Politik | Mehrsprachigkeit

Elena und Alex

Elena Artioli versucht sich als Brückenbauerin. In ihrem angenommenen Antrag zur Mehrsprachigkeit zitiert sie Alexander Langer und spricht von einem “Wendepunkt”.
Alexander Langer im Landtag
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser

Es passiert nicht oft, dass Elena Artioli Alexander Langer zitiert. Aber wenn sie es tut, dann kann es eigentlich nur einen Grund dafür geben. Mag die Landtagsabgeordnete von Team Autonomie in Auftritt und politischen Visionen mit dem Grünen Politiker und Vordenker kaum etwas gemein haben, gilt sie dennoch als eine große Verfechterin der mehrsprachigen Schule. Und um die ging es am Donnerstag im Landtag. Mit deutlicher Mehrheit wurde ein Antrag von Elena Artioli angenommen, in dem sie forderte, Mehrsprachigkeitsmodelle an Südtirols Schulen weiterhin zu unterstützen.

Drei Hand in Hand

Kann sein, dass es sich dabei um einen “sehr weichen” Antrag handelt, wie der Grüne Landtagsabgeordnete Riccardo Dello Sbarba anmerkte. Konkret wird die Landesregierung über den Antrag einzig dazu verpflichtet, “weiterhin verschiedene von den Familien und der Wissenschaft geforderte Mehrsprachigkeitsmodelle zu unterstützen”. Eine mutigere Formulierung hätte dem Dokument jedoch nicht die Unterstützung der drei Bildungslandesräte gesichert, die den Antrag nach einigem Ringen mit unterzeichnet haben. Und zudem kommt dieses Signal aus dem Landtag zu einem Zeitpunkt, in der die Debatte um die Mehrsprachigkeit an den Schulen wieder ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt ist und kontrovers diskutiert wird.

Erst Ende Februar hatte Senator Francesco Palermo seinen Vorschlag präsentiert, mit dem er mehrsprachige Klassen flächendeckend im ganzen Land möglich machen will. Falls genügend Nachfrage vonseiten der Eltern besteht. Dass es vor allem die Familien – und zwar aller Sprachgruppen – seien, die mehrsprachige Projekte im Bildungsalltag ihrer Kinder fordern und damit eine Vorreiterrolle einnehmen, hat auch Elena Artioli in ihrem Beschlussantrag festgehalten. “Diese Projekte dürfen nicht nur wenigen Privilegierten zugänglich sein, sondern allen zur Verfügung stehen”, verlangt sie und schlägt dazu eine verstärkte Zusammenarbeit der drei Schulämter in Sachen mehrsprachige Projekte vor. Denn: “Das deutsche, italienische und ladinische Schulamt gehen nicht gleich schnell auf die neuen Anforderungen ein und unterscheiden sich auch in ihrem Ansatz.”

Mit Langer in die Zukunft

Eine Gefährdung des Rechts auf die eigene Muttersprache sieht Artioli – im Gegensatz zur Süd-Tiroler Freiheit (STF), die am Beispiel Aosta jüngst vor einem “Verlust der Identität” warnte – nicht. “Es wird nicht in Frage gestellt”, konterte die Landtagsabgeordnete am Vormittag in Richtung STF. “Was wir wollen ist eine Politik, die auf die Erinnerung an Alexander Langer zurückzuführen ist, der sich Fragen zur Gemeinschaftszugehörigkeit und zu den Beziehungen zwischen verschiedenen Kulturen stellte und dabei versuchte Brücken zu bauen, um das Konfliktpotenzial zwischen den Sprachgruppen zu überwinden.” Seien es damals “die Ideale, die von Langer als weder rechts- noch linksgerichtet definiert wurden” gewesen, die das Interesse und die Aufgeschlossenheit gegenüber der Mehrsprachigkeit veranlasst hätten, so seien es heute “konkrete Gründe wie Gesundheit, gesellschaftliches Zusammenleben und Kompetenz”. Ausgehend von Langer, und dessen Gedanken an den Zeitgeist angepasst, solle nun “gemeinsam voraus geblickt” werden.

Der Panikmache, die am Donnerstag vor allem aus dem deutschsprachigen rechten Eck zu hören war, schob der Landesrat für die deutsche Schule, Philipp Achammer, schließlich einen Riegel vor. “Schwarzmalerei und Ideologisierung sollten beim Thema Mehrsprachigkeit und Schule unterlassen werden”, mahnte er. Die Wahrheit liege nämlich, wie so oft, in der Mitte: “Dieser Beschluss jedenfalls verstärkt nur, was bereits getan wird und rührt den Art. 19 des Autonomiestatuts (betreffend den muttersprachlichen Unterricht Anm. d. Red.) nicht an.”

Die kritischen Stimmen zur mehrsprachigen Schule wird Achammer damit zum Verstummen bringen. Doch für Elena Artioli gibt es Grund zur Freude. Sie spricht von einem “Wendepunkt”, der durch die Annahme ihres Antrages mit 20 Ja, 9 Nein und 1 Enthaltung im Landtag herbeigeführt werde. Große Hoffnungen setzt die Landtagsabgeordnete vor allem in den verbesserten Dialog zwischen den drei Schulämtern: “Ein Dialog, der eindeutig in eine gemeinsame Zukunft blickt, immer mehrsprachiger und inklusiver.” Ob sich Alexander Langer heute wohl mitfreuen würde?