Politik | Reaktionen

“Una vergogna per tutta Bolzano”

Raus aus dem Gemeinderat! Das fordern Gemeinderatskollegen nun von Andrea Bonazza. Die Partisanenvereinigung ANPI will Anzeige erstatten.
Rathaus Bozen
Foto: Othmar Seehauser

Dass in ihren Reihen ein bekennender Faschist sitzt – gemeinsam mit zwei weiteren Parteikollegen von CasaPound –, damit müssen die Bozner Gemeinderäte seit 2016 leben. Nach dem jüngsten Vorfall im Gemeinderat und dem Bericht von salto.bz über die Teilnahme von Andrea Bonazza an einer “Gedenkveranstaltung” für gefallene SS-Soldaten in Budapest aber, reicht es einigen.

Während der Gemeinderatssitzung am Dienstag Abend griff Bonazza in einer Wortmeldung frontal Bürgermeister Renzo Caramaschi, die Partisanenvereinigung ANPI und dessen Präsident Guido Margheri an. Er warf ihnen unter anderem vor, “Negationismus” zu betreiben und Schüler “indoktrinieren” zu wollen (nachzuhören hier, ab Minute 59). “Fate schifo!” – “Ihr seid widerlich!” schrie Bonazza Richtung Caramaschi. Nach einem minutenlangen Schreiduell, in das sich auch die Grüne Stadträtin Marialaura Lorenzini einschaltete, wurde die Sitzung vorzeitig abgebrochen.

 

Jetzt verurteilen zahlreiche Gemeinderäte Bonazzas Auftritt im Gemeinderat und beim Neonazi-Aufmarsch in Budapest. “Für eine Demokratie untragbar” sei die Gesinnung, die bei CasaPound herrscht, meint SVP-Fraktionssprecher Sebastian Seehauser. Er spricht von einem “unwürdigen Schauspiel für einen Gemeinderat”. #shameonyou – “schäm dich!” – setzt Seehauser als Hashtag hinter seinen Facebook-Post – als Antwort auf das “mi vergogno per lei!” – “ich schäme mich für Sie” –, das Bonazza Bürgermeister Caramaschi am Dienstag an den Kopf geworfen hatte. “È gravissimo e allucinante”, kommentiert der Bozner PD den salto-Artikel. Deren Parteisekretär Alessandro Huber ist einer der Organisatoren des “Zugs der Erinnerung”, mit dem jedes Jahr Jugendliche der Euregio für einen Besuch des KZ Auschwitz fahren. “La partecipazione – a 75 anni dalla liberazione di Auschwitz – a commemorazioni per i carnefici è indegna. Il Pd di Bolzano condanna con tutte le forze questo evento e ritiene incompatibile la carica di consigliere comunale con la partecipazione a queste manifestazioni.”

Raus aus der Institution Gemeinderat – das fordern auch die Grünen. “Faschisten, die zu Neonazi-Aufmärschen gehen, können nicht in der Gemeinde sitzen”, meint Stadträtin Lorenzini. “Die Institution Gemeinderat darf das nicht dulden!”, fällt der Grüne Fraktionssprecher Tobe Planer ein – samt demselben Hashtag wie ihn Seehauser verwendet: #shameonyou. “Diese Töne und Art, Politik zu machen, können im Gemeinderat nicht geduldet werden. Kein Platz für jene, die bei Nazi-Aufmärschen in Ungarn dabei sind und jene, die 2020 Hass und Gewalt säen”, stimmt Parteikollegin Chiara Rabini ein.

“Das passiert wenn man es neofaschistischen Bewegungen erlaubt, in den Institutionen einzuziehen”, schreibt die Linke gemeinsam mit mehreren antifaschistischen Südtiroler Vereinigungen in einer Aussendung. “Auspichiamo la chiusura immediata di tutti i centri che fanno riferimento a formazioni dichiaratamente fasciste perché infangano la Costituzione repubblicana nata dalla Resistenza. Ricordiamo che il fascismo non è un’opinione, ma un reato che offende la memoria delle tante partigiane e dei tanti partigiani che hanno dato la vita per la libertà dell’Italia e dell’Europa.”

“Una vergogna per tutta la città di Bolzano e la comunità dell'Alto Adige”, kommentiert ein Facebook-User den Bericht über Bonazza in Budaepst. Ein weiterer schreibt: “CasaPound feiert die Peiniger und betrauert nicht die Opfer. Deswegen braucht es die Worte von Segre (Liliana Segre ist eine italienische Holocaust-Überlebende und Senatorin auf Lebenszeit, Anm.d.Red.): ‘Questi non vanno pacificati, vanno rieducati’ – falls möglich.”

Der lokale Ableger der Partisanenvereinigung ANPI kündigt indes an, Anzeige gegen Bonazza erstatten zu wollen. “Presenteremo ovviamente denuncia alla magistratura in relazione alla scandalosa partecipazione degli autoproclamati ‘fascisti del terzo millennio’ al raduno nazista di Budapest e verificheremo, ovviamente, l'audio della seduta del consiglio comunale di ieri sera per una denuncia ulteriore, teilt ANPI-Südtirol-Präsident Margheri mit. Und die “Omas gegen rechts” werden am morgigen Donnerstag (13. Februar) vor Beginn der nächsten Gemeinderatssitzung um 17.30 Uhr auf den Bozner Rathausplatz kommen, um ein Zeichen gegen Faschismus und Rechtsextremismus zu setzen.

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Massimo Mollica Mi., 12.02.2020 - 16:41

Ma si può avere un commento sull'accaduto anche da parte dei rappresentanti della Lega? E Quelli di Forza Italia? Fratelli d' Italia? Che dicono? Non pervenuti?

Mi., 12.02.2020 - 16:41 Permalink
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Profil für Benutzer △rtim post
△rtim post Sa., 15.02.2020 - 04:13

Das passt zur Ansicht das verbrecherische, faschistische Italien (1922-1945) als unschuldiges Opfer darzustellen. Italien hat sich anders als Deutschland, wo es einen Nürnberger Prozess ... gab, nie mit seiner dunklen Vergangenheit auseineindergesetzt. Bis heute. Mehr noch: Seit 2004 gibt es in Italien gar eine ganz offizielle Instrumentalisierung des Gedenktages des faschistisch geprägten Begriffes "Foibe", mit dem manche die italienische Schuld zu relativieren und eine Opfermentalität zu zelebrieren versuchen. Das Absurde ist dabei, dass das Bedauern über diese Opfer am Ende eines Krieges nun auch noch von Neo-Faschisten zu ihrem Zwecke genutzt wird.
Der Casapound-Mann ist hier ganz kohärent, während Bozner Grüne, PD ... hingegen nur den nationalitalienischen Geschichtsrevisionismus teilen.
Vielleicht sollte man in Italien, aber auch in Ungarn ... mal als Beispiel die (diesjährige) Rede des Bundespräsidenten Steinmairs anlässlich der Zerstörung Dresdens nehmen: https://www.dnn.de/Nachrichten/Politik/Bundespraesident-Steinmeiers-Ged…
Eine Gedenkrede ganz ohne Aufrechnung und Geschichtsrevisionismus.

Sa., 15.02.2020 - 04:13 Permalink