Chronik | Tierwohl

“Grobe Missstände aufzeigen!”

Nach dem Fund von 19 toten Kühen in einem Stall in Wiesen spricht man beim Bauernbund von einem “extremen Einzelfall”. SBB-Obmann Tiefenthaler ruft zu Zivilcourage auf.
Kühe
Foto: Pixabay

19 tote Kühe in einem Stall in Wiesen – der Fall, der Anfang der Woche bekannt wurde, beschäftigt auch den Südtiroler Bauernbund (SBB) und die hiesigen Tierzuchtverbände. Man spricht von einem “extremen Einzelfall, der uns bestürzt”.
Vergangenen Freitag hatten Feuerwehrleute die verendeten Tiere aus einem Stall bei einem Hof in Wiesen geborgen. Die Tiere waren schon einen Monat tot gewesen. Der Bauer wurde wegen Tierquälerei angezeigt. “Es handelt sich um einen äußerst extremen Einzelfall, der uns ergreift und traurig macht”, schreibt SBB-Obmann Leo Tiefenthler in einer Aussendung. Er will aber auch klarstellen: “Die Tierhaltung steht in Südtirol für das genaue Gegenteil, nämlich Bauern, die sich täglich mit großem Einsatz um ihre Tiere kümmern und in das Tierwohl investieren.”

Rund 8.000 rinderhaltenden Landwirte gibt es in Südtirol. “Sie leben von ihren Tieren und kümmern sich deshalb um ihre artgerechte Haltung”, betont Tiefenthaler. “Tierärzte und Experten loben allgemein die Tierhaltung in Südtirol sowie die kleinen Bestandsgrößen, die eine direkte Beziehung des Bauern zu seinen Tieren und eine optimale Tierpflege möglich machen. Umso bestürzter sind wir über den Fall in Wiesen, der nicht weiter von dem täglichen Einsatz der Bauern und dem hohen Tierhaltungsstandard in Südtirol entfernt sein kann.”

Die Landwirte würden laufend in das Tierwohl investieren, etwa durch den Bau von artgerechten Laufställen. Zudem würden die angebotenen Beratungen, Informationen und Weiterbildungen der Beratungsorganisationen, Zuchtverbände und des Bauernbundes von den Tierhaltern sehr gut angenommen. “Tierwohl ist ein Thema, für das die Bauern sensibilisiert sind und um das wir uns kümmern”, bekräftigt der Obmann der Vereinigung der Südtiroler Tierzuchtverbände Siegfried Gatterer.
Es falle schwer, die Hintergründe zu verstehen, die zu Verwahrlosung und Tod der Tiere in Wiesen geführt haben. “Dennoch müssen wir auch die menschlichen Probleme sehen, die hinter diesem bedauernswerten Fall stehen”, mahnt Leo Tiefenthaler. Der Bauernbundobmann unterstreicht die Wichtigkeit, Probleme rechtzeitig zur Sprache zu bringen: “Das Aufzeigen grober Missstände hat nichts mit Denunzieren zu tun, sondern ist ein Akt der Zivilcourage.”

Der Landtagsabgeordnete der Bürgerunion, Andreas Pöder, hat indes eine Landtagsanfrage zu dem Fall eingereicht. “Ich will nicht über den Hofbesitzer urteilen, weil ich nicht weiß, was dahintersteckt”, so Pöder. Er vermutet: “Hier haben wohl einige Stellen entweder zu wenig kontrolliert oder es wurde zu lange weggeschaut.” Und fordert Aufklärung durch die Landesregierung, “warum den zuständigen Landesstellen und den öffentlichen Stellen vor Ort die miserablen Zustände am betreffenden Hof nicht aufgefallen sind”.

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Sigmund Kripp Mi., 09.05.2018 - 18:14

Wenn Tiefenthaler meint “Das Aufzeigen grober Missstände hat nichts mit Denunzieren zu tun, sondern ist ein Akt der Zivilcourage” dann hat er Recht. Allerdings war diese Meinung in der Welt der bäuerlichen Organisationen bisher nicht wirklich verbreitet.....

Mi., 09.05.2018 - 18:14 Permalink