Politik | Nahverkehr

Südtirolpass(t) nicht

Der Freiheitliche Walter Blaas echauffiert sich über Flüchtlinge, die angeblich mit dem Südtirolpass gratis herumfahren. Die Realität sieht aber deutlich anders aus.
Südtirolpass
Foto: Provinz Bozen
Mitten im Sommer machte Walter Blaas anscheinend eine verdächtige Beobachtung. Der Freiheitliche Landtagsabgeordnete formuliert deshalb am 27. Juni eine Landtagsanfrage.
„Asylwerber, welche in den entsprechenden Unterkünften im ganzen Land verteilt sind, nutzen die öffentlichen Verkehrsmittel und händigen bei Fahrscheinkontrollen den Kontrolleuren einen Südtirol-Pass aus. Viele Asylwerber pendeln fast täglich zwischen Bozen und den verschiedenen Unterkünften, die sich über ganz Südtirol verteilen“, schreibt Blaas in der Anfrage.
Vor diesem beunruhigendem Hintergrund, stellte der ehemalige Obmann der Südtiroler Freiheitlichen eine ganze Reihe von Fragen an den zuständigen Landesrat Florian Mussner. Walter Blaas will wissen:
 
  • Wie viele Südtirol-Pässe wurden bisher an die Asylwerber ausgegeben?
  • Wie viele Asylwerber, die in den Unterkünften in Südtirol untergebracht sind, sind mit Stichtag 27.06.2017 im Besitz eines Südtirol-Passes? Bitte um eine genaue Aufschlüsselung nach Staatsbürgerschaften.
  • Welcher Tarif gilt für Asylwerber bei der Nutzung des Südtirol-Passes?
  • Wer übernimmt die anfallenden Kosten für die Nutzung und Bereitstellung des Südtirol-Passes und sind diese Kosten mit den Tagessätzen gedeckt?
  • Wie viele Kilometer wurden von Asylwerbern durch Entwertungen mit dem Südtirol-Pass in der ersten Jahrshälfte des Jahres 2017 insgesamt zurückgelegt?
  • Werden die Südtirol-Pässe von Asylwerbern, die einen negativen Asylbescheid bekommen, eingezogen und deaktiviert?
 
 
"Asylwerber, welche in den entsprechenden Unterkünften im ganzen Land verteilt sind, nutzen die öffentlichen Verkehrsmittel und händigen bei Fahrscheinkontrollen den Kontrolleuren einen Südtirol-Pass aus."
Walter Blaas
 
Der Tenor der Fragen enthüllt eine interessante Geisteshaltung. Denn Walter Blaas geht anscheinend nicht nur davon aus, dass die Asylwerber gratis fahren, sondern auch, dass das Assessorat für Mobilität oder die Landesverwaltung diese Kategorie besonderes überwachen muss und damit auch wissen soll, wer wann wohin und wie oft fährt.
 

Die Antwort

 
Ende Juli antwortet der zuständige Landesrat auf die Landtagsanfrage. Florian Mussners Antworten dürften für Walter Blaas eine arge Enttäuschung sein.
Mussner schreibt:
„In erster Linie möchten wir präzisieren, dass der Südtirol Pass von allen Personen angefordert werden kann, die in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in der Schweiz (mit einer italienischen Steuernummer) ansässig sind oder in Südtirol arbeiten, zur Schule gehen oder studieren. Asylbewerber sind zu ca. 99 % nicht EU-Bürger, aber 60 Tage nach Einreichen des Asylantrags sind sie berechtigt zu arbeiten. Schulpflichtige Asylbewerber sind verpflichtet zur Schule zu gehen und in diesem Fall können Sie den Südtirol Pass abo+ zum Tarif von 20 Euro beantragen. Die Daten der Asylbewerber, die im Besitz des Südtirol Pass sind, scheinen uns nicht auf, da diese Information im Rahmen des Ansuchens nicht abgefragt wird.
Vor allem aber zertrümmert Mussner in seiner Antwort das Stammtischgerücht der Gratisfahrten: „Es gibt keinen Sondertarif für Asylbewerber, der Tarif des Südtirol Pass ist für alle Bürger gleich. Asylbewerber haben je nachdem ob sie einer Arbeit nachgehen, die Schule besuchen oder ein Studium absolvieren die Möglichkeit entweder den Südtirol Pass, eine Wertkarte oder eine Einzelfahrkarte für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zu verwenden. Die Kosten für die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel mit Südtirol Pass, Wertkarte oder Einzelfahrkarte muss der Fahrgast selbst tragen.
 
„Es gibt keinen Sondertarif für Asylbewerber, der Tarif des Südtirol Pass ist für alle Bürger gleich.“
Florian Mussner
Auch die Antwort auf die Frage ob die Ablehnung des Asylantrages nicht automatisch auch den Entzug des Südtirol-Passes mit sich ziehen muss, dürfte nicht nach dem Geschmack des Einbringers sein.
In der Beantwortung heißt es: „Der Antragsteller des Südtirol Pass muss im Rahmen des Online-Ansuchens bestätigen, dass er die nötigen Voraussetzungen für den Erhalt desselben hat. Wir bekommen keine Informationen in Bezug auf den Bescheid des Asylverfahrens. Die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung für all unsere Fahrscheine werden anhand der vom Landesgesetz 17/1993 vorgesehenen Stichprobenkontrollen überprüft.
 

Update:
 

Wir kommen der untenstehenden Bitte von Walter Blaas gerne nach und veröffentlichen die "gesamte Anfrage", sowie die Antwort. Damit sich die Leserinnen und Leser selbst ein Bild machen können.

 
anfrage_blaas.pdf, von Christoph Franceschini
 
antwort_mussner.pdf, von Christoph Franceschini
 
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Blaas Walter Do., 10.08.2017 - 15:15

Sehr geehrter Herr Franceschini,
Nochmals und explizit für Sie: Landtagsanfragen sind dazu da, um mittels Antwort der Landesregierung Klarheit und Gewissheit über gewisse Ereignisse, Situationen und Vorfälle zu erhalten. Warum veröffentlichen Sie nicht die gesamte Anfrage und die Antwort? Ihre Interpretationen und Denkweisen sind schon sehr abenteuerlich. Nirgends steht was von "verdächtiger Beobachtung" oder "beunruhigendem Hintergrund" Mit dieser Art von Berichterstattung stellen Sie Ihren Ruf als Journalist in Frage.

Do., 10.08.2017 - 15:15 Permalink
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19 amet Do., 10.08.2017 - 17:11

Unglaublich mit was für Lappalien sich manche Leute beschäftigen. Der "Blockwart" vom Adolf, der alle kontrollierte und
alles meldete, lässt grüßen .

Do., 10.08.2017 - 17:11 Permalink