Politik | Resolution

Sterzing erklärt Klimanotstand

Der Stadtrat von Sterzing erlässt eine Resolution zum Klimanotstand. Damit reagiert die erste Südtiroler Stadt auf ein Rundschreiben des „Klima-Bündnis“
Debiasi, Verena
Foto: Der Erker

Am 17. Juli entschied die Gemeinde Sterzing, ihre Bemühungen zum Klimaschutz nicht nur konkret, sondern auch rechtlich bindend umzusetzen, und erließ die Resolution 318 zum Klimanotstand. Kurz davor hatte sie ein Rundschreiben vom Klima-Bündnis erreicht, dem weltweit größten Städtenetzwerk, das sich auf lokaler Ebene für den Klimaschutz einsetzt, mit der Aufforderung, den Klimanotstand auszurufen. Seit 1990 kämpft das aus über 1.700 Städten und Gemeinden bestehende Netzwerk Klima-Bündnis gegen den Klimawandel. Ab diesem Sommer beteiligt sich auch das rund 7.000 einwohnergroße Mitglied Sterzing verpflichtend am Klimaschutz. „Das Schreiben des Klima-bündnis erwischte uns eigentlich nur da, wo wir zurzeit eh schon stehen“, erklärt die Sterzinger Stadträtin Verena Debiasi, „aus diesem Grund haben wir umgehend darauf reagiert. Jetzt haben wir den Status quo schwarz auf weiß.“  Zwar erhielten alle Gemeinden des Klima-Bündnis dieses Rundschreiben, in Südtirol scheint Sterzing bisher aber als einzige Gemeinde reagiert zu haben.

Dem Einsatz für die Umwelt hatte sich die Gemeinde Sterzing bereits 2017 verschrieben, als sie dem Programm KlimaGemeide der Agentur für Energie Südtirol beitrat. Seitdem folgten verschiedene Maßnahmen, wie etwa energetische Sanierungen der gemeindeeigenen Gebäude oder der Anschluss von mehr als 90 Prozent der öffentlichen Gebäude an die Biomasse-Fernwärme. Mit diesen Aktionen erhielt Sterzing die Zertifizierung „KlimaGemeinde Bronze“. Mit der neuen Resolution wolle die Gemeinde nun Silber erreichen, erklärt Stadträtin Debiasi.

Der Beschluss wurde vom Stadtrat einstimmig erlassen. Darin heißt es, die Gemeinde erkläre „den Klimanotstand, der unsere Gemeinde, Region und Land sowie die Menschheit und natürliche Welt bedroht“. Sie verpflichte sich deshalb „zu einem gerechten Wandel mit der Vision einer CO2-freienZukunft, die so schnell wie möglich und nicht später als 2030 100 % fossil-frei ist und auf 100% erneuerbaren Energien basiert.“

Konkret heißt das: Jede Entscheidung werde ab sofort danach geprüft, was die beste Alternative vom Klimastandpunkt aus ist, erklärt Debiasi: „Wenn wir künftig ein Fahrzeug kaufen, werden wir nicht nur danach entscheiden, was am günstigsten ist, sondern danach, was dem Klima zuträglicher ist." Dass dies kein Lippenbekenntnis bleiben soll, will Debiasi am Beispiel der Mülltrennung der Gemeinde zeigen. Zwar habe es Wertstofftrennung bereits gegeben, man müsse diese aber besser in die Praxis umsetzen. „Wir haben unsere kleinen Mülleimer entsorgt und farbenfrohe Container in allen öffentlichen Ämtern aufgestellt, sowie die Belegschaft aufgefordert, richtig zu Recyceln und ihren Abfall zu trennen. Der Müll wird dann von Elektrofahrzeugen abgeholt werden,“ so die Stadträtin. 

 

Uns ist bewusst, dass wir als Gemeinde die Welt nicht verändern können. Wir können aber ein Zeichen setzen und hoffen, dass andere Gemeinden unserem Beispiel folgen, um somit von der Basis aus, den Druck spürbarer zu machen

 

Die Gemeinde geht also mit gutem Beispiel voran, erklärt Debiasi: „Wir wollen das Leben, das wir den anderen predigen, zu leben, vorleben.“ Um dem Klimaschutz einen Schritt näher zu kommen, reiche es aber nicht nur, die Gemeinde klimafreundlicher zu gestalten, sondern es müsse auch die Bevölkerung sensibilisiert werden, so Debiasi. Daher laufen bereits verschiedene Kampagnen in Schulen und Kindergärten, unter anderem auch die Aktion mit den von Farben gekennzeichneten Mülleimern, um Lehrer, Schüler und Eltern auf das Thema aufmerksam zu machen.

Auf die Frage, wie diese neuen Maßnahmen finanziell vereinbar seien, antwortet die Stadrätin: „Zunächst einmal werden wir versuchen zu schauen, wo wir unseren Energieverbrauch reduzieren können.“Grundsätzlich müsse man aber langfristig denken: „Wenn wir die Schäden der CO2 Emissionen nicht vorbeugen, wirkt sich das auf unsere Energiekosten der Zukunft aus. Genauso wird es sich negativ auf unsere Gesundheit auswirken, was wiederum Kosten verursacht. Wenn man diese langfristigen Faktoren mit einbezieht, bin ich sicher, dass diese Klimahausprojekte sich rentieren.“

Niemand könne mehr die Augen vor der Tatsache verschließen, dass Klimawandel ein Fakt ist, betont Debiasi. Aus diesem Grund sei es wichtig, nicht nur darauf zu warten, dass „von oben“ was geschehe, sondern bereits „von unten“, also von den kleineren Gemeinden zu beginnen. „Uns ist bewusst, dass wir als Gemeinde die Welt nicht verändern können. Wir können aber ein Zeichen setzen und hoffen, dass andere Gemeinden unserem Beispiel folgen, um somit von der Basis aus, den Druck spürbarer zu machen,“ so Debiasi. Die Fridays vor Future- Bewegung darf sich freuen- sie scheint in Südtirol erste Verbündete gefunden zu haben.

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Sepp.Bacher Mo., 12.08.2019 - 11:45

Der Gemeinde Sterzing ist nur zu gratulieren!
Dass energetische Sanierungen - aber warum nur der gemeindeeigenen Gebäude? - wichtig ist, ist mir klar. Ein Fragezeichen stellt sich mir, ob Biomasse-Fernwärme Klima-günstiger ist? Wird nicht beim Verbrennen von Biomasse genauso CO2 frei gesetzt? Und inwieweit hat die Mülltrennung direkt mit der CO2-freien Zukunft zu tun? Wer kann mir das beantworten? Danke!

Mo., 12.08.2019 - 11:45 Permalink