Gesellschaft | Zebra

Farbe bekennen

Fouzia Kinyaniui und Ivo Passler sind ein Paar. Sie leiten Seminare für Zivilcourage, gegen Rassismus und alle Formen von Diskriminierung.
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Foto: zebra
Wir sollen uns als buntes Paar präsentieren? Wir sind aber kein buntes Paar. Na ja, eigentlich schon, aber auch wieder nicht. In der Öffentlichkeit unserer Wahlheimat Lana fühlen wir uns jedenfalls oft als Schwarz-weißes Paar.
Eigentlich sind wir aber alle bunt. Zum Glück beweisen das eindrückliche Kunst-Projekte wie „Humanae“: Die brasilianische Künstlerin Angélica Dass macht Portraitfotos, entnimmt der Nase der jeweiligen Person dann einige Farbpixel und färbt den gesamten Bildhintergrund mit derselben Farbe ein. Das Offensichtliche wird tatsächlich sichtbar: Alle Menschen sind farbig! Aber das eine sind die Farben, das andere ist die soziale und politische Realität. Der Begriff farbig wird nur auf eine Hälfte von uns beiden angewandt. Von welcher (Macht-)Position aus die Farbige gesehen wird, das bleibt fast immer verschwiegen. Als wäre der Andere nicht-farbig, unfarbig, transparent? Deshalb ist zwischen uns immer dieser Graben, und diesen Graben wegzureden, wäre Realitätsverweigerung. Wir wollen unsere Beziehungen wirklich und ehrlich leben, und wir wollen unsere Grenzen menschlich und lebenswert gestalten. Liebe überwindet am Ende alle Grenzen. Aber bis dahin ist es nicht immer einfach, an den Grenzen Liebe zu erleben. Viele Menschen müssen heute an unmenschlich gestalteten Grenzen schmerzvoll ihr Leben fristen oder gar lassen.
„Wir sollen uns als buntes Paar präsentieren? Wir sind aber kein buntes Paar.“
Wirkliche Beziehung, echter Kontakt passiert aber immer an den Grenzen. Wirkliche Liebe ist immer ein Grenz-Gang. Deshalb versuchen wir – auch mit unseren Kindern –im Alltag zu üben, unsere gemeinsamen Grenzen klar zu gestalten, gewaltfrei und menschlich. Dazu üben wir das Einander-Zuhören, ohne gleich zu bewerten oder vorschnell zu kategorisieren. Jede*r von uns macht ja ganz eigene Erfahrungen. Wir möchten uns und unsere Kinder zivilcouragiert und stark machen. Dafür brauchen wir Utopien, konkrete Projekte und Initiativen, und richtige Freund*innen und Partner*innen. Netzwerken ist also wichtig. Wir sind hier in Südtirol eingebunden in einen anti-rassistischen Familienkreis, und wir pflegen auch sonst möglichst bunte Freundschaften. Und wir haben damit begonnen, selbst partizipative Seminare für Zivilcourage, gegen Rassismus und alle Formen von Diskriminierung zu gestalten. Die Anfragen steigen, das macht uns Mut.
„Die Anfragen steigen, das macht uns Mut.“
Was uns stärkt, sind Glaube und Wissen. Wir wissen, dass wir als Menschen alle heilig, wertvoll und schön sind. Wir wissen, dass die Erde uns allen gemeinsam gehört, und wir ehrlich und gerecht teilen lernen müssen. Und niemand darf uns aufgrund unserer natürlichen und jeweils einzigartigen Schönheit und Würde anschwärzen. Wir glauben, dass schlussendlich jede*r die Rechnung für das eigene Tun erhält und auch bezahlt.