Wirtschaft | Welthandel

Vereinte TTIP-Gegner

Was geht uns das TTIP an? Viel – wird in dieser Woche mit gleich zwei Veranstaltungen unterstrichen.

Am Beginn kannten sie nur Insider. Mittlerweile sind  Kürzel wie TTIP oder Ceta zum Inbegriff für den Lobbyismus großer Konzerne , eine grenzenlose Liberalisierung und Privatisierung sowie undemokratische Entscheidungsprozesse geworden. Nach dem Verbot einer offiziellen Europäischen Bürgerinitiative gegen die hinter verschlossenen Türen verhandelten Handels- und Investitionsabkommen mit den USA und Kanada haben sich europaweit 460 Organisationen über die Plattform Campact zu einer selbstverwalteten Volksbefragung zusammengeschlossen, für die bis heute mehr als 2,6 Millionen Unterschriften gesammelt wurden.

Doch auch in Südtirol bewegen die bilateralen Abkommen in der Zwischenzeit nicht nur 774 Mitglieder der Offenen Facebook-Gruppe „SüdtirolerInnen informieren - TTIP TAFTA“. Am Mittwoch Vormittag diskutierten Gewerkschaften, Verbraucherschützer und Interessierte unter der Schirmherrschaft des CGIL über die Befürchtungen, die mit den Abkommen verbunden sind: vom drohenden Souveränitätsverlust einzelner Staaten oder die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen bis hin zu möglichen lokalen Auswirkungen auf Südtirols kleinstrukturierte Landwirtschaft oder die Südtirol-Marke. Am kommenden Freitag findet erstmals eine gemeinsame Initiative von AktivistInnen aus der Zivilgesellschaft und den drei Gewerkschaften ASGB, AGB/CGIL und SGB/CISL statt: Sie haben für den 11. September von 17 bis 19 Uhr eine Kundgebung und Debatte auf dem Bozner Musterplatz organisiert.  

Was ist ein Verschwörungstheoretiker gegen einen Verschwörungspraktiker?

Ein längst überfälliges Zusammenspiel im Rahmen des Bündnis/Piattaforma Stopp TTIP Südtirol/Sudtirolo, das laut Mitinitiator Markus Lobis auch anderen Interessierten offen steht. Gerade in Sachen Arbeitsmarkt sieht er jede Menge Gründe, gegen Abkommen im Geist des TTIP zu mobilisieren. Dazu gehört auch das ebenso in Verhandlung befindliche Diensthandelsabkommen TISA. „Wenn man die Bestrebungen dahinter brutal auf den Punkt bringen möchte, geht es dabei darum, dass ein US-Konzern in Bozen mit  philippinischen MitarbeiterInnen und unter philippinischen Konditionen eine Klinik betreiben möchte“, bringt Lobis ein Beispiel. Die klassischen Argumente eines Verschwörungstheoretikers? Was ist ein Verschwörungstheoretiker gegen einen Verschwörungspraktiker, kontert Lobis. Denn: „Wenn 300 oder 600 Menschen hinter verschlossenen Türen Bestimmungen aushandeln, die für die ganze Welt von Bedeutung sind, was bitte ist das als eine klassische Verschwörung?“

Wer dagegen auftreten möchte, findet dazu nun auch hierzulande immer mehr Gleichgesinnte. Auf die zwei Veranstaltungen diese Woche sollen im Rahmen internationaler Aktionswochen im Oktober weitere Initiativen folgen. Unter anderem wurde von der neuen Plattform bereits ein Bus nach Berlin organisiert, der SüdtirolerInnen die Teilnahme an einer Großdemonstration gegen TTIP und Ceta am 10. Oktober erleichtern soll. Doch auch  weniger aktivistisch orientierten MitbürgerInnen rät Lobis, sich mit den sogenannten Freihandelsabkommen und ihren Folgen auseinanderzusetzen. Was aber kann der Einzelne im kleinen Südtirol daran überhaupt ändern? In einer vernetzten und digitalisierten Welt im Zusammenspiel mit anderen sehr viel, meint Markus Lobis: „Wenn wir in Südtirol nichts ändern können, dann können es auch Menschen in New York, Moskau, Tokio oder Glasgow nicht.“