Kultur | SALTO WEEKEND

In der Speis und im Keller

Die Kunst des Konservierens im Wandel der Zeit steht im Mittelpunkt einer kleinen Sonderschau im Museum für Alltagskultur in Neumarkt. Wohl bekomm's!
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Günther Schlemmer

„Ziel des Konservierens war es, über den Winter zu kommen“, sagt Berta Linter. Sie hat zusammen mit Martha Kob Thurner die Sonderausstellung „In der Speis und im Keller“, die im Rahmen des Kooperationsprojektes Wohl bekomm’s des Südtiroler Museumsverbands noch bis Ende Oktober im Museum für Alltagskultur in Neumarkt zu sehen ist, erarbeitet. Konservierung und neue Technologien setzten sich zuerst in bürgerlichen Haushalten durch. Ihnen und ihren alltäglichen Lebensweisen ist auch die Dauerausstellung im Museum gewidmet. Die Objekte, die im historischen Laubenhaus im Zentrum von Neumarkt wohl keinen geeigneteren Rahmen haben könnten, stammen zum Großteil aus den Jahren zwischen 1850 und 1970. Diese Zeitspanne umfasst auch die aktuelle Sonderausstellung. Nur der Eisschrank, ein Holzschrank, innen mit Zinkblech ausgeschlagen, in den im wahrsten Sinne Eis zur Kühlung von Lebensmittel gegeben wurde, könnte womöglich noch älter sein.

Vorratshaltung und Konservierung von Lebensmitteln haben Menschen im Lauf der Geschichte vor Hunger und Mangelerscheinungen geschützt. „Für das Konservieren, Dörren, Eier einlegen oder Kräuter trocknen eigneten sich die bürgerlichen Hausfrauen viel Wissen an“, so Berta Linter, „Gleichzeitig waren es auch die bürgerlichen Haushalte, die großes Interesse an neuen Technologien und Verfahren hatten. Dieses Spannungsverhältnis aus Vorrat halten und neuer Technologie bildet den Leitfaden der Ausstellung. In drei Räumen zeigen wir die Entwicklungen des Konservierens und Haltbarmachens bis heute. Altes Wissen und Informationen über gerade wieder neu entdeckte Verfahren unterstützen nicht zuletzt auch ein nachhaltiges Wirtschaften in unseren Haushalten. So können saisonale Produkte für den Verzehr das ganze Jahr hindurch konserviert werden.“

 

Zu den ältesten Formen des Haltbarmachens gehört das Dörren, das Luft-Trocknen, das Einsalzen und Räuchern. Damit entzog man den Lebensmitteln Wasser und hielt Bakterien und Schimmelpilze in Schach. Die Bakterien, genauer die Milchsäurebakterien, waren und sind bei Konservierungsverfahren mit Fermentation hingegen unerlässlich. Gibt man geschnittenes Gemüse wie Weißkraut, grüne Bohnen oder gelbe Rüben mit Salz ohne Lufteinschlüsse geschichtet in einen Behälter, beginnt es zu fermentieren. Fermentierte Lebensmittel werden nicht erhitzt und verlieren daher keine Vitamine. Im Gegenteil: Bei der Fermentierung entstehen noch zusätzliche Vitamine. 

 

Eine kleine Revolution in der häuslichen Vorratshaltung war das Einweckverfahren. 1892 wurde die Methode, bei der durch Einkochen und Luftabschluss Lebensmittel ohne Beigabe von Alkohol fast unbegrenzt haltbar gemacht werden, patentiert. Die Speisen werden erhitzt und heiß in Rillengläser abgefüllt. Beim Abkühlen entsteht ein Vakuum und das Glas wird dadurch luftdicht verschlossen. Johann C. Weck erwarb das Patent und wurde mit seinen Rillen-Weckgläsern so berühmt, dass er es 1934 mit dem Wort „Einwecken“ in den Duden schaffte.

Die damals neuen Verfahren wurden in Frauenzeitschriften und in Kochbüchern verbreitet. In der Ausstellung wird ein Sammelband von Beilagen des „Praktischer Ratgeber für Küche und Haus“ von 1990 gezeigt. Ebenso wie das Kochbuch des Meraner Kochs Hans Debeljak aus dem Jahr 1950, der damals noch riet, man solle zur besseren Haltbarkeit Salizyl auf eingekochte Tomatensoße streuen. „Heute weiß man, dass das gesundheitsschädlich ist“, so Berta Linter, „wir wollen nicht nur alte Verfahren wieder bekannt machen, sondern auch Prozeduren kritisch hinterfragen.“
In der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte spielen gerade die alten Verfahren wieder eine wichtige Rolle. „Früher hat man aus minderwertigem Fett noch Seife gekocht, weil sie so teuer war.“

 

Den Bogen von früheren Konservierungspraktiken zum aktuellen Stand der Lebensmittelkonservierung schlagen beim BioHerbstfest am 21. September Schülerinnen und Schüler der Hauswirtschaftsschule Neumarkt: sie stellen am Stand vor dem Museum neueste Konservierungsmethoden vor.