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Wer macht denn so was?

Die App „Loulu“ macht in Form eines Spiels erfahrbar, wie rechte Influencerinnen in sozialen Netzwerken agieren. Ein gelungenes Aufklärungsprojekt.
Loulu
Foto: Pexels

„Loulu“ ist ein Game, das aufklären will: Das Spiel macht Strategien rechter InfluencerInnen in sozialen Netzwerken sichtbar und erfahrbar. Die kostenlose App lädt SpielerInnen in eine interaktive Fiktion ein und macht somit Manipulationstaktiken und Diskursverschiebungen „neurechter“ Netzwerke erfahrbar. Außerdem will die App zeigen, dass soziale Netzwerke perfekte Keimzellen zur gezielten Radikalisierung sein können.

Virtuelle Handlung

Wer sich die App aufs Smartphone lädt und öffnet, stößt dort zunächst auf zwei Plattformen, die vielen vom eigenen Handy vertraut sein dürften: Es gibt ein videobasiertes, soziales Netzwerk, das Tiktok und Instagram ähnelt und einen Messenger, der an die App Telegram erinnert. Dort erhalten die Spielenden zu Beginn eine emotionale Videonachricht einer befreundeten Influencerin, die nach einem rechten shitstorm um Hilfe bittet.

 


Deine Freundin Loulu

Die erfolgreiche Influencerin heißt Frida und wurde auf dem sozialen Netzwerk vire Opfer einer Schmähkritik. Hilfesuchend wendet sie sich an die SpielerInnen, die im Laufe des Spiels herausfinden: Dieser shitstorm ist nicht zufällig entstanden, er war geplant und ausgeführt von einem rechten Netzwerk, das mit gekonnten digitalen Medienstrategien versucht, den gesellschaftlichen Diskurs über Themen wie Feminismus, Gender, LGBTQIA+-Sichtbarkeit und Diversität nachhaltig zu beeinflussen, um so eine rassistische und sexistische Politik durchzusetzen. Besonders auffällig ist hier die Lifestyle-Influencerin „Loulu“, die traurig nachdenklich über das Muttersein, die schnelllebige Gesellschaft und das Thema Heimat sinniert. Welche Zusammenhänge bestehen zwischen „Loulu“ und dem Netzwerk, welches Frida so stark attackiert?
 

Wie rechts bist du?

In der ersten Phase des Spiels geht es darum, erst einmal in das rechte Milieu hineinzukommen. Das gelingt, indem der Algorithmus ausgetrickst wird: Im Netzwerk werden Beiträge mit rechten Inhalten gefunden und gelikt, um mehr Posts dieser Art angezeigt zu bekommen. Sobald man als Spielende/r vom Algorithmus als „rechts-denkend“ eingeordnet wurde, tritt man einem privaten Chat mit anderen „Gleichgesinnten“ bei. Im Verlauf des Spiels bekommt man so auch immer engeren Kontakt zur Influencerin Loulu, der Titelfigur des Spiels: eine blonde junge Frau, die Videos postet und zunächst harmlos und modern wirkt, aber zunehmend mit antifeministischen Inhalten auffällt. Die Aufgabe von „Loulu“ sei, mit vermeintlich harmlosen Videos, die breite Masse zu erreichen. Ziel des Spiel ist es, eine Art Medienstrategiehandbuch dieser rechten Bewegung zu finden.
 

Die kostenlose App lädt SpielerInnen in eine interaktive Fiktion ein und macht somit Manipulationstaktiken und Diskursverschiebungen „neurechter“ Netzwerke erfahrbar.


Die App ist das erste Projekt zwischen onlinetheater.live und dem Theater „HAU Hebbel am Ufer“ in Berlin und wurde von der Kulturstiftung des Bundes unterstützt.
Den Entwicklerinnen und Entwickler des Spiels (Kathi Kraft, Toni Minge, Luzia Oppermann und Caspar Weimann) sind die Gefahren bewusst. Aus diesem Grund werden den im Spiel auftretenden rechten Inhalten, aufklärende Posts entgegengesetzt. Zudem können laut onlinetheater.live keine Screenshots gemacht werden, um die Inhalte außerhalb des Kontextes zu missbrauchen.
Die Spieldauer beträgt 1,5 Stunden, hängt aber von der jeweiligen persönlichen Spielgeschwindigkeit ab. Das Spiel kam am 15. Juni 2021 auf den Spielmarkt und wurde bereits mit dem Innovationspreis des europaweiten Wettbewerbs BRaVE Fair ausgezeichnet.