Wirtschaft | IRAP-Steuer

Die Spending review hat wenig gebracht

Die Kritik der Südtiroler Wirtschaft an den Plänen der Landesregierung hinsichtlich der Erhöhung der IRAP-Steuer von 2,68 % auf 3,9 % war zu erwarten.
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Der Artikel 6 des Ermächtigungsgesetzes zur Steuerreform sieht die „Überwindung der IRAP“ vor und letztlich deren Abschaffung. Allerdings ist es unklar, ob die Zeit dazu reichen wird, auch aufgrund der unterschiedlichen Meinungen der Mehrheit, die Draghi stützt.

Die IRAP wurde mit der Steuerreform 1996–97 eingeführt. Grund war das Haushaltsgesetz von 1993 der Regierung Amato. Aufgrund einer katastrophalen wirtschaftlichen Situation Italiens wurde eine Korrektur des Staatshaushaltes vorgenommen, mit vielen einschneidenden Maßnahmen, die aber alles andere als organisch waren. Man denke nur an die „MinimumTax“ und die Sonderabgaben auf die Bankeinlagen.

Die IRAP war ursprünglich eine Vereinfachung und Rationalisierung, die mit einem relativ niedrigen Steuersatz (heute von 3,9 %) größere Einnahmen ermöglichte. Dies kam besonders den Regionen zugute, denen auch eine bestimmte Flexibilität bei der Festlegung des Steuersatzes zugestanden wurde. Auch wurde das öffentliche Gesundheitswesen durch die IRAP stark unterstützt.

Es gelang zudem durch die IRAP die Arbeitskosten zu senken, denn die Beiträge zur Finanzierung der Sanität seitens der Betriebe entfiel und wurden nun durch Steuereinnahmen finanziert. Im Laufe der Jahre gab es dann immer wieder Änderungen und Reduzierungen der Grundlage für die Steuerberechnung, bis letztlich die Arbeitskosten fast zur Gänze ausgeklammert wurden.

Heute ist die IRAP-Steuer völlig anders, als ursprünglich geplant und eine Abschaffung wäre vielleicht auch sinnvoll. Bleibt die Frage, durch was man sie ersetzen will.

Die Regierung denkt an einen Ausgleich durch die IRPEF und die IRES, oder durch eine Anhebung des Steuersatzes allein auf die IRES. Eine Anhebung der Einkommenssteuer wäre ein Widerspruch, will man doch die Steuern für Beschäftigte und Rentner senken. Eine Anhebung der IRES ist in Anbetracht der politischen Mehrheiten im Parlament politisch wohl schwer durchzubringen.

Dazu kommt ein weiteres Problem: Das heutige Steuersystem sieht sich mit einer Kontraktion der Steuerbasis konfrontiert. Gegenwärtig werden die Staatsausgaben hauptsächlich mit Steuereinnahmen und Sozialabgaben auf die Arbeitseinkommen finanziert. Das Verhältnis zwischen Einkünften aus Arbeit und anderen Einkommen (Zinsen, Finanzgeschäfte. Gewinne usw.) beträgt 3 zu 1, während der Anteil der Löhne und Gehälter nur 47 % des BIP beträgt.

Daher muss man abwarten, in welchem Ausmaß der Staat den Einnahmenrückgang für die Regionen und das Gesundheitswesen ausgleichen will. Sollte der Staat hier voll einspringen, wäre eine Erhöhung der IRAP auch bei uns strategisch gesehen sinnvoll.  Höhere Einnahmen würden einen höheren Ausgleich bewirken.

Abgesehen davon möchte ich erinnern, dass während der Pandemie alle nach öffentlichen Geldern gerufen haben, manchmal auch sehr egoistisch, denn es gab sicherlich Wirtschaftssektoren, die stark durch gebeutelt wurden, während viele relativ gut zurechtkamen und einige sogar höhere Gewinne erwirtschaftet haben.

Aber niemand hat sich Sorgen darübergemacht, wer am Ende die Rechnung begleichen muss. Heute stehen wir vor einem „schleichenden“ Kampf um die Verteilung der bestehenden Ressourcen. Allerdings kann die Wirtschaft nach bestandener Gefahr, auch mithilfe des Landes, sicherlich einen etwas höheren Beitrag zum Landeshaushalt leisten.

Tatsache ist allerdings, dass die Wirtschaft nun wiederum auf alte Formeln zurück. So fordert man mit Nachdruck eine „Spending review“. Der englische Ausdruck klingt weniger bedrohlich als das, was sich letztlich dahinter versteckt: Reduzierung der öffentlichen Ausgaben, die keine positive Auswirkung für die Gesellschaft und die Wirtschaft haben.

Damit kann man grundsätzlich nur einverstanden sein. Allerdings ist in diesem Zusammenhang der Begriff „Nutzlosigkeit“ sehr dehnbar. Hier gehen die Meinungen in vielen Belangen weit auseinander. Besonders unter den Sozialpartnern gibt es in vielen Belangen gegensätzliche Ansichten. Was die Gewerkschaft als wichtig erachtet kann für die Wirtschaft wenig sinnvoll sein. 

Daher kann nur die Politik die notwendige Synthese unter Berücksichtigung aller Vorschläge machen.

Eine letzte Bemerkung: zwischen 2015 und 2018 hat sich eine eigens eingesetzte Expertenkommission mit diesem Thema befasst. Die Ergebnisse wurden nie öffentlich diskutiert und sind anscheinend in einer Schublade verschwunden. Meiner Meinung nach war die Beurteilung der Ausgaben eher positiv und der Handlungsspielraum daher ziemlich begrenzt. Die Ergebnisse waren wohl kaum derart explosiv, dass man das Ganze langsam versanden ließ. Auch liegen zwischen Expertenvorschlägen und politischen Notwendigkeiten oftmals Welten.

Damit will ich keinesfalls die Vorschläge der Wirtschaftsverbände unterschätzen, sondern nehme sie als ein Anreiz gemeinsam über die Zukunft unseres Landes zu diskutieren, wahr. Für die bereits heute anstehenden Probleme dürften sie aber keine Antwort sein.

Alfred Ebner und Josef Lazzari