Gesellschaft | LebensWEISE

Mut, nur Mut!

Krise als Chance
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Casa
Foto: Unsplash

Ungewissheit ist wesentlich angenehmer, wenn man sie verdrängen oder ins Unterbewusstsein abschieben kann. Nicht wissen, was kommen wird, wann es kommen wird und wie es kommen wird – eigentlich nichts Neues für uns. Tatsächlich werden wir sogar auf jedem Schritt, in jedem Moment unseres Lebens davon begleitet. Wir wissen – zumindest „theoretisch“ – dass sich unser Leben von einer Sekunde auf die andere komplett verändern kann. Dass es von jetzt auf gleich „vorbei sein“ kann. Und doch setzen wir uns damit kaum beziehungsweise zu wenig damit auseinander. Ansonsten wären wir wahrscheinlich nicht so überrascht oder gar überwältigt von dem Gefühl, wenn die Ungewissheit in bestimmten (Ausnahme-)Situationen plötzlich wieder stärker in den Vordergrund tritt.

Es ist eine unangenehme Empfindung, die durchaus das Potenzial hat, uns ganz schön zu „stressen“. Uns die Laune zu „vermiesen“. Uns unruhige Tage und schlaflose Nächte zu bescheren. Sicherlich ist dies auch ein bisschen „Charakter-Sache“. Aber es geht uns alle an. Jeden einzelnen.

Doch selbst die Ungewissheit hat Vorteile. Wenn wir unseren Blickwinkel verändern, können wir feststellen, dass sie sehr motivierend sein kann. Nicht in die Zukunft schauen zu können, kann dazu anspornen, das Beste aus dem jetzigen Moment zu machen. Es kann helfen, Ängste zu überwinden. Oder unsere eigene Einstellung zu uns selbst, zu anderen Menschen, zum Leben zu überdenken. Aktiv Veränderungen anzustreben und auch vorzunehmen.

Diese Energie können wir nutzen, um damit anzufangen – oder daran weiterzuarbeiten – uns selbst und andere anders zu behandeln. Wir können geduldiger und verständnisvoller sein; wir können uns mit mehr Freundlichkeit und Liebe begegnen. Das Ziel dieser Bemühungen muss nicht der griesgrämige Nachbar, ein lange nicht mehr gepflegter Kontakt oder gleich die ganze Welt sein – wir können bei uns selbst anfangen. Sich selbst weniger Kritik und Strenge entgegenbringen. Weniger Tadel, mehr Lob. Nachsicht, Güte, Zärtlichkeit. Im Sinne von: Wenn das hier mein letzter Moment wäre, wie würde ich ihn dann verbringen wollen? Was würde ich einem bestimmten Menschen noch sagen wollen, bevor es „zu spät“ ist? Was würde ich bereuen, nie getan zu haben?

Ein „normales“, „durchschnittliches“ Maß an Ungewissheit reicht oft nicht aus, um uns aus der Passivität in die Aktivität wechseln zu lassen. Wir denken, wir hätten „doch noch so viel Zeit“. Und das würden wir „dann schon beim nächsten Mal“ tun. Manchmal ein fataler „Fehler“. Denn irgendwann ist es dann vorbei mit den „nächsten Malen“. Irgendwann liegt auch die letzte Chance hinter uns. Und wenn wir das „Pech“ haben, dass sich unsere letzten Momente hinauszögern, dass wir nicht von einen Moment auf den anderen nicht mehr sind, haben wir jede Menge Zeit zu bereuen. Noch schlimmer: Stirbt eine andere Person, kann uns dieses „Hätte ich doch nur…!“ ein ganzes Leben lang begleiten. Dagegen ist ein bisschen Ungewissheit gar nichts mehr.

Also: Jetzt gleich beziehungsweise heute noch sich selbst – und gerne auch jemandem anderem – etwas Gutes tun. Beim Essen bewusst auf den Geschmack achten. Aktiv dankbar sein. Ein Kompliment mehr verteilen. Heraus aus dem gewohnten Schema. Etwas wagen. Leben. Jetzt.

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Verena Permann Sa., 14.03.2020 - 11:00

...schön und gut das Argument ' ungewiss
' und den Moment leben und Gutes tun :)))... es gilt auch mal nach hinten zu sehen und das Leben retour laufen zu lassen ...was ist denn vom Guten tun übriggeblieben? Ach ja, der Buddhismus predigt : Alles vergessen ...nur das Gegenwärtige betrachten ...und nie kritisch sein :))) für mich ist Fakt , dass der derzeitige Status des Fußvolkes herbeigeführt ist , um Kritik am korrupten System zu stoppen ...jene , die in Hülle und Fülle und Überfülle leben , können das jederzeit herbeiführen ...was ist besser, als dass sich die 'unteren Schubladen ' in Unsicherheit baden müssen , stillstehen und Angst ums Futter haben .
Der Effekt : Absoluter Gehorsam oder Abdanken :)))
Ich nehm's schon lange mit Humor und lebe lieber von Bröseln , als mich an bestimmte heranzubiedern oder Schleimspuren zu ziehen ....erfolgreich ausgestiegen :)))

Sa., 14.03.2020 - 11:00 Permalink
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Meister Haus Sa., 14.03.2020 - 11:58

Antwort auf von Verena Permann

Mit dem, was Sie über das Fussvolk und jene im Überfluss und was da passiert sagen, kann ich ziemlich weit mitgehen.
Und trotzdem: das Thema "Ungewissheit", das die Autorin behandelt, scheint mir in diesen Zeiten von großer Bedeutung zu sein. Wenn wir gemeinsam an den "Zuständen" aktiv etwas ändern wollen (vorausgesetzt wir wollen es), dann müssen wir Zugang zu Ressouren und Potentialen in uns finden, die uns normalerweise verschlossen sind und die wir nicht kennen. Und dafür müssen wir uns öffnen (lassen). Einer der stärksten Öffner ist die Ungewissheit. Wir fürchten sie, weil sie uns verletzlich macht, eben weil sie uns öffnet. Ungewissheit, Verwirrung und Nicht-Wissen - haben wir den Mut uns von ihnen öffnen zu lassen?

Sa., 14.03.2020 - 11:58 Permalink