Politik | Direkte Demokratie

Referendum: Zwei Drittel der WählerInnen stimmen gegen SVP-Gesetz

Klarer Sieg der Gegner des SVP-Gesetzes beim Referendum zur Bürgerbeteiligung. Knapp zwei Drittel der WählerInnen stimmten am Sonntag gegen das SVP-Gesetz.

Update: Klarer Sieg der Gegner des SVP-Gesetzes beim Referendum zur Bürgerbeteiligung. 65,1 Prozent der WählerInnen stimmten am Sonntag mit "Nein", 34,9 Prozent mit "Ja". Damit ist das im vergangenen Juni verabschiedete SVP-Gesetz zur Direkten Demokratie durchgefallen und das alte Gesetz zur Bürgerbeteiligung aus dem Jahr 2005 wieder rechtskräftig. Die auffälligste Entwicklung beim Wahlergebnis ist das Abstimmungsverhalten der AuslandwählerInnen, die mit einer klaren Mehrheit von fast 80 Prozent für das SVP-Gesetz stimmten und somit das Endergebnis noch knapp unter die Zwei-Drittel-Marke drückten.

Gesetzeseinbringer Arnold Schuler sowie Landeshauptmann Arno Kompatscher zeigten sich in ersten Reaktionen über die niedrige Wahlbeteiligung von 26,4 Prozent überrascht. Offenbar brennen den BürgerInnen derzeit andere Themen als die Direkte Demokratie unter den Fingernägeln, vermutete Kompatscher. Landesrat Schuler nahm die Teilnahme von etwas mehr als einem Viertel der Wahlberechtigten zum Anlass, über die Wiedereinführung eines Quorums nachzudenken. Denn das aktuelle Referendum mache die Gefahr deutlich, dass eine Minderheit über eine Mehrheit bestimmen könne. Ganz anderes beurteilte die Initiative für mehr Demokratie die Beteiligung am Referendum. Immerhin hätten mehr als 100.000 WählerInnen ihren Willen kundgetan, zeigte sich Erwin Demichiel zufrieden. Mit mehr habe er persönlich nicht zuletzt in Folge der verwirrenden Information nicht gerechnet. Vollständig ausgezählt sind die Stimmen  Am höchsten ist die Ablehung in Bozen, wo  - allerdings bei noch fehlenden fünf Prozent der Sektionen - 85 Prozent mit "Nein" stimmten. Die meisten Befürworter des SVP-Gesetzes finden sich dagegen im Bezirk Salten-Schlern, wo knapp 43 Prozent der WählerInnen eine "Ja"-Stimme abgaben.  

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Christina Nied… Mo., 10.02.2014 - 08:51

Wieso spricht Herr Schuler von „Wiedereinführung“ des Quorums? Das Quorum war auf Landesebene nie abgeschafft! Und im nun abgeschafften SVP-Gesetz war das Null-Quorum angesichts der Hürden und Fallen zur Verhinderung jeder Volksabstimmung ja auch undbedeutend und somit nichts als Schein.
Dass es bei diesem Referendum kein Quorum gab, lag daran, dass dieses Gesetz zu den grundlegenden, sensiblen Bürgergesetzen zählt und die Verfassung daher dem Volk ein Kontrollrecht garantiert. Deshalb ist verfassungsrechtlich vorgesehen, dass bezüglich dieses Grundgesetzes die Stimmen jener BürgerInnen entscheiden, die sich am Referendum beteiligen. Im Übrigen sieht auch der Gesetzesvorschlag der „Initiative für mehr Demokratie“ ein Quorum vor. Die Höhe des Quorums muss allerdings so angesetzt sein, dass der Ausgang einer Abstimmung nicht durch die Nicht-Teilnehmer entschieden werden kann. Auf Landes- und Gemeindeebene wurde das Quorum wiederholt missbraucht, Abstimmungen durch Boykottaufrufe zu Fall zu bringen.

Mo., 10.02.2014 - 08:51 Permalink
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Christina Nied… Mo., 10.02.2014 - 09:05

Wieso spricht Herr Schuler von „Wiedereinführung“ des Quorums? Das Quorum war auf Landesebene nie abgeschafft! Und im SVP-Gesetz, das nun nicht in Kraft tritt, war das Null-Quorum angesichts der Hürden und Fallen zur Verhinderung jeder Volksabstimmung ja unbedeutend und nichts als Schein.
Dass es bei diesem Referendum kein Quorum gab, lag daran, dass dieses Gesetz zu den grundlegenden, sensiblen Bürgergesetzen zählt und die Verfassung daher dem Volk ein Kontrollrecht garantiert. Deshalb ist verfassungsrechtlich vorgesehen, dass bei diesem Grundgesetz die Stimmen jener BürgerInnen entscheiden, die sich am Referendum beteiligen. Im Übrigen sieht auch der Gesetzesvorschlag der „Initiative für mehr Demokratie“ ein Quorum vor. Die Höhe des Quorums muss allerdings so angesetzt sein, dass der Ausgang einer Abstimmung nicht durch die Nicht-Teilnehmer entschieden werden kann. Auf Landes- und Gemeindeebene wurde das Quorum wiederholt dazu missbraucht, Abstimmungen durch Boykottaufrufe zu Fall zu bringen.

Mo., 10.02.2014 - 09:05 Permalink
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gorgias Mo., 10.02.2014 - 09:14

Antwort auf von Christina Nied…

Klingt in der Theorie gut, ist aber naiv und nicht der Fall. Das Problem, dass sich verschiedene Bevölkerungsschichten verschieden stark an direktdemokratischen Entscheidungen beteiligen ist schon länger bekannt. Es wurde in den letzten Jahren ein Mythos aufgebaut, der die Realitäten ausblendet.

Mo., 10.02.2014 - 09:14 Permalink
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Stefan Troyer Mo., 10.02.2014 - 09:54

Antwort auf von Christina Nied…

...dann gehen die Leute auch hin. Wenn es sie nicht interessiert, dann bleiben sie fern. Dann kann aber auch nicht gesagt werden, dass eine Minderheit über die Mehrheit entscheidet, denn wäre es der Mehrheit wirklich wichtig, was bei einem Referendum herauskommt, dann würde sie auch hingehen. Das hat sich in der Vergangenheit sogar bei uns in Südtirol gezeigt.
P.S.: Ich habe mein erstes Kommentar aus Unachtsamkeit als Antwort auf das Kommentar von Christina Niederkofler abgegeben, wenn man das noch ändern könnte...

Mo., 10.02.2014 - 09:54 Permalink
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gorgias Mo., 10.02.2014 - 10:09

Antwort auf von Christina Nied…

Da menschen vorwiegend hingehen wenn es sie perönlich betrifft, dann werden sich partikularinteressen gegenüber die interessen der allgemeinheit durchsetzten. Ein weiteres problem ist, dass bestimmte menschen sich nicht für die dinge interessieren, die sie selbst betreffen. das macht die direkte demokratie dysfunktional.

Mo., 10.02.2014 - 10:09 Permalink
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Stefan Troyer Mo., 10.02.2014 - 10:19

Antwort auf von Christina Nied…

Es ist natürlich nicht zuletzt eine Frage der politischen Kultur, und die kann man nicht von heute auf morgen ändern. Es handelt sich um ein Henne-Ei-Problem: lasse ich politisch "unmündige" Bürger gleich entscheiden und erziehe sie über die Verantwortung oder warte ich, bis die Bürger "mündig" geworden sind?
Meine persönliche Meinung ist, dass der einzige Weg hin zu einem (wieder) erstarkenden politischen Interesse über die direkte Beteiligung führt. Und nur weil es der einzige Weg ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er nicht trotzdem steinig und steil sein kann... Man darf die direkte Demokratie nicht als Allheilmittel sehen, das alle Scharten der Demokratie von heute auf morgen auszuwetzen vermag. Aber langfristig bin ich doch überzeugt, dass sie unserer Gesellschaft gut täte.

Mo., 10.02.2014 - 10:19 Permalink
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gorgias Mo., 10.02.2014 - 10:45

Antwort auf von Christina Nied…

Das sehe ich anders. Nur die Einführung von repäsentiven oder direktdemokratischen Instrumente führt nicht automatisch zu einer besseren politischen Kultur. Das ist die Illusion die von der iniziative für mehr Demokratie verbreitet wird.
So hat man sich im Iran nach der Revolution 1979 für eine "islamische Republik" entschieden. In Philipinien wurde das selbe politische System wie in den USA eingeführt. Dort werden während der Wahlkampagne die Kandidaten regelmäßig von konkurierenden Milizgruppen erschossen werden und jene die die Wahl gewinnen weil sie von den Interessensgruppen protegiert wurden diese dann abspeisen müssen.
Wer sich die Geschichte der Schweiz näher ansieht, wird sehen, dass es zuerst die politische Kultur entwickelt hat und nach und nach direktdemokratische Instrumente eingeführt.

Mo., 10.02.2014 - 10:45 Permalink
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gorgias Mo., 10.02.2014 - 09:43

Unabhängig vom Endergebnis ist die Wahlbeteiligung ein Armutszeugnis für die direkte Demokratie in Südtirol. 3/4 halten die direkte Demokratie nicht für wichtig.
So wird die direkte Demokratie als Spielball für Parteien, Polulisten und Lobby-Gruppen enden die am interesse der Mehrheit vorbei entscheidet.

Mo., 10.02.2014 - 09:43 Permalink