Kultur | Frankfurter Buchmesse 2013

Auf ins Getümmel!

Publikumstage! Heute und morgen gehört die Messe den Lesern, doch man wähnt sich auf dem Karneval in Rio. Einzig, es fehlt der Samba, der den Rhythmus vorgibt. Stattdessen wandeln alle tröge dahin, blicken links und rechts, halten plötzlich, wenden abrupt oder stehen, weil es kein Durchkommen gibt. Hallen werden wegen Überfüllung gesperrt. Ob heute auch, weiß ich nicht, denn über Halle 3.0 bin ich nicht hinaus gekommen.
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In den ersten Tagen ist die Messe grau. Es ist nur Fachpublikum zugelassen und die Buchbranche setzt zunehmend auf Busniess-Look: Krawatten und Prada-Kostüme sind da die einzigen Farbtupfer. Mancher Verleger kleidet sich noch immer gern in Existenzialisten-Schwarz, die Buchhändler erscheinen meist grau, graubraun oder braungrau. Schwer zu sagen, woran das liegt.  Bunt ist was anderes. Doch nun: Hobbits, Mangas und andere Gruselgestalten bevölkern die Messe! Seit die Messeleitung beschlossen hat, verkleidete  Jugendliche gratis einzulassen, ist die Messe noch skurriler geworden. Da trifft man auf Gestalten! Bei manchen enthüllt erst der zweite Blick, dass sie gar nicht verkleidet sind.

Aus diesem Gewimmel treten aber immer wieder interessierte Personen vor, die als Kenner Südtirols, der Geschichte oder der Literatur zu angenehmen Gesprächspartnern am Stand werden. Doch meist ist man Auskunftsbüro in Sachen Südtirol: „Oh wie schön!“, „Wir waren da mal in ... na, wie hieß das nochmal ... ach ja: Algund! Kennen Sie da die Pension Pircher?“, „Ist das Schüttelbrot?“, oder: „Kann man das essen? Das ist ja hart!“. Kulturvermittlung ist auch „hartes Brot“.

Auf dem Streifzug durch die Halle 3.0 zeigt sich die Vielfalt der Bücherwelt: Literatur bei Diogenes und Reclam, Kochbücher bei Gräfe und Unzer, Kinderbücher bei Jungbrunnen, E-Reader bei Sony, Winnetou beim Karl-May-Verlag, Wörterbücher bei Duden und jede Menge Schnickschnack: Der sogenannte Non-Book-Bereich wird immer größer. Vielleicht müssen wir da auch mitmachen. Ideen hätten wir ja: Wie wärs mit von Grödner Schnitzern gefertigte Messner-Büsten als Buchstützen, oder Stoffpuppen von Schlernhexen, oder vielleicht blaue Schürzen mit dem draufgestickten Spruch „Lesn mocht gscheit!“?

Aber genug des Jammerns, auch wenn es zum guten Ton der Branche gehört. Oliver Maria Schmitt charakterisiert die Buchmesse in der FAZ-Messezeitung wie folgt: „unübersichtlich, versoffen und für Außenstehende ein einziges jammerndes Chaos.“ Brasilien soll seiner Meinung nach auch so sein. Einen Caipirinha bitte! Morgen ist wieder Publikumstag.