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Kurswechsel beim SBB wäre nötig

Sachverständige in Deutschland fordern: Der Bauernverbund muss in seiner Macht zurückgedrängt werden. Wie ist das bei uns?
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Nach einem Artikel der letzten Nummer von "Schrot und Korn" drängt der bundesdeutsche Sachverständigenrat für Umweltfragen im heurigen Gutachten auf die Zurückdrängung der privilegierten Stellung des deutschen Bauernverbandes. Dies weil sich der Rückgang der Artenvielfalt sonst nicht umkehren lasse, vor allem wegen des Einsatzes der Pflanzenschutzmittel. Die besten Denker auf dem Gebiet der Natur schlagen eine Abgabe auf Pestizide vor, um die Verwendung der Ackergifte zu verringern und es sollen zudem Pestizid- freie Zonen errichtet werden. Das ist bemerkenswert, auch für uns, voll im Sinne des Malser Pestizidverbots und darüber hinaus im Sinne des Weltagrarberichts.

Der SBB regt sich furchtbar auf über die eigensinnigen Malser, hat sich aber anscheinend nie überlegt, wie es soweit gekommen ist, vor allem aber was er selber dazu beigetragen hat. Obstbau war bis Schlanders/Kortsch hinauf schon sehr lange Obstbaugebiet, gemischt mit wenigen Äckern, einigen Wiesen bzw. Viehwirtschaft. Ober Laas war es noch sehr lange Wiesenwirtschaft, inzwischen sind auch durch den Klimawechsel die Obstplantagen weiter oben möglich geworden und entstanden. Die Zeit des Übergangs vom Vieh- zu Obstbau unter Kortsch war gekennzeichnet durch die Aktivitäten der Meliorierungs- und Bonifizierungskonsortien v.a. zum Zweck der Beregnung, Flurbegradigung und Grundstückszusammenlegung, bei denen viele kleine Betriebe in die Binsen gingen und andere immer größer wurden. In Mals (ca. 1000m  ü.d.M.) hat bis vor kurzem die Wiesenlandwirtschaft vorgeherrscht, es ist nicht lange her, dass die Waalbewässerung  der Malser Haide „bonifiziert“ wurde. In dieser ganze Zeit sind einige Untervinschger Obstbauern sehr reich geworden, haben nach den fruchtbaren Böden im Obervinschgau geglustet und haben dort zunehmend arme Bäuerlein aufgekauft um Monokulturen zu errichten. Als dieser klammheimliche Prozess begann und erste Obstplantagen entstanden, haben das die Malser gemerkt, vor allem durch die Pestizide, die plötzlich im Urin der Bevölkerung auftraten und haben richtig reagiert: Um sich vor dem Ausverkauf der Heimat und der Versauung der Umwelt zu retten, haben sie das Pestizidverbot beschlossen. War es nicht so?

Wenn der SBB sein effizientes Management zugunsten der Kapitalkonzentration höchstwahrscheinlich nicht so sehen will: Welchen Anteil sieht er am kontinuierlichen Kleinbauernsterben der letzten Jahrzehnte? Am Zusammenbrechen der Produktionsvielfalt? Am katastrophalen Niedergang der Milchpreise? Was ist das nur für eine Ethik des großen Bauernbundes wenn er Legionen von Anwälten und Politiker  gegen das kleine gallische Dorf Mals aufbringt, das sich nur gegen den Niedergang wehrt?

Es wäre unangemessen für alle Fehlentwicklungen den SBB als Sündenbock zu sehen. Nach heutigen Erkenntnissen – ich verweise auf den Weltagrarbericht! – bedarf der Bauernbund aufgrund des neuen Wissensstandes eines gewaltigen Kurswechsels: Er müsste die kleinteilige, vielfältige Landwirtschaft, die Regionalwirtschaften fördern statt sie zu bekämpfen! Bekämpfen müsste er die Monokulturwirtschaft und die Ausrichtung auf Eroberung der Weltmärkte: Sie ruinieren die große Masse der Klein- und Bergbauern, verschlechtern die Gesundheit und Nahrungsvielfalt der Bevölkerung ebenso wie Natur und Umwelt.