Gesellschaft | Südtirol-Attentate

„Es geht um alle Opfer“

Hubert Speckner über die Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“, die Laurin-Stiftung, den Angriff von Alessandro Urzì und den Vorwurf der Rechtslastigkeit.
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Foto: salto
Salto.bz: Herr Speckner, bereits Tage vor der Eröffnung Ihrer Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“ gab es Polemiken. Haben Sie diese Reaktionen erwartet?
 
Hubert Speckner: Nein, ich habe mir das so nicht erwartet. Natürlich war mir klar, dass es Diskussionen und auch Kritik geben wird. Dazu ist das Thema einfach zu politisch. Ich bin aber von der irrigen Annahme ausgegangen, dass sich jemand die Ausstellung zuerst anschaut und dann seine Meinung dazu äußert. Für mich ist es deshalb schon beeindruckend, dass man polemisch wird, bevor man überhaupt weiß, um was es geht.
 
Der Vorwurf: Die italienischen Toten werden ausgeblendet?
 


Das ist ein völliger Unsinn. Für mich geht es um die Opfer. Das heißt um alle Opfer. Von vornherein war mir und meiner Frau – wir haben diese Ausstellung gemeinsam gestaltet – klar, dass alle Menschen, die durch diese Vorgänge in den sechziger Jahren zu Tode oder schwer zu Schaden gekommen sind, erwähnt werden müssen. Deshalb stehen auf der entsprechenden Schautafel in der Ausstellung auch alle betroffenen Angehörigen der italienischen Sicherheitsbehörden, des Militärs und der Zivilbevölkerung. Wir haben alle 36 Toten, die der Kampf um Südtirol gefordert hat, in unserer Ausstellung abgebildet.
Für mich ist es schon beeindruckend, dass man polemisch wird, bevor man überhaupt weiß, um was es geht.
„BAS – Opfer für die Freiheit“ – Ein provokanter Titel.
 
Ein Titel, der neugierig machen soll. Und der auch auf das Schicksal der Männer und Frauen auf beiden Seiten hinweisen soll. Wobei ich schon sagen muss: Der Titel der Ausstellung wurde vom Ausstellungsbeirat gewählt.
 
Ein Ausstellungsbeirat, den die Kritiker als Hort der Südtiroler Rechten sehen?
 
Ich sehe das nicht so. Es sitzen dort zehn Leute drinnen. Der Senior ist der ehemalige Südtiroler Kulturlandesrat Bruno Hosp, dazu kommt der Historiker und Ex-Amtsdirektor Othmar Parteli, die Innsbrucker BAS-Mitglieder Herlinde und Claudius Moling, ein Vertreter des Schützenbundes, der Obmann des Heimatbundes, der Obmann des Andreas Hofer Bundes Tirol, meine Frau und ich als Ausstellungsmacher und Erhard Hartung. Im Beirat sind eigentlich alle politischen Richtungen vertreten, die man in Südtirol hat. Es fehlen die Grünen. Mir hätte es durchaus gefallen, wenn auch sie in dieses Projekt einbezogen worden wären. Ich als Ausstellungsmacher möchte aber die Politik möglichst draußen halten. Ich bin Historiker und mir geht es um das Thema.
 
Erhard Hartung sitzt in der Laurin-Stiftung, die auch als Geldgeber für diese Ausstellung auftritt?
 
Ja, das stimmt.
 
Wundern Sie sich, dass man deshalb von einem rechtsradikalen Hintergrund ausgeht?
 
Ja. Denn zum Thema „Laurin Stiftung“ muss ich etwas klarstellen. Der ewige Vorwurf der rechtsradikalen Stiftung ist historisch nicht haltbar. Ich habe die Stiftungsurkunde in meinem Besitz und ich hätte ganz sicher nichts für eine wirklich rechte Stiftung gemacht. Die Gründungsmitglieder und jene die die Laurin-Stiftung aufgebaut haben, waren Franz Gschnitzer und Viktoria Stadlmayer. Ich denke beiden kann man nicht unterstellen, rechtsradikal zu sein. Das sind die Gründer. Erst später hat sich dann Otto Scrinzi in die Sache eingemischt. Daher kommt auch dieser Ruf. Ich habe eine Zusammenfassung der Stiftungsgeschichte gemacht, denn das war für mich wichtig. Auch der Vorwurf, dass das Stiftungsvermögen aus einer Arisierung stammt, ist haltlos. Natürlich ist mir klar, welche Vergangenheit die Stiftung zwischendurch auch hatte. Aber wir versuchen auch durch diese Ausstellung, die Stiftung wieder in einen Rahmen zurückzuführen, der von allen politischen Richtungen wenigsten akzeptiert werden kann.
 
Der Vorwurf der Rechtslastigkeit lässt Sie anscheinend kalt?
 
Ich bin Angehöriger des österreichischen Bundesheeres und allein durch diese meine berufliche Tätigkeit werde ich von gewissen Leuten ins rechte Eck gestellt. Aber das lässt mich wirklich kalt. Ich bin Zeithistoriker und damit lassen wir es bleiben. Rechts, links interessiert mich wenig.
 
Wie ist es überhaupt zu dieser Ausstellung gekommen?
 
Die Geschichte ist recht einfach. Sepp Mitterhofer, als einer der Gründer des Südtiroler Heimatbundes, ursprünglich der Verein der ehemaligen BAS-Angehörigen, Freiheitskämpfer oder Aktivisten - wie immer man sie sehen will - hat viele Dinge aus den sechziger Jahren gesammelt. Vor allem aus dem Burggrafenamt. Diese Sammlung wollte man ausstellen. Das war sozusagen der Ausgangspunkt. Ich habe dann meine Forschungsarbeit eingebracht und Leihgaben zum Beispiel aus dem Ferdinandeum organisiert. Wir haben Tonaufnahmen des BAS-Radiosenders „Radio Freies Tirol“ oder historische Filmaufnahmen verwendet. Wir haben also diese Mitterhofer-Sammlung ergänzt.
 

Das Ziel der Ausstellung?
 
Es ist der Versuch einen kurzen Einblick zu geben, was dieser BAS wirklich war. Um was ist es gegangen und was ist dabei herausgekommen. Aber auch wer letztlich die Opfer waren. Und dort sind absolut alle genannt.
 
Glauben Sie, dass die Ausstellung die Diskussion um den BAS und die Attentate wieder neu entfachen wird?
 
Ich glaube und hoffe schon. Vor allem um die Attentate der späteren Phase, wo es noch viele Unklarheiten gibt. In der Geschichtsschreibung werden die Gladioaktivitäten und die Strategie der Spannung immer noch im konkreten Fall ausgeklammert. Hier denke ich gibt es noch einiges zu erforschen. Denn bei manchen Attentaten stimmt in der offiziellen Version einfach nichts. Etwa am Pfitscherjoch oder beim Anschlag auf der Steinalm. Das ist für mich als Historiker auch ein Beweggrund, ein bisschen mehr historische Wahrheit ans Tageslicht zu bringen.
Ich bin Angehöriger des österreichischen Bundesheeres und allein durch diese meine berufliche Tätigkeit werde ich von gewissen Leuten ins rechte Eck gestellt.
Die Ausstellung ist streng viersprachig. Das heißt man denkt an ein internationales Publikum?
 
Es war von vornherein klar, dass alle drei Landessprachen vorkommen müssen. Dazu kommt Englisch. Für uns Ausstellungsmacher hat das die ganze Sache deutlich verkompliziert. Weil die Texte noch kürzer werden mussten. Aber das war von Seiten des Ausstellungsbeirates immer klar: Die Ausstellung muss mehrsprachig sein.
 
Was erwarten Sie sich in Sachen Publikumsandrang?
 
Ich bin gespannt. Wir werden im Herbst eine Evaluierung machen, um zu sehen, was wir verbessern können. Oder ob wir Werbemaßnahmen ergreifen müssen. Wobei der Alto Adige und Alessandro Urzí durch Ihre Polemik uns bereits eine tolle Werbung gemacht haben.
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Profil für Benutzer Manfred Klotz
Manfred Klotz Do., 10.05.2018 - 14:50

Ich werde mir die Ausstellung sicher ansehen, aber die Behauptung "Im Beirat sind eigentlich alle politischen Richtungen vertreten, die man in Südtirol hat", ist schon weit hergeholt, wenn man liest, wer da drin sitzt. Einzig die Einstellung von Othmar Parteli ist mir nicht bekannt.

Do., 10.05.2018 - 14:50 Permalink