Umwelt | Landtag

Ein Nein zum Nein ist kein Ja

Den Handlungsbedarf in Sachen Luftqualität streitet im Landtag niemand ab. Ein generelles Dieselfahrverbot geht den meisten aber zu weit – und wird es nicht geben.
Diesel-Tankstelle
Foto: Pixabay

12.105. So viele Menschen leben in den Städten Bozen, Leifers, Meran und Brixen in Zonen, in denen die Stickstoffdioxidbelastung (NO2) Jahr für Jahr regelmäßig den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter überschreitet. Den Handlungsbedarf, um die Luftqualität und damit die gesundheitliche Unversehrtheit in Südtirol zu garantieren bzw. zu verbessern, hat zuletzt das Urteil des Verwaltungsgerichts Latium diese Woche nachdrücklich bestätigt.

Auch im Landtag ist man sich bewusst: Um Maßnahmen, um die NO2-Belastung zu senken, kommt man nicht herum. Innerhalb 30. Juni will die Landesregierung das “NO2-Programm 2018-2023” beschließen. Einfließen sollen Vorschläge von Land und Gemeinden, insbesondere der städtischen. “Priorität haben dabei Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung, -verlagerung und -verflüssigung. Erst wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen, können auch Fahrverbote erlassen werden. Die ersten von Verkehrseinschränkungen betroffenen Fahrzeuge könnten dabei Euro3-Dieselfahrzeuge unter 3,5 Tonnen sein” hieß es Ende vergangener Woche.

Das geht so manchem gewählten Volksvertreter dann aber doch zu weit. Im Landtag lief diese Woche eine durchaus sachliche Debatte zum Thema Dieselfahrverbot. Angestoßen von Andreas Pöder (Bürgerunion), der mit einem Beschlussantrag ein klares Nein zu Fahrverboten von Dieselfahrzeugen forderte. Er wolle die Luftprobleme in manchen Gebieten, wie etwa in Bozen, nicht kleinreden, erklärte Pöder. Aber Bozen könne bereits Verbote in einzelnen Zonen erlassen und für ihn sei der Diesel “nicht der größte Verursacher” der Luftbelastung, so Pöder. Unterstützung für seinen Antrag kam von Alessandro Urzì (Alto Adige nel Cuore), der darauf verwies, dass man mit Dieselverboten vor allem die unteren Einkommensschichten und kleine Handwerksbetriebe treffe, die ihren Fuhrpark nicht laufend an die neuesten Grenzwerte anpassen könnten. Auch Elena Artioli (Team Autonomie) und die Freiheitlichen sprachen sich für ein Nein zu Dieselfahrverboten aus. “Man muss die Schuldigen treffen, die Industrie, die getrickst hat, nicht den Käufer, der im guten Glauben ein Fahrzeug gekauft hat”, meinte der Freiheitliche Landtagsabgeordnete Walter Blaas.

Naturgemäß anders sahen es die Grünen. Maßnahmen wie Dieselverbote für Fahrzeuge der Klassen bis Euro 3 seien “moderat und vertretbar”, meinte Hans Heiss, der zugleich darauf verwies, dass die Luftverschmutzung an verschiedenen Fronten bekämpft werden müsse, “zuallererst auf der Autobahn”. Ähnlich sah es Paul Köllensperger. “Wichtiger als Dieselverbote wäre die Reduzierung des Transits”, fand der Landtagsabgeordnete der 5 Sterne Bewegung und wies darauf hin, dass das Land selbst unlängst 124 Dieselbusse angekauft habe. “Dieselverbote sind die ultima ratio”, so Köllensperger.

Als “nicht notwendig” bezeichnet auch die SVP ein generelles Dieselverbot – dem Antrag Pöders stimmte man am Donnerstag Vormittag allerdings nicht zu. Der SVP-Fraktionssprecher Oswald Schiefer, erklärt, warum: Die hohe NO2-Belastung in einigen Orten Südtirols verlangten zwar nach “schnellen Lösungen”, aber die müssten “gezielt” und “auf diese Zonen konzentriert” erfolgen. In diesem Sinne “liegt die Entscheidung, welche Maßnahmen wann, wie und wo getroffen werden, bei den Gemeinden”, so Schiefer. “Diese Entscheidungsfreiheit müssen wir unseren Gemeinden gewähren”, stimmt Schiefers Stellvertreter als SVP-Fraktionssprecher, Christian Tschurtschenthaler – selbst, wie Oswald Schiefer, langjähriger Bürgermeister – zu.
Die Landesregierung werde kein Dieselfahrverbot beschließen, stellte auch Landesrat Richard Theiner im Landtag klar. Man werde lediglich beschließen, dass verschiedene Maßnahmen zur NO2-Reduzierung eingeleitet werden können. “Wir wollen den Gemeinden den Freiraum geben – Meran, Bozen und Leifers werden demnächst (bis 31. Mai, Anm.d.Red.) ihre Vorschläge unterbreiten.”

Mit 11 Ja und 19 Nein wurde Pöders Antrag am Ende abgelehnt.