Umwelt | Verschmutzung

Stinkender Todesbringer

Wird Gülle unsachgemäß und widerrechtlich in Gewässern entsorgt, kann das verheerende Folgen haben. Bei der Bürgerunion spricht man von “hausgemachtem Fischsterben”.
Unterwasserwelt
Foto: Südtirolfoto/Helmuth Rier

“Ob nun die geringe Gefahr, erwischt zu werden, Verantwortungslosigkeit oder einfach nur Dummheit und Ignoranz der Grund für Gülleeinbringungen sind, entzieht sich unserer Kenntnis.” Für Dieter Zwerger steht jedoch fest: “Die Praxis muss definitiv aufhören!”

Zwerger ist Gemeinderat in Kaltern, stellvertretender Parteiobmann der Bürgerunion und passionierter Fischer. Als solcher bereitet ihm die Antwort auf eine Landtagsfrage, die Andreas Pöder Anfang Mai eingereicht hat, Sorgen.
Konkret wollte die Bürgerunion von Umweltlandesrat Richard Theiner Auskunft über bekannte Fälle, in denen Gülle in Wasserläufe geleitet wurde, Folgen und Sanktionen der Vorfälle und welche Sanierungsmaßnahmen notwendig waren. Denn, so heißt es in der Anfrage, “neben verschiedensten Umwelteinwirkungen haben Südtirols Wasserläufe auch widerrechtliche Entsorgungen bzw. unsachgemäße Ausbringungen von Gülle zu ertragen. Dies führt unweigerlich zu Verseuchungen der Wasserläufe und in der Folge zu Massensterben von Fischen und anderen Wasserbewohnern”.

 

Nicht eindeutig, aber verdächtig

“Es steht außer Zweifel, dass Stoffeinträge in Oberflächengewässer relevant für deren Zustand sind. Insbesondere kann auch der Eintrag von Gülle den Gewässerzustand stören und sich negativ auf die Gewässerqualität auswirken. Die damit zusammenhängende hohe Ammonium-Konzentration im Wasser ist für Wasserlebewesen sehr toxisch und kann zu Fischsterben führen”, schickt Landesrat Theiner in seiner Antwort voraus.
Laut Auskunft der zuständigen Beamten wurden in den vergangenen drei Jahren (2015-2017) im Amt für Gewässerschutz neun Fälle dokumentiert, bei denen Jauche bzw. Gülle in ein Oberflächengewässer geleitet wurden.
Nicht immer sei der Verursacher gefunden worden und auch Vorsatz habe man in keinem der Fälle nachweisen können, so die Auskunft.
Im selben Zeitraum wurden im Amt für Jagd und Fischerei acht Fälle von Fischsterben dokumentiert, deren Ursache nicht eindeutig festgestellt werden konnte, heißt es weiter. Die betroffenen Fischarten waren vor allem Bachforellen, Salmoniden, aber auch Karpfen, Marmorierte Forellen, Schleien und Cypriniden.

“Ein 100-prozentiger Zusammenhang zwischen dem Einbringen von Gülle und dem Fischsterben konnte bei diesen Fällen jedoch nicht belegt werden”, betont Theiner.
“Doch es besteht ein berechtigter Verdacht, dass dem so ist”, kommentiert Dietmar Zwerger, der sich über “die hohe Anzahl von hausgemachtem Fischsterben” überrascht und erbost zeigt: “Wer Gülle in Fließgewässer einleitet, nimmt den Tod hunderter Fische billigend in Kauf. Frei nach dem Motto ‘aus den Augen, aus dem Sinn’ werden Gewässer als illegale Deponien missbraucht – mit verheerenden Folgen für die darin lebende Unterwasser-Fauna.”
“Geradezu lächerlich” seien entsprechend die Verwaltungsstrafen, die zwischen 2015 und 2017 für die Einleitung von Gülle in Gewässern ausgestellt wurden, meint Zwerger. 2015 belieft sich die Summe der Sanktionen auf 500, 2016 auf 1.000 Euro. 2017 wurden keine Verwaltungsstrafen verhängt, jedoch eine Strafanzeige gestellt.

 

Rasche Erholung, aber keine Relativierung

Auf die Frage, ob sich die von Verunreinigung durch Gülle betroffenen Wasserläufe und deren Fischbestände wieder erholt haben, schreibt Theiner, dass “grundsätzlich davon auszugehen” sei, “dass die Schädigungen heute nicht mehr nachweisbar sind”. Bei der Einleitung von Jauche/Gülle in ein Fließgewässer handle es sich meist um eine zeitlich begrenzte Verunreinigung. Nachdem die Ursache beseitigt sei, verbessere sich der chemische Zustand des Fließgewässers innerhalb kurzer Zeit. “Dies ist jedoch in keinster Weise eine Schmälerung mit dem durch unsachgemäße Gülleeinbringung einhergehenden Gefährdungspotenzial”, schließt Theiner.

Bei der Bürgerunion sieht man Handlungsbedarf. “Wir fordern alle Landwirte auf, von diesen abstrusen Praktiken abzusehen, den Bauernbund ersuchen wir, seine Mitglieder dahingehend zu sensibilisieren”, schreiben Dietmar Zwerger und Andreas Pöder. Der Landesregierung legen sie nahe, die Strafen bei Einleitung von Gülle in Wasser zu erhöhen.