Politik | Landtag

Die Galgenfrist

Die Opposition hat einen Misstrauensantrag gegen Landtagspräsident Roberto Bizzo vorbereitet. Bizzo muss heute eine Entscheidung zur UK Sparkasse treffen.
Roberto Bizzo
Foto: web
Es ist kurz nach 16 Uhr als Roberto Bizzo den kleinen Sitzungssaal im Landtag verlässt und schweren Schrittes zu seinem Platz in die Aula zurückkehrt. Der Landtag ist zu diesem Zeitpunkt verwaist. Die Opposition hat eine Sitzungsunterbrechung gefordert und die SVP-Fraktion hat sich gesondert zu einer Besprechung zurückgezogen.
Bizzo ist die Anspannung anzusehen. Der Landtagspräsident steht so unter Druck wie schon lange nicht mehr. Denn gerade eben hat ihm die gesamte Opposition ein Ultimatum gestellt. Entweder der Landtagspräsident entscheidet in Sachen Einberufung der Untersuchungskommission oder man werde im Landtag einen Misstrauensantrag gegen ihn einbringen.
Mir scheint, dass Bizzo spätestens jetzt den Ernst der Lage erkannt hat“, sagt Andreas Pöder, einer der Rädelsführer der oppositionellen, parlamentarischen Aktion.
 

Gutachter Caia

 
Am 19. Oktober 2017 haben 15 Abgeordnete der Opposition einen gemeinsamen Antrag zur Einsetzung einer Untersuchungskommission zu den Millionenverlusten der Südtiroler Sparkasse und der Zukunft der Südtiroler Banken eingebracht. SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger hat sich vehement gegen eine solche Untersuchungskommission ausgesprochen. Seine Argumentation, die von der amtierenden Sparkassen-Spitze geteilt wird: Der Landtag sei für diese Materie nicht zuständig.
Roberto Bizzo, der laut Geschäftsordnung des Landtages Untersuchungsausschüsse per Dekret einsetzen muss, ist ebenfalls skeptisch und hat sich für eine salomonische (Zwischen)Lösung entschieden. Der Landtagspräsident kündigte an die Zuständigkeitsfrage durch ein externes Rechtsgutachten prüfen zu lassen. Bis zum Donnerstag war nicht klar wer der Gutachter sein wird.
Dann enthüllte Salto.bz den Namen: Giuseppe Caia. Roberto Bizzo bestätigt am selben Nachmittag im Landtag den Auftrag an den Bologneser Ordinarius für Verwaltungsrecht  vergeben zu haben.
 
Weil Giuseppe Caia, ehemaliges Mitglied in der Sechser- und Zwölferkommission und Sonderbeauftragter der Landesregierung zur Lösung der Energiefrage nach dem SEL-Skandal, in Südtirol kein unbeschriebenes Blatt ist, kam am Donnerstag plötzlich wieder Fahrt in diese politische Polemik.
 

Bruch der Geschäftsordnung

 
Die vereinte Opposition forderte am Nachmittag im Landtag eine Sitzungsunterbrechung für eine Aussprache. Im Sitzungssaal legten der 5-Sterne-Abgeordnete Paul Köllensperger und Andreas Pöder den Entwurf eines Misstrauensantrages gegen Landtagspräsident Roberto Bizzo vor. Die darin enthaltene Begründung: „offener Bruch der Geschäftsordnung betreffs der Einsetzung der Untersuchungskommission.
Wenn mindestens neun Abgeordnete die Einsetzung einer Untersuchungskommission fordern, muss sie laut Geschäftsordnung eingesetzt werden“, sagt Andreas Pöder. Paul Köllensperger sekundiert: "Bizzo hat keinerlei Befugnisse über die Zuständigkeit oder Zweckmäßigkeit zu entscheiden“. Wenn schon muss die Untersuchungskommission selbst, per Mehrheitsbeschluss ihre Arbeiten einstellen.
Bei der Aussprache am Donnerstag wurde klar, dass die gesamte Opposition den Misstrauensantrag unterstützen und notfalls auch unterzeichnen wird.
 

Der Kompromiss

 
Die Opposition wollte gegenüber dem Präsidenten des Landtages aber fair und transparent sein. Deshalb lud man auch Roberto Bizzo zur Aussprache ein und schenkt ihm dabei reinen Wein ein. Gemeinsam beschloss man am Donnerstag dem Landtagspräsidenten noch eine Art Galgenfrist zu gewähren. Das Agreement: Bizzo soll innerhalb Freitag eine Entscheidung fällen, ansonsten werde man den Misstrauensantrag unterzeichnen und einreichen.
 
Gleichzeitig versuchte man Bizzo, der sich zwischen dem Druck der politischen Mehrheit und dem Misstrauensantrag der Opposition in einer fast auswegslosen Lage befindet, eine goldene Brücke zu bauen. Der Vorschlag: Der Landtagspräsident soll im Ernennungsdekret der Untersuchungskommission zur Sparkasse durchaus seine Zweifel zur Zuständigkeit des Landtages äußern. Damit würde der PD-Abgeordnete auch gegenüber der Regierungsmehrheit sein Gesicht wahren.
Roberto Bizzo legte sich am Donnerstag nicht fest. Er sagte aber zu, dass er telefonisch mit Gutachter Giuseppe Caia in Kontakt treten und innerhalb Freitag seine Entscheidung mitteilen werde.
„Ansonsten geben wir den Misstrauensantrag am Freitagabend ab“, sagt Paul Köllensperger. Auch die weitere Marschroute ist klar. Kommt es zum Misstrauensantrag wird der Landtag diesen auf seiner ersten Sitzung im Dezember behandeln müssen. Dabei werden die Einbringer eine geheime Abstimmung einfordern.
In der Hoffnung, dass es dann innerhalb der Regierungsmehrheit ein oder zwei Heckenschützen gibt.
Bild
Profil für Benutzer alfred frei
alfred frei Fr., 10.11.2017 - 11:19

Sparkasse - Landtag - Landesregierung: eine Nagelprobe für das vorherrschende Demokratieverständnis in Südtirol, verbunden mit der gesamtstaatlichen Bankendiskussion. Die Welt ist so klein, Herr Präsident.

Fr., 10.11.2017 - 11:19 Permalink