Wirtschaft | Stromstreit

Lochers Niederlage

Das Gericht hat entschieden, dass die Gemeinde Sarntal die Unterlagen über die Stromkonzessionen an die Eisackwerk GmbH herausgeben muss. Doch jetzt bockt die Alperia.
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Foto: salto
Das Schreiben geht an den Generaldirektor der Alperia AG, Johann Wohlfarter und zur Kenntnisnahme an Landeshauptmann Arno Kompatscher.
Hellmuth Frasnelli und Karl Pichler, die Gesellschafter der Eisackwerk GmbH ersuchen in dem zweitseitigen Brief um „eine äußerst dringende klärende Aussprache“.
Der Grund für das Treffen: Die Aktionen des langjährigen Sarner Bürgermeisters und Neo-Landtagsabgeordneten Franz Locher haben zu einem Brandherd geführt, der für Südtirols Energiewirtschaft schnell zu einem Flächenbrand werden könnte. Ein Brand, der nicht nur den mühsam ausgehandelten Stromfrieden aus dem Jahr 2015, sondern auch alle Südtiroler Konzessionen für Großkraftwerke in Gefahr bringt.
Das Absurde daran: Die Landesenergiegesellschaft Alperia scheint jetzt beim Zündeln jenes Brandes zu helfen, der ihr Haus bedroht.
 

Lochers Prozesse

 
Nach dem SEL-Skandal und dem Urteil gegen Michl Laimer und Maximilian Rainer einigten sich alle Akteure am Tisch, mit dem Segen der Bozner Staatsanwaltschaft, auf einen Kompromiss. Der Berater Giuseppe Caia arbeitete einen Deal aus, der die Konzessionen für die inzwischen zur Alperia fusionierten, SEL AG und Etschwerke, sicherte. Teil des Deals und vor allem von Landeshauptmann Arno Kompatscher gewollt, war auch die Abgabe des Kraftwerks St. Anton an die Eisackwerk GmbH.
Dieser „Stromfriede“ wurde von allen Seiten akzeptiert. Außer von Franz Locher. Wenige Monate nach der Übergabe des Kraftwerks St. Anton an die Eisackwerk GmbH hinterlegte der damalige Bürgermeister im Namen der Gemeinde Sarntal beim obersten Wassermagistrat (TSAP) in Rom einen Rekurs gegen die Vergabe der Konzession St. Anton.  Die halboffizielle Begründung für den überraschenden Schritt: Landeshauptmann Luis Durnwalder hätte Locher der Gemeinde Sarntal eine Beteiligung am Kraftwerk St. Anton versprochen.
 
Dabei ist von Anfang an klar, dass sich der Rekurs nicht nur gegen die Eisackwerk GmbH richtet. Angefochten wurde der Beschluss der Landesregierung zur Konzessionsvergabe. Demnach zieht hier ein SVP-Bürgermeister, der inzwischen zum Landtagsabgeordneten geadelt wurde, gegen die eigene Landesregierung vor Gericht.
Wie brisant diese Klage Lochers vor dem obersten Wassergericht ist, zeigt sich an den möglichen Folgen. An der Konzessionsvergabe von St. Anton hängen auch rund ein Dutzend Konzessionen, die an die öffentliche Energiegesellschaft Alperia AG vergeben wurden. Wird die Konzessionsvergabe von St. Anton vom Gericht für unrechtmäßig erklärt, gilt das auch für alle anderen Konzessionen, die mit demselben Beschluss vergeben wurden. Dann würde Südtirols öffentliches Energieunternehmen wie ein Kartenhaus zusammenfallen.
Der Rekurs behängt beim römischen Wassermagistrat und das Land Südtirol hat sich zusammen mit der Eisackwerk GmbH in das Verfahren eingelassen.
 

Verwehrte Akteneinsicht

 
Gleichzeitig hat sich eine neue Front in Südtirol aufgetan.
Die Eisackwerke haben im römischen Prozess vor dem Wassermagistrat eine logische Verteidigungslinie gewählt. Mit demselben Beschluss mit dem die Landesregierung die Konzession von St. Anton vergeben hat, wurden auch die Konzession für das Großkraftwerk Sarnthein vergeben, das von der „Alperia Greenpower GmbH“, einer Tochter der Alperia AG betrieben wird. Gegen diese Konzessionsvergabe gehen Franz Locher und die Gemeinde Sarntal aber nicht vor.
Die Eisackwerk Gmbh will jetzt vor Gericht die evidente Ungleichbehandlung geltend machen. Dazu hat das Unternehmen bereits Anfang August 2018 bei der Gemeinde Sarntal um „die Aushändigung von Kopien sämtlicher sich im Besitz der Gemeinde Sarntal befindlichen Verwaltungsdokumente in Zusammenhang mit der Wasserkonzession GS/2400 für das E-Werk St. Anton im Gemeindegebiet von Bozen sowie mit der Wasserkonzession GS/2401 für das E-Werk Sarnthein im Gemeindegebiet von Sarntal“ angesucht. Weil die Eisackwerke jährlich rund 300.000 Euro an Umweltgeldern an die Gemeinde Sarntal zahlen, besteht ein klar begründetes Interesse des Antragstellers auf Akteneinsicht.
Doch Anfang September 2018 informierte die Gemeinde Frasnelli & Co, dass man den Aktenzugang nach Einholung eines Rechtsgutachtens ablehne. Die Begründung: Der Antrag sei zu arbeitsintensiv und es gebe in der Gemeindeverwaltung keine Person, die in der Lage sei, den Auftrag zu erfüllen.
 

Watschn aus der Gerstburg

 
Gegen diese Ablehnung hat die Eisackwerk GmbH vor dem Bozner Verwaltungsgericht Rekurs eingereicht.
Mit Urteil 222/2018 vom 18. Dezember 2018 hat das Verwaltungsgericht jetzt diesen Rekurs angenommen. Das Urteil ist eine Watschn für Franz Locher. Nach Sicht der Richter habe die Gemeinde keinerlei Recht die Akteneinsicht zu verweigern. Der Richtersenat Edith Engl, Terenzio Del Gaudio, Margit Falk Ebner und Berichterstatterin Lorenza Pantozzi Lerjefors kommt im Urteil zum Schluss, dass die Begründung der Gemeinde völlig fadenscheinig sei und es nur darum gehe, durch die Nichtaushändigung die Verteidigungslinie der Rekursgegner zu stören. 
 
Das Verwaltungsgericht verfügte deshalb, dass die Gemeinde Sarntal die Dokumentation innerhalb von 30 Tagen aushändigen muss. Zudem wurde die Gemeinde zur Bezahlung der Gerichtsspesen verdonnert.
Es ist ein klarer Sieg der Eisackwerk GmbH. Doch gleichzeitig kommt auf die privaten Strombetreiber ein neues unerwartetes juristisches Problem zu.
 
 

Absurde Situation

 
Formell mussten die privaten Kraftwerksbetreiber den Rekurs am Verwaltungsgericht nicht nur gegen die Gemeinde Sarntal, sondern auch gegen die „Alperia Greenpower GmbH“ als Betreiberin des Kraftwerks Sarntal stellen.
Die Alperia-Tochter hat sich aber nicht nur in das Verfahren an der Seite von Franz Locher eingelassen, sie hat einen noch viel drastischeren Schritt gemacht. Wenige Tage vor der Urteilsverkündigung flatterte der „Eisackwerk GmbH“ eine anwaltschaftliche Abmahnung (diffida) vonseiten der Alperia ins Haus.
Der Vorwurf: Das private Energieunternehmen habe gegen die Vergleichsvereinbarung zum sogenannten „Stromfrieden“ verstossen, in der man sich verpflichtet habe, keine Rekurse zu diesen Konzessionen gegeneinander einzureichen.
Damit aber gerät die „Eisackwerk GmbH“ im wahrsten Sinne zwischen Hammer und Ambos. Während vor dem Wassergericht in Rom Land und Eisackwerk GmbH gemeinsam gegen den Locher-Rekurs kämpfen, legt in Südtirol ausgerechnet die Landesenergiegesellschaft Alperia den Eisackwerken juridische Prügel in den Weg.
Eigentlich sollte unser Erfolg in Rom im ureigensten Interesse der Alperia liegen“, schreiben die Eisackwerk-Gesellschafter dann auch im Brief an Wohlfarter und Kompatscher.
Bei der Aussprache mit dem Landeshauptmann soll der gordische Knoten entwirrt werden. Und die Grundsatzfrage geklärt werden, ob die Alperia den möglichen Flächenbrand löschen oder als Brandbeschleuniger von Franz Locher dienen will.
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rotaderga Fr., 11.01.2019 - 13:01

Da sehe ich nur eine Lösungsmöglichkeit:
Kompatscher muss Locher als Energielandesrat einsetzen, die Lega würde es sicher auch gutheißen.

Fr., 11.01.2019 - 13:01 Permalink
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Marcus A. Fr., 11.01.2019 - 13:07

Absolut! Wenn King Luis etwas verspricht, dann haben sich alle daran zu halten! Demokratie und Rechtsstaat ist für alle gleich, für manche noch gleicher!!!!

Fr., 11.01.2019 - 13:07 Permalink