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Kein Tag ohne SAD-News

Die SAD AG verliert ihren Präsidenten – und der Mehrheitseigentümer hat eine Meldung an den Antikorruptionsbeauftragten am Hals.
Autoreifen
Foto: Pixabay

Mit “Arno” und “Flori” habe er immer gut können, verrät Christoph Perathoner. Sowohl den Landeshauptmann als auch den Mobilitätslandesrat bezeichnet er als “Freund”. Dass er als SAD-Präsident und SVP-Bezirksobmann von Bozen bisweilen zwischen die Fronten in den Auseinandersetzungen zwischen Land und SAD-CEO Ingemar Gatterer geraten sei, will Perathoner nicht eingestehen. Und doch sieht er seine Zeit gekommen, verkündet der langjährige SAD-Präsident am Samstag in den Dolomiten.

Nach der Genehmigung der Geschäftsbilanz für das Jahr 2017 und der Hinterlegung der Dokumentation für die Teilnahme an der – inzwischen von der Landesregierung annullierten – Ausschreibung für die Konzessionen der außerstädtischen Buslinien hat Christoph Perathoner sein Amt als SAD-Präsident und als Verwaltungsratsmitglied niedergelegt.


Seit 2004 saß der Grödner Rechtsanwalt im SAD-Verwaltungsrat, seit 2007 war er Präsident. Sein Mandat wäre bis 2019 gelaufen. Doch schon länger habe Perathoner seinen Rückzug angekündigt, er wolle sich “stärker seinem Anwaltsberuf und der Rechtswissenschaft widmen”, heißt es in einer Aussendung der SAD. Dort bedauere man den Schritt, respektiere ihn aber. “Für die insgesamt 14-jährige einwandfreie Amtsführung danken ihm in besonderer Weise die Aktionäre sowie die Geschäftsführung im Namen des gesamten Unternehmens.” Wer Christoph Perathoner beerben wird, steht schon fest: Die Aktionäre haben sich für Mariano Vettori entschieden. Der SAD-Generaldirektor rückt in den dreiköpfigen Verwaltungsrat nach, in dem er neben Pietro Tosolini und Ingemar Gatterer sitzen wird.

Diesem droht neues Ungemach. Wie aus dem inzwischen veröffentlichten Beschluss, mit dem die Landesregierung am Freitag in einer Dringlichkeitssitzung die Ausschreibung der Bus-Konzessionen in letzter Minute annulliert hat, hervorgeht, hat das Land wegen der hinlänglich berichteten Vorfälle nicht nur Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und eine Meldung bei der Wettbewerbs- und der Antikorruptionsbehörde erstattet. Sondern bereits im Juni Ingemar Gatterer dem Antikorruptionsbeauftragten des Landes gemeldet.

 

Es geht um zwei Schreiben, mit denen SAD-Generaldirektor Vettori am 4. Juni die Landesregierung auffordert, die Veröffentlichung der Ausschreibung der Bus-Konzessionen zu unterlassen – da das Land dadurch absichtlich für sich oder für einen Dritten einen ungerechtfertigten Vorteil zu Ungunsten der SAD schaffen würde.
Ab selben Tag verschickt Ingemar (im Beschluss der Landesregierung ist von Ingomar die Rede) Gatterer die Schreiben nochmals per Mail und droht mit einer Strafanzeige, Schadenersatzforderungen und die Verbreitung in den Medien “über das Verhalten des Landes Südtirol” an, wenn dieses nicht von der Veröffentlichung der Ausschreibung absieht.

“Diese E-Mail wurde dann auch explizit an zwei Beamte der Mobilitätsabteilung gesendet, die bei der Ausarbeitung der Ausschreibungsunterlagen mitwirken, um sie an mögliche Mitverantwortung zu erinnern”, ist im Beschluss der Landesregierung von vorigem Freitag zu erfahren. Das habe man dem Antikorruptionsbeauftragten des Landes mitgeteilt, denn: “Diese Einschüchterungsversuche gegenüber den Mitgliedern der Landesregierung und den beteiligten Beamten waren darauf ausgerichtet, die Gelassenheit und die Freiheit der Bewertung und Entscheidung in Bezug auf den Fortgang des Verfahrens zu beeinträchtigen”, kommt die Landesregierung zum Schluss. Die Ausschreibung wurde trotzdem am 6. Juni im Vergabeportal des Landes veröffentlicht. Um ein Monat später, kurz vor Ablauf der Einreichfrist annulliert zu werden. Inzwischen ermitteln Staatsanwaltschaft, Antikorruptions- und Wettbewerbsbehörde in der Sache. Die SAD hingegen will ihrerseits eine Strafanzeige stellen – dem Land wirft man vor, die Konsortien LiBUS und KSM durch die Aufhebung der Ausschreibung begünstigt zu haben. Und aus den Oppositionsreihen wird die Einsetzung einer Untersuchungskommission im Landtag verlangt.

“A very SAD story”, kommentiert ein Landtagsabgeordneter trocken.