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Europäische Schatzkiste

Wenn nur alle in der Europäischen Union so gut zusammenarbeiten würden wie die Statistiker – ein Loblied auf die beste Seite der EU.
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Foto: upi
Letztens erzählte mir eine Bekannte einen Gedanken, der neu für sie war: „Facts are always friendly.“, sagte sie: „Fakten sind immer freundlich.“ 
Sie hatte sich erst an den Gedanken gewöhnen müssen, dass jede neue gesicherte Information erstmal ein Gewinn ist: Ob es nun um krebserregende Stoffe in Plastikflaschen geht oder darum, ob die Migration die Kriminalität in einem Land verändert – egal, welche Position man in einer Debatte vertritt: Fakten sind immer freundlich. Nicht immer stützen sie das eigene Argument, aber in jedem Fall bringen sie die Diskussion weiter.
 

Leben Frauen oder Männer in Europa besser? Eurostat testet ihr Wissen

 
Miteinander debattieren heißt, sich mit derselben Realität herumschlagen. Die einen werden sie so interpretieren, die anderen so – aber nur durch die gemeinsame Faktenbasis kann ein sinnvolles Gespräch überhaupt stattfinden. Das dachten sich wohl auch die Gründer der Europäischen Union. Denn bereits 1953 wurde für die Zwecke der Montanunion (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) das gemeinsame Statistikbureau Eurostat gegründet. Nur Italien, Frankreich, Westdeutschland und die Benelux-Staaten waren damals Teil des Staatenbündnisses. Und mit der EU ist auch Eurostat gewachsen. Heute umfasst das Portal Statistiken zu allen wichtigen Lebensbereichen auf Englisch, Deutsch und Französisch. Die Kooperation, die in der Migrationspolitik zu wünschen übrig lässt – zwischen den StatistikerInnen funktioniert sie offenbar.
 
Meiner Erfahrung nach ist die Seite immer wieder einen Besuch wert. Hübsch ist zum Beispiel die Informationssammlung zum „Leben von Männern und Frauen in Europa“ inklusive Wissensquiz.
Wussten Sie, dass mehr Frauen als Männer eine akademische Ausbildung abgeschlossen haben? Das stimmt für die EU insgesamt und für die einzelnen Länder, nur in Österreich und Deutschland ist es umgekehrt. 
Rauchen und Trinken ist wiederum unter Männern verbreiteter.
 

ItalienerInnen sind nicht besonders glücklich – warum?

 
Die Lebenszufriedenheit ist für beide Geschlechter ähnlich – die Unterschiede zwischen den Ländern sind allerdings groß. Und in wenigen Ländern ist sie schlechter als in Italien – fast alle davon gehören zum ehemaligen Ostblock .
Warum das so ist? Statistiken werden das nie ganz erklären können, aber man kann mit ihrer Hilfe Hypothesen testen: Sind in den „unglücklichen Ländern“ mehr Leute arm? Arbeiten sie weniger? Oder mehr?
 

Lassen Sie sich überraschen

 
Eurostat beantwortet auch diese Fragen. Zugegeben, man muss schon etwas Geduld haben, um in dieser Schatzkiste genau das zu finden, was man sucht. Einfacher ist es, sich durchzuklicken und überraschen zu lassen.
Auf der Suche nach den Armutsquoten habe ich nebenbei herausgefunden, dass 2016 mehr als die Hälfte der internationalen Reisen aus EU-Ländern mit dem Flugzeug gemacht wurden. Und dass in Kroatien junge Männer zwischen 16 und 29 am häufigsten bei ihren Eltern leben (93,1%!), am seltensten in Dänemark, dort sind es nur 39,5%. Italien ist nach Kroatien und Malta auf Platz drei.
 
Die Armutsquote ist in Italien tatsächlich ziemlich hoch: 20 Prozent sind es, in Westeuropa ist sie nur in Spanien und Griechenland höher. Allerdings, so erklärt mir Eurostat, gibt es viele Arten, Armut zu messen. Deshalb werden Menschen auch gefragt, ob sie sich regelmäßig Urlaub leisten können oder ob sie genug Geld haben, ihre Wohnung warm zu halten – in Italien fehlt das erschreckend vielen! Aber klicken Sie sich am liebsten selbst durch (hier eine gut aufgearbeitete Übersicht, allerdings großteils auf Englisch.
Viel Spaß beim Finden neuer freundlicher Fakten!