in Gang zu setzen, der alle Lösungen berücksichtigt.” Mit diesen Worten begrüßte der Trentiner Mobilitätsassessor Mauro Gilmozzi die Teilnehmer des Treffens am Dienstag Abend in der Gemeindestube von Pozza di Fassa. Gekommen waren neben Gilmozzi sein Südtiroler Kollege Florian Mussner, Umweltlandesrat und amtierender Präsident der Stiftung Dolomiten UNESCO Richard Theiner sowie zahlreiche Bürgermeister der Dolomiten-Gemeinden. Darunter auch die Bürgermeister von St. Ulrich, Tobia Moroder, und Wolkenstein, Roland Demetz. Ebenfalls anwesend waren Vertreter der Wirtschafts- und Tourismustreibenden. Es war ein heißes Thema, das allesamt an einen Tisch gebracht hatte: die Zukunft der Dolomitenpässe.


Mehr Besucher, aber weniger Autos

Gilmozzi und Mussner sprechen sich bekanntlich schon seit längerem dafür aus, die Pässe zeitweilig zu sperren beziehungsweise eine Mautgebühr einzuführen. Dadurch soll die Umwelt entlastet und das Weltnaturerbe Dolomiten für Touristen attraktiver werden. In einem Pilotprojekt wollten die beiden Mobilitätslandesräte das Sellajoch im kommenden Sommer probeweise zu gewissen Tageszeiten für den Verkehr schließen. Dagegen waren nicht nur Wirtschaft und Tourismus Sturm gelaufen. “Verkehrsbeschränkungen auf den Passstraßen würden wie eine Attacke auf die Wirtschaft aller ladinischer Talschaften empfunden werden”, hatte etwa Osvaldo Finazzer, der Sprecher eines ad hoc gegründeten Komitees der Wirtschaftstreibenden auf den Dolomitenpässen, gemeint. Auch die Bürgermeister sämtlicher ladinischer Gemeinden haben sich einstimmig gegen das Experiment der temporären Passsperren gestellt.

Das Treffen am gestrigen Dienstag stand also unter keinem besonders guten Stern. Und doch wollte Gilmozzi alle beteiligten und betroffenen Parteien anhören, um “Entscheidungen, die vor Ort geteilt werden” treffen zu können. Seit Februar dieses Jahres haben die Länder Südtirol und Trentino die Möglichkeit, selbst Geschwindigkeitsbegrenzungen und Verkehrsbeschränkungen auf ihren Straßen einzuführen, um Landschaft und Umwelst zu schützen. Am 10. Februar genehmigte der Ministerrat in Rom die entsprechende Durchführungsbestimmung, die insbesondere für die gemeinsamen Passstraßen angewandt werden soll.


Tobia Moroder und Roland Demetz (2. und 3. v.l.)

Das erklärte Ziel des Trentiner Assessors ist dabei, “die Anzahl der Personen, die auf die Pässe gelangen, zu erhöhen; den Autoverkehr und die Verschmutzung hingegen zu verringern.” Gilmozzis Vision, ein “Change-Management” für die Dolomitenpässe, um diese aufzuwerten und gleichzeitig die wirtschaftliche Entwicklung anzukurbeln. Erreicht werden soll dies unter anderem durch ein “Weg von der Idee einer einfachen ‘Verkehrsregelung’ hin zu einer neuen Idee des ‘Verkehrsfluss- und Mobilität-Managements’”, so Gilmozzi.und zwar vor dem Hintergrund einer nahhaltigen Entwicklung, die auch zur Aufwertung des touristischen Angebots beitragen soll. Für diese Vision gab es dann auch durchwegs Zustimmung unter den Anwesenden – zur Freude von Florian Mussner (“Wir haben verstanden, dass die Bürgermeister unsere Ideen teilen, und das ist ein ausgezeichnetes Ergebnis”) und Richard Theiner (“Das, was heute herausgekommen ist, ist wichtig und wertvoll”).


Ein erster Schritt

Erste konkrete Vorschläge für das neue “Pass-Management” sehen etwa ein Verkehrsmonitoring auf den Pässen ab Juni 2016 vor. Ebenso stehen die Potenzierung nachhaltiger Verkehrsmittel im öffentlichen Transport, Geschwindigkeitsbeschränkungen, weniger Parkplätze entlang der Passstraßen sowie eine Reduzierung der Luft- und Lärmbelästigung auf der Liste, die Gilmozzi am Dienstag Abend präsentieren ließ. Theiner dazu: “Wir müssen den Mut haben, alternative Mobilität auf der Straße zu fördern, zusammen zu arbeiten und Vertreter von Institutionen, Umweltschützern und Wirtschaft mit einzubeziehen.”

Der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich mit den Bürgermeistern und den Wirtschafts- und Tourismustreibenden aber schließlich einigte, ist die Einsetzung einer Arbeitsgruppe. Diese soll sich um die Ausarbeitung und Umsetzung des Projekts zur Aufwertung der Dolomitenpässe kümmern. Ein erster Schritt, der alle Beteiligten – Landesräte, Bürgermeister und Wirtschafts- wie Tourismustreibende – zufrieden stimmt, wie Gilmozzi mit Nachdruck bekräftigt: “Il tema della mobilità e sviluppo sostenibile sui passi dolomitici è stato in passato terreno di scontro, oggi è, invece, terreno di incontro e confronto costruttivo.” Beweis dafür ist auch die Reaktion von Osvaldo Finazzer. Er war ebenfalls beim Treffen am Dienstag Abend dabei und meinte: “Wir waren stets sehr besorgt, aber mit diesem Programm glaube ich, dass es Vorteile und gute Resultate – auch wirtschaftlicher Art – für alle geben wird.”