Politik | Regionalrat

Stolperstein Griessmair

Der Widerstand gegen die geplante „Lex Griessmair“ und die ad personam Gesetzgebung der Marke SVP/Lega wächst. Die Opposition kündigt jetzt Obstruktion im Regionalrat an.
Roland Griessmair
Foto: Stadtgemeinde Bruneck
Es dauerte ein paar Tage bis die Exklusivmeldung ihre ganze Sprengkraft entfaltet.
Am Dienstagfrüh berichtete Salto.bz über einen blinden Passagier im Begleitgesetz zum Regionalhaushalt. Die SVP will damit eine politische Sanierungsaktion durchführen, die man bereits vor einem Jahr versucht hat.
Es geht dabei um den Brunecker Bürgermeister Roland Griessmair. Griessmair ist im Brotberuf Bauingenieur und ein besonders rühriger Projektant, der seit Jahren mit seinem Unternehmen „Griplan GmbH“ Bauprojekte überall in Südtirol betreut. Vor allem ist Griessmair aber um und in Bruneck tätig.
Mehrmals haben die Oppositionsparteien im Brunecker Gemeinderat, die Grünen, das Team K aber auch die 5-Sterne-Bewegung darauf hingewiesen, dass diese Projektantentätigkeit des Bürgermeisters in der Stadt Bruneck gegen geltende Bestimmungen und Gesetze verstoße.
Roland Griessmair hat sich dabei immer herausgeredet und macht weiter als gäbe es keine Gesetze. Die Argumentation des SVP-Politikers: Er habe die Agenden für Raumordnung und Bauwesen an einen Stadtrat delegiert und würde sich keinesfalls in diese Entscheidungen einmischen. Deshalb bestehe hier weder eine Unvereinbarkeit noch ein Interessenkonflikt.
 

Bereits im vergangenen Jahr hatte die SVP versucht im Haushalt der Region eine authentische Interpretation durchzusetzen, die genau das Gegenteil sagen sollte, was im Gesetz steht. Am Ende musste Arno Kompatscher die Aktion aber abblasen, weil der Widerstand im Regionalrat zu groß war.
Jetzt aber versucht man den zweiten Anlauf. Die SVP will mit einem Antrag im Begleitgesetz zum Stabilitätsgesetz der Region 2022 die gesetzliche Bestimmung ergänzen und sozusagen auf den Kopf stellen.
 

Das Verfahren

 
Doch diesmal ist der politische Widerstand noch größer. So hat am Donnerstag in der Generaldebatte im Regionalrat die gesamte Opposition die Mehrheit aufgefordert, diese „Lex Griessmair“ zurückzuziehen. Doch die SVP-Lega-Koalition denkt nicht daran.
Damit sind die Fronten klar verteilt. „Wir werden notfalls Obstruktion machen und den Haushalt blockieren“, sagt der 5-Sterne-Abgeordnete Diego Nicolini.
 
 
 
Auch das Team K und die Südtiroler Grünen laufen gegen die von SVP geplante Ad-personam-Gesetzgebung Sturm. Sie erinnern daran, dass am 26.Jänner vor dem Verwaltungsgericht Bozen ein Rekurs behandelt in der Causa Living / Griessmair, wo es genau um den Interessenkonflikt des Bürgermeisters geht. „Damit dürfte auch die Eile bei der Präsentation des Antrags erklärt sein“, schrieben die Grünen.
Das Resümee der fünf grünen Regionalratsabgeordnete Riccardo Dello Sbarba, Lucia Coppola, Brigitte Foppa, Hanspeter Staffler und Paolo Zanella schrieben: „Und so muss der Regionalrat dafür herhalten, die rechtlichen Probleme und evidenten Interessenkonflikte eines SVP Bürgermeisters zu sanieren, wobei die Lega einmal mehr das Schoßhündchen der SVP spielt.“ Und weiter: „Dieser weitere Fall von ad personam Gesetzgebung und dem Versuch, einem Gerichtsurteil zuvorzukommen, wirft ein schiefes Licht auf das Rechtsverständnis der Mehrheitsparteien und beschmutzt das Ansehen der Institutionen. Eine unerhörte Vorgangsweise“.
Es wird sich zeigen, ob die SVP mit dieser Anlassgesetzgebung im Regionalrat heute durchkommt oder nicht.
Sicher ist: Der Ingenieur und seine Bauten sind unterm Edelweiß anscheinend sehr viel wert.
 
 
 
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Martin Sitzmann Fr., 10.12.2021 - 10:08

Herr Franceschini,
interessant wäre auch die Begründung für die Archivierung der Eingabe bei der Staatsanwaltschaft. Offensichtlich ist damit auch der juridische Vertreter des Staates der Ansicht, dass kein Interessenskonflikt vorliegt. Für den Laien ergibt sich so das Bild, dass die Sache nicht so eindeutig ist, wie Sie sie niederschreiben.
Ich finde diese Verquickung von Privatberuf und öffentlichem Amt sowieso ungenießbar, ob sie tatsächlich ungesetzlich ist, weiß ich nicht. Dass die SVP zweimal eine Sanierung versucht, lässt aber zumindest argwöhnen.

Fr., 10.12.2021 - 10:08 Permalink
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Tschoerner Hagen Sa., 11.12.2021 - 15:28

In fast allen italienischen Gemeinden werden die Baukonzessionen vom Bauassessor unterschrieben, nicht vom Bürgermeister....
Gemeinde-Politik sollte ohne Partei-Zugehörigkeit geschehen, für das Wohl der Gemeinde, und nicht aus Parteidenken und Macht- und Wähler Erhalt....

Sa., 11.12.2021 - 15:28 Permalink